6000 Mal wendeten sich die Menschen im Kreis Euskirchen 2023 an die Verbraucherzentrale. Das sind 20 Prozent mehr Anfragen als im Vorjahr.
VerbraucherzentraleEnergiekosten bereiten weiterhin vielen im Kreis Euskirchen Probleme
Viel zu tun hatte auch im vergangenen Jahr die Verbraucherzentrale im Kreis Euskirchen. Vor allem persönlich haben sich die Verbraucher an die Beratungsstelle gewandt, die nach der Flut 2023 das erste komplette Jahr in ihren wiederhergestellten Räumen verbracht hat. Um rund 20 Prozent stiegen die Anfragen: von rund 5000 im Jahr 2022 auf knapp 6000 in 2023. Dabei waren deutliche Schwerpunkte zu verzeichnen, wie Monika Schiffer, Leiterin der Euskirchener Beratungsstelle, bei der Übergabe des Jahresberichts 2023 an Landrat Markus Ramers ausführte.
Denn rund zwei Drittel der Anfragen drehten sich um den Energiebereich, der den Menschen im Kreis wie auch 2022 viel Ärger und Sorgen bereitete. „Das ist ein Fass ohne Boden, und es gibt kein Ende“, so Schiffer. Es sei unglaublich, was den Menschen zugemutet werde. Teilweise seien Kündigungen nicht bearbeitet, exorbitante Forderungen gestellt, die Energie-Preisbremse zu niedrig oder gar nicht einberechnet oder horrende Abschläge berechnet worden. „Wir haben alles erlebt, das gibt richtig dicke Akten“, sagte sie. Die Klärung mancher Fälle ziehe sich länger als ein Jahr hin.
Die Masche eines Telefonanbieters ist auch in Euskirchen bekannt
Bei manchen Anbietern gebe es immer die gleichen Probleme. „Da weiß man dann schon: Wenn ich dahin schreibe, da kommt nichts“, führte Schiffer aus. Diese Fälle gebe man an die Schlichtungsstelle im Energiesektor weiter, die einen regelrechten Nachfrageboom erlebe. „Das betrifft so viele Haushalte, und dabei geht es teilweise um Tausende Euro“, erklärte sie. Betroffen seien dabei Menschen aller Bevölkerungs- und Einkommensschichten.
Doch es habe auch andere Fälle gegeben. So habe ein Telefonanbieter viel Ärger verursacht. Der habe Werbebriefe geschrieben, die viele Empfänger aufgrund der Namensähnlichkeit für Schreiben der Telekom gehalten, unterschrieben und zurückgeschickt haben. Doch damit sei ein Anbieterwechsel in Gang gekommen. Als dann die Telekom nach dem Grund für die Kündigung gefragt habe, haben viele versucht, den Vorgang rückgängig zu machen.
Doch das habe Schadenersatzforderungen von 400 Euro zur Folge gehabt und viel Arbeit für die Verbraucherzentrale bedeutet. „Die Firma ist immer noch aktiv und versendet immer wieder solche Werbebriefe“, erläuterte Schiffer.
Verbraucherschützer helfen auch bei Problemen mit Banken und Fitnessstudios
Auch haben laut Schiffer Fitnessstudios den Menschen Ärger verursacht. In einem Fall habe ein Anbieter bei Schließung seines Studios seinen kompletten Kundenstamm ohne Nachfrage an ein anderes Studio gegeben, so dass die Kunden auf einmal Zahlungsaufforderungen von einem fremden Fitnessstudio erhielten.
Eine große Bank habe durch EDV-Probleme und die falsche Behandlung von Pfändungsschutzkonten Probleme verursacht und Menschen teils in Existenznot gebracht, da diese nicht mehr an ihr Geld kamen. Dabei sei die zuständige Stelle oft nicht erreichbar gewesen.
Verbraucherschützerin ist für die Bürger gerne nervig
Im Durchschnitt erreichen rund 30 Anfragen pro Tag die Beratungsstelle in Euskirchen. Zwei Berater und eine halbe Bürokraft, zudem Honorarberater in Sachen Energieberatung und Geldanlage sowie ein Jurist vom Mieterverein erledigen die Arbeit. Für Schiffer ist es eine Herzenssache.
„Ich freue mich, wenn ich ein untergeschobenes Abo wegkriege“, sagt sie. Den Druck, der von den Anbietern ausgeübt werde, hielten die Menschen nicht aus. Viele hätten nicht gelernt, solche Dinge zu bearbeiten. „Ich freue ich, wenn ich etwas für Menschen erreiche“, ergänzte sie. Dafür gehe sie den Firmen auch gerne auf die Nerven. „Das ist eine Kernkompetenz von mir“, sagt sie lächelnd.
Um die Arbeit der Verbraucherzentrale zu sichern, hat der Ausschuss für Soziales des Kreises am 4. Juni dafür plädiert, mit dem Land für die nächsten fünf Jahre die Kosten für die Euskirchener Beratungsstelle zu tragen, so Ramers: „Das gibt Planungssicherheit, denn die Beratungsstelle macht eine wichtige Arbeit.“ Das sehen offenbar auch die Mitglieder des Kreistags so: Zur Vorlage der Kreisverwaltung habe es keine Nachfragen gegeben.
Die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale ist an der Wilhelmstraße 37 in Euskirchen und erreichbar unter Tel. 02251/75064501. Die Öffnungszeiten sind montags, dienstags, donnerstags und freitags von 9 bis 13 Uhr, dienstags und freitags zudem von 14 bis 18 Uhr, mittwochs ist geschlossen. Es entstehen Kosten für eine Rechtsberatung in Höhe von 20 Euro, eine Rechtsvertretung wird mit 50 Euro berechnet. Bei finanziellen Schwierigkeiten ist die Beratung kostenlos.
Wie wichtig die Dokumentation ist
„Digitalisierung ist gut, aber schwierig“, sagt Monika Schiffer. Denn für die Beratungen ist die Verbraucherzentrale darauf angewiesen, dass die Sachverhalte gut dokumentiert sind. Früher sei es üblich gewesen, dass alles über die Post abgewickelt worden sei. Doch mittlerweile verschwendeten die Menschen zuweilen kaum noch einen Gedanken daran, alles zu archivieren, weil die Unterlagen elektronisch versandt werden und/oder sich auf diversen Portalen der Anbieter befinden. „Dort sind sie aber teilweise schwer zu finden“, so Schiffer.
Die Ratsuchenden werden von der Verbraucherzentrale dann aufgefordert, zu suchen – in den E-Mails oder auch in den SMS. Wenn aber kein richtiger Vertrag oder sogar keine Rechnung vorliege, werde es schwierig. Denn die Vertragsinhalte seien online oft nur schwer erkennbar. „Manchmal weiß man auch gar nicht, wer der Vertragspartner ist“, sagt Schiffer.
Also rät die Verbraucherzentrale dringend, die Unterlagen auf dem eigenen Rechner zu speichern, um im Zweifel auch darauf Zugriff zu haben, wenn das Kundenportal nicht erreichbar sei. „Die Menschen verlassen sich mittlerweile auf die Kundenportale, doch hier verschwinden bisweilen auch die Dokumente“, berichtet Schiffer aus ihren Beratungen.