Der Anbau ans Kreishaus in Euskirchen sollte schon vor zwei Jahren fertig sein. Im Sommer 2024 ist nun der Start des Umzugs geplant.
Weitere VerzögerungDer Euskirchener Kreishausanbau ist (noch) nicht die Kölner Oper
Der Kreishausanbau ist nicht die Kölner Oper. Da sind alle Beteiligten der Verwaltung einer Meinung. Weder sind die Kosten explodiert noch verzögert sich die Fertigstellung um mehr als zwölf Jahre. Aber auch das Projekt am Jülicher Ring in Euskirchen wird deutlich später fertig als geplant. Ursprünglich sollte der Anbau Ende 2021 übergeben werden. Dann wurde der Herbst 2022 anvisiert. Doch auch dieser Termin war nicht zu halten.
Jetzt ist endgültig Licht am Ende des Tunnels zu sehen – das wird bei einer Baustellenführung deutlich. „Es ist geplant, dass im Mai die Räumlichkeiten ans Jobcenter übergeben werden“, sagt der Projektleiter des Kreises, Carsten Opitz. Unmittelbar danach sollen die Büros für die Bereiche der Kreisverwaltung fertiggestellt werden. „Wenn alles so funktioniert, wie nun geplant, sind wir im Sommer 2024 umgezogen“, ergänzt Achim Blindert, Allgemeiner Vertreter des Landrats.
Kreishausanbau: Wie teuer er wirklich wird, steht noch nicht fest
Nach Jobcenter und Einzug der Kreisverwaltungsmitarbeiter soll das dritte Obergeschoss, der Bereich, in den die Leitstelle einziehen wird, abschließend ausgebaut werden. Alles in allem soll der Kreishausanbau im Herbst 2024 komplett fertig sein. Ob das Projekt im Kostenrahmen bleibt oder teurer wird, ist offen. „Das können wir erst sagen, wenn alle Rechnungen geschrieben und abgerechnet sind“, sagt Blindert: „Wir wissen noch nicht, welche Nachträge kommen werden. Die werden wir prüfen.“
Bereits im vergangenen Jahr hatte der Kreistag Mehrausgaben in Höhe von 2,5 Millionen Euro bewilligt. Die Gesamtkosten für den Anbau steigen somit von bisher knapp 39,8 auf bis zu 42,3 Millionen Euro – mindestens.
Baustoffmangel, Lieferschwierigkeiten und Krankheitsausfälle haben an der Baustelle immer wieder für Verzögerungen gesorgt. Die Baustelle habe zu keinem Zeitpunkt vollständig geruht. Jedoch sei sie viele Wochen absolut unterbesetzt gewesen. „Um ein Beispiel zu nennen: Zeitweise waren bestimmte Gewerke nur mit zwei bis vier Personen besetzt, obwohl es 15 hätten sein müssen“, erklärt Sven Gnädig, Pressesprecher des Kreises.
Dadurch habe ein Rädchen nicht mehr ins nächste gegriffen. „Jetzt haben wir aber alle Gewerke an Bord“, berichtet Opitz. Und jetzt sei alles im Fluss – obwohl auch am Tag der Baustellenführung im Bereich der Leitstelle nicht gearbeitet wird, weil das zuständige Unternehmen wegen einiger Krankheitsfälle nicht arbeiten kann.
„Die Qualität aller Arbeiten ist sehr gut. Da haben wir überhaupt nichts zu bemängeln“, sagt Opitz. Gearbeitet werde im Anbau von oben nach unten – mit Ausnahme des dritten Obergeschosses. Dort entsteht die Leitstelle. Und die kommt aufgrund der besonderen technischen Anforderungen zum Schluss dran. Derzeit wird aber auch dort natürlich gearbeitet.
Bis März wolle man fertig sein, um dann die Technik einziehen zu lassen. Auch im künftigen Eingangsbereich des Jobcenters sieht es noch sehr nach Baustelle aus. Während die Büros gefühlt nur noch eingerichtet werden müssen, fehlt es hinter der provisorischen Eingangstür noch an Vielem: Kundenempfang, Glastrennwände, Abhangdecke und Türen.
Euskirchen: Die neue Leitstelle kommt ganz zum Schluss
Dass dort in fünf Monaten die Kunden des Jobcenters in Empfang genommen werden – dazu benötigt man noch einiges Vorstellungsvermögen. „Die Flurbereiche mit dem Teppich kommen ganz zum Schluss“, erklärt Projektleiter Opitz. Ein Drittel des Neubaus übernimmt das Jobcenter.
Während im Bereich des Jobcenters praktisch für jeden Mitarbeiter ein Büroplatz vorhanden ist, setzt man bei der Kreisverwaltung verstärkt auf Desk Sharing, also keine festen Arbeitsplätze, mit der Option auf Homeoffice.
Dass der Anbau deshalb zu groß konzipiert ist, davon sei nicht auszugehen, so Blindert. „Aktuell sind schon alle sehr zusammengerückt. Es gibt viele Büros, in denen drei Mitarbeiter sitzen, die eigentlich nur für zwei konzipiert sind. Zudem sind beispielsweise die Wirtschaftsförderung und ein Bereich des Gesundheitsamts an externen Standorten. Also zu groß ist das nicht“, erklärt der Allgemeine Vertreter.
Die Wirtschaftsförderung wird einen Gebäudebereich des Anbaus beziehen, in einem anderen wird das Gesundheitsamt künftig die Schuleingangsuntersuchungen durchführen. Die Mittelzone, der Bereich zwischen den Büros auf den jeweiligen Seiten, kann sowohl als Teeküche als auch als Sozialraum genutzt werden, aber auch als kleiner Besprechungsraum.
Kreishaus-Anbau: Die Wärme kommt künftig aus dem Boden
Mit Wärme versorgt wird das Gebäude vor allem über eine Geothermie-Wärmepumpe. 30 jeweils 100 Meter tiefe Bohrungen sind dazu durchgeführt worden. Geheizt wird über die Decken des Anbaus. Im Fachterminus nennt man das laut Opitz Betonkerntemperierung. Mittels dieser lassen sich übrigens im Sommer die Büros auch im geringen Maße kühlen.
In der Spitzenlast könne das Gebäude zudem mithilfe einer Gasheizung mit Wärme versorgt werden. Zudem sind überall LED-Leuchten verbaut worden. Diese sind sowohl präsenz- als auch tageslichtgesteuert.
Wer auf der dritten Etage von den Büros und Besprechungsräumen des Fachbereichs Gefahrenabwehr in Richtung Leitstelle geht, stellt fest, dass er plötzlich eine Steigung zu bewältigen hat. „Das hängt mit dem besonderen Lüftungskonzept in diesem Bereich zusammen. Dort ist die Lüftung im Boden integriert“, erklärt Opitz: „So werden Zugerscheinungen für die Disponenten vermieden.“ Um die Rohre und Leitungen in den Boden zu bekommen, ist dieser Bereich um 75 Zentimeter aufgeständert worden.
Die Mitarbeiter der Leitstelle werden auch einen eigenen Bereich auf dem neu errichteten Parkplatz erhalten – inklusive Stellflächen für Einsatzfahrzeuge. Für den Parkplatz, aber auch für die bereits aktuell genutzten Stellplätze, könnte es eine Neuerung geben. Laut Teamleiter Christian Schmitz wird an einem Parkraumbewirtschaftungskonzept gearbeitet.
„Wir stellen fest, dass hier viele ihr Auto abstellen, die das eigentlich nicht sollen“, erklärt Blindert. Um künftig in den Anbau zu kommen – wenn man nicht zum Jobcenter möchte – muss man den Haupteingang oder den Eingang im Trakt C nehmen. Der Eingang am Neubau