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Streetworker verstärkt unterwegsDie Kälte setzt den Obdachlosen in Euskirchen extrem zu

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt die Schlafstelle eines Wohnungslosen in Euskirchen. In dem Iglou liegen mehrere Decken.

Die Minusgrade setzen den Obdachlosen in Euskirchen besonders zu. Die Caritas bietet in der Notschlafstelle Schutz an. Wer dennoch draußen schlafen möchte, hat die Möglichkeit, ein „Iglou“ zu bekommen.

Die Kälte der vergangenen Tage bereitet der Caritas in Euskirchen große Sorgen. Der Grund: Nicht jeder Wohnungslose nutzt die Notschlafstelle.

In den vergangenen Tagen herrschte der Winter mit eisigem Regiment im Kreis Euskirchen. Sistig war mit minus 18 Grad Celsius am Dienstag der kälteste Ort in ganz Nordrhein-Westfalen. Und während die meisten bei solchen Temperaturen die Heizung aufdrehen, den Wollpullover hervorholen und das Haus seltener verlassen, geht es für andere ums nackte Überleben. Für Menschen ohne Heizung und Dach über dem Kopf.

„Es gibt zwei, drei Menschen, um die wir uns gerade ernsthaft Sorgen machen“, sagt Maria Surges-Brilon, Vorsitzende der Caritas in Euskirchen: „Obwohl wir sie immer wieder ansprechen und ihnen einen Platz in der Notschlafstelle anbieten, ziehen sie es vor, draußen zu schlafen. Das ist bei den Temperaturen natürlich lebensgefährlich.“

Euskirchen: Streetworker sind mit warmen Getränken unterwegs

Die Streetworker der Caritas kennen die Plätze, an denen die Obdachlosen-Szene auch bei Minustemperaturen zusammenkommt. Und sie kennen auch die Orte, an denen die Nacht verbracht wird. „Wir sind aktuell natürlich verstärkt unterwegs und haben immer warme Getränke dabei“, sagt Surges-Brilon.

Vor Ort werde das Angebot angenommen, der Weg in die Tagesstätte werde aber häufig gemieden – aus den unterschiedlichsten Gründen. Und wenn schon der leckerste Tee und die wärmsten Worte ein gewisses Klientel nicht überzeugen kann, sich tagsüber aufzuwärmen, dann erst recht nicht, in der Notschlafstelle die Nacht zu verbringen. Dabei sei dort gerade durchaus Platz. Von den zwölf Betten sind laut der Caritas-Chefin aktuell vier bis fünf belegt.

Euskirchen: Notschlafstelle der Caritas hat Plätze frei

Anfang Dezember, als der Winter das erste Mal Einzug im Kreis Euskirchen hielt, sei das ganz anders gewesen. „Da sind wir förmlich überrannt worden und mussten noch Matratzen auslegen, weil die Betten alle voll waren“, so Surges-Brilon. Mit Blick auf einen möglichen harten Winter habe man Anfang Dezember eine Telefonkette ausgelöst.

„Wir haben alle Kontakte genutzt, um Wohnraum und Schlafmöglichkeiten zu finden. Dabei hat die Stadt uns unheimlich geholfen“, berichtet die Caritas-Chefin. Die Mühen haben sich ihr zufolge gelohnt: Viele Klienten seien anderweitig untergekommen oder hätten beispielsweise eine Entgiftung begonnen.

Wir haben in Hochleistungsschlafsäcke investiert, mit denen man theoretisch auch auf dem Boden schlafen kann. Im Moment verteilen wir alles, was wir haben, damit nichts passiert.
Maria Surges-Brilon, Vorsitzende der Caritas in Euskirchen

Während die Notschlafstelle aktuell nicht allzu stark frequentiert ist, sieht das bei der Tagesstätte an der Kommerner Straße schon anders aus. Die werde, so Surges-Brilon, bereits seit Anfang Dezember stark angesteuert. Erst wegen der kühlen Temperaturen, dann wegen des Dauerregens.

Der viele Regen im vergangenen Monat habe auch den Bedarf an Schlafsäcken gesteigert. „Wir haben in Hochleistungsschlafsäcke investiert, mit denen man theoretisch auch auf dem Boden schlafen kann. Im Moment verteilen wir alles, was wir haben, damit nichts passiert“, so Surges-Brilon.

