Im Kreishaus in Euskirchen drehte sich bei einer Jobbörse alles um Weiterbildung und Umschulung. Vor allem am Stand für Lokführer war viel los.
JobmesseKünstliche Intelligenz unterstützt auch im Kreis Euskirchen die Bewerbung

Mit einem Schweißsimulator machte das BZE im Kreishaus in Euskirchen Werbung für die Umschulung zum Schweißer.
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„Wer will mich denn überhaupt noch haben?“ Eine Frage, die Sandra Schmitz, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit Brühl, immer wieder hört. Ihre Antwort in den allermeisten Fällen: viele. „Wer arbeiten möchte, den bekommen wir auch unter“, sagt Schmitz am Rande der Weiterbildungsmesse im Euskirchener Kreishaus.
Fachkräftesicherung sei in aller Munde – der Arbeitsmarkt befinde sich in stetigem Wandel, in Transformation. Hinzu kommen Schmitz zufolge andere Herausforderungen der heutigen Zeit: Digitalisierung und Automatisierung, Klimawandel, Globalisierung, demografische Entwicklung und gesellschaftliche Wertewandel stellen nicht wenige Beschäftigte und Arbeitsuchende vor neue Herausforderungen.
Am BZE in Euenheim lassen sich vor allem Männer umschulen
Eine Möglichkeit, wieder in die Arbeitswelt einzutauchen, bieten Umschulungen oder Weiterbildungen. Beim Berufsbildungszentrum Euskirchen-Euenheim (BZE) hat man sich unter anderem auf Umschulungen spezialisiert. Das Portfolio wird stetig erweitert. Am 1. Juli startet die Umschulung zum Tischler, am 1. Oktober die Umschulung zum Kraftfahrzeugmechatroniker.
Nach Angaben von Sandra Lutz ist vor allem eine Sache auffällig: Am BZE lassen sich vor allem Männer umschulen. In den etwa zwölf Jahren, in denen sie beim BZE beschäftigt sei, seien es vielleicht sechs Frauen insgesamt gewesen – über alle Bereiche hinweg.

Bock auf Lok: Marita Schmacks von der SBH berichtet Interessenten von der Möglichkeit, sich zum Lokführer weiterbilden zu lassen.
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Im Kreishaus in Euskirchen fand die Weiterbildungsbörse der Agentur für Arbeit und des Jobcenters statt. Unter anderem ging es um Bewerbungen und um Künstliche Intelligenz.
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Während die Berufe am BZE offenbar nicht bei Frauen punkten, kann das Berufsbildungszentrum mit einer anderen Quote punkten. „96 Prozent aller Umschulungen bekommen wir in den Job vermittelt“, sagt Marcel Kitz vom BZE. Im vergangenen Jahr habe man zwölf Interessierte zu Schweißern umgeschult. Alle seien in einem Betrieb untergekommen.
Apropos Schweißen: Das BZE hatte zur Messe in die Kreisverwaltung einen Schweißsimulator mitgebracht. Funken sprühen im BZE oft nur noch virtuell. Was wie eine echte Schweißmaske aussieht, ist in Wirklichkeit eine Virtual-Reality-Brille. So lässt sich auf moderne Art die Theorie des Berufs mit der Praxis verbinden, wie an der Spielekonsole kann man in eine besondere virtuelle Welt eintauchen. „Das Gerät ist viel genauer als ein echtes Schweißgerät. Wer in der virtuellen Welt schweißen kann, der kann es auch im Beruf“, so Kitz. Zudem seien das Verletzungsrisiko geringer und der Materialverbrauch minimiert.
Bock auf Lok – Ehemaliger Traumberuf ist längst keiner mehr
Ohne Schweißsimulator sprühten einen Stand weiter ebenfalls virtuell die Funken. Zumindest dann, wenn Marita Schmacks von der Stiftung Bildung und Handwerk (SBH) erzählte. Die SBH hat sich auf Weiterbildungen zum Lokführer spezialisiert – mit dem Vollgasspruch: Bock auf Lok. „Jeder ist willkommen. Lokführer werden händeringend gesucht. Es ist nach wie vor ein Traumberuf, aber es gibt kaum noch Interessenten“, so Schmacks.
Man müsse 21 Jahre alt sein und einen Hauptschulabschluss haben, berichtet Schmacks den Interessierten am Stand der SBH. Nach acht Monaten in der Theorie gehe es in den Praxisbereich. Da könne man sich dann zwischen Personen- und Güterverkehr entscheiden. „Wir arbeiten mit 40 Eisenbahnverkehrsunternehmen zusammen. Der Bedarf ist einfach riesig“, so Schmacks. Auffällig auch in diesem Arbeitsbereich: der Lokführer ist eine Männerdomäne. Das dürfe sich aber gerne ändern, sagt die Expertin, die mit der Messe im Kreishaus zufrieden ist. Ihr seien vier wirklich Interessierte lieber als 16 Menschen, die nur dabei seien, weil sie es müssten.
Das ist auch eine Chance, sich zu integrieren und die Sprache zu lernen.
Nataschia Kovalenko interessiert sich für einen Beruf in der Pflege. Im Kreishaus sind die Möglichkeiten, einen Fuß in die Tür einer Pflegeeinrichtung zu bekommen, recht gut. Allein drei Unternehmen haben im Foyer ihre Stände aufgebaut. Damit die Ukrainerin mit den Menschen hinter den Unternehmen ins Gespräch kommt, hat sie ständig ein Smartphone in der Hand. Das aber nicht aus Unhöflichkeit, sondern damit sie die Übersetzungshilfe nutzen kann.
Sie wolle sich einbringen und arbeiten. „Das ist auch eine Chance, sich zu integrieren und die Sprache zu lernen“, sagt sie. Aus dem Kreishaus nimmt sie vor allem Flyer und Informationsmaterial mit. Und sie gehe mit einem guten Gefühl nach Hause, berichtet sie.
Bewerbung – Diese Tipps gibt die Agentur für Arbeit
- Bewerbungsfotos: dürfen von Arbeitgebern nicht mehr verlangt werden, sind aber üblich. Tipp von der Agentur für Arbeit: keine Passfotos, keine Selfies, sondern professionelle Bewerbungsfotos, auf den man auch lächeln darf.
- Lebenslauf: Aktuelles gehört nach oben in der Auflistung. Ein Arbeitgeber interessiere sich nicht für die besuchte Grundschule, sondern für den aktuellsten Abschnitt im Leben, so die Agentur für Arbeit.
- Online-Bewerbung: Auf Schlüsselwörter achten und jedes Feld ausfüllen. Der Grund: Online-Bewerbungen werden oft von einem automatischen Programm ausgelesen. Sollten Felder frei bleiben, kommt man laut Arbeitsagentur nicht in die nächste Runde.
- Anschreiben in der E-Mail: sollte maximal sieben Zeilen lang sein. Tipp von der Agentur für Arbeit: Anschreiben, Lebenslauf und Zeugnis gehören in den Anhang - am besten zusammengefügt in ein PDF-Dokument. Nur das letzte Zeugnis anfügen, den Rest nachreichen.
- Vitamin B: Kontakte zu nutzen sei völlig legitim, heißt von der Agentur für Arbeit. Arbeitnehmer suchen nach Angaben der Experten oft erst, wenn eine Stelle ausgeschrieben ist. Für Arbeitgeber sei die Ausschreibung aber oft der letzte Schritt – wenn sich intern die Stelle nicht besetzen lasse oder ein Headhunter nicht erfolgreich war. Entsprechend könne es ratsam sein, Kontakte zu nutzen und sich initiativ zu bewerben.
- Künstliche Intelligenz: Ein Anschreiben mithilfe von Künstlicher Intelligenz erstellen lassen? Das geht problemlos. „Und kann helfen, die eine oder andere Formulierung zu schnell zu finden, statt stundenlang darüber zu brüten“, sagt Daniela Marks von der Agentur für Arbeit Brühl. Wichtig sei, darauf zu achten, dass man Schlüsselwörter verwende, die in der Stellenanzeige ebenfalls auftauchen. Tipp der Agentur für Arbeit: Text mit persönlichen Merkmalen ergänzen und durchlesen. „Wenn der Arbeitgeber auf das Anschreiben Bezug nimmt und man nicht weiß, was der Computer geschrieben hat, kann das peinlich sein“, so Marks.
Wer wird Mamas Chef? Job-Speed-Dating mit Kind
Am Donnerstag, 15. Mai, findet im Hugodrom in der Zikkurat in Firmenich die nächste Runde im Job-Speed-Dating mit Kind statt. Es ist ein Recruiting-Event für Wiedereinsteigende und familienfreundliche Unternehmen. Los geht „Wer wird Mamas Chef?“ um 9 Uhr. Das Ende ist für 12 Uhr anvisiert.