„Iglous“ schützen auch vor Wind, Regen und Schnee

Neben Schlafsäcken gibt die Caritas in Euskirchen auch „Iglous“ aus. Entwickelt wurde der tunnelartige Unterschlupf aus Polyethylen-Schaumstoff von dem französischen Designer Geoffroy de Reynal. Etwa 30 „Iglous“ hat die Caritas mithilfe der Stadt Euskirchen vor etwa drei Jahren angeschafft, die seitdem bei kühleren Temperaturen immer wieder zum Einsatz kommen.

Die von den Benutzern ausgestrahlte Wärme wird laut Surges-Brilon in der Dämmung gespeichert, sodass in der Mini-Behausung die Temperatur immer 15 bis 18 Grad über der Außentemperatur liegt.

Außerdem schützt die stabile Hülle des „Iglous“ auch vor Wind, Regen und Schnee. An die Sicherheit innerhalb des „Iglous“ wurde ebenfalls gedacht: Um Brände durch Zigaretten zu vermeiden, wurde der Schaumstoff mit Aluminium beschichtet. „Aber der Dauerregen hat auch bei den ,Iglous' seine Spuren hinterlassen“, so Surges-Brilon, die einen dringenden Appell an die Bevölkerung hat: „Wenn man einen Wohnungslosen irgendwo liegen sieht, soll dieser bitte angesprochen werden. Oder man wählt die 112. Besser einmal zu viel als zu wenig.“


Gut erhaltene Wintersachen und Kinderwagen gesucht

Die eisigen Temperaturen machen sich auch im Schleidener Kleiderladen bemerkbar. Vor Weihnachten sei der Ständer mit den Winterjacken prall gefüllt gewesen. Nun sei er gut geleert, berichtet Marlies Wingartz, die hier ehrenamtlich arbeitet. Gerade wühlt sich eine Kundin durch die Strickmützen-Auslage.

Grundsätzlich seien sie hier gut bestückt, aber gut erhaltene, saisonale Sachen seien immer willkommen, so Wingartz weiter. Schließlich ist erst Mitte Januar, da kann es durchaus noch einmal kalt werden. „Wenn jetzt noch einmal ein Schwung käme, wäre das gut.“ Allerdings muss die gespendete Kleidung wirklich sauber und einwandfrei sein. Niemand kaufe ein T-Shirt mit kleinen Löchern oder einen Pullover mit extrem viel Waschpilling (Faserknötchen). Auch nicht im Kleiderladen. Nicht nur Bedürftige dürfen hier einkaufen.

Das Bild zeigt die Mitarbeiterinnen des Kleiderladens Astrid Franzen (v.l.), Marlies Wingartz und Margret Arbach.

Freuen sich über Winterkleidung: Das Team vom Kleiderladen in Schleiden.

Jeder und jede sei willkommen. Das sei eine gute Möglichkeit, den eigenen Kleiderschrank nachhaltiger zu gestalten, so Wingartz. Sorge, dass man Menschen etwas wegnehme, die es dringender benötigten, brauche man nicht haben. „Es ist ja genug da.“

Ganz im Gegenteil: Wingartz und ihre Kolleginnen würden sich über mehr Kundschaft freuen. Und auch über mehr Unterstützung. Der Laden wird komplett ehrenamtlich geführt. Und man suche immer neue Menschen, die sich engagieren möchten. Aktuell hat der Laden von Montag bis Donnerstag jeweils von neun bis zwölf Uhr geöffnet sowie dienstags bis donnerstags von 14.30 bis 17.30 Uhr. Eine Öffnungszeit am Freitag ist nach Angaben von Wingartz in Planung.

Wegen der kalten Jahreszeit hatte der Kreisverband des DRK zu Spenden von Winterkleidung für Geflüchtete aufgerufen. Inzwischen sei aber schon reichlich abgegeben worden, berichtet Geschäftsführer Rolf Klöcker auf Nachfrage. Das müsse nun erst einmal alles sortiert werden. Gesucht werden laut Klöcker aber noch Kinderwagen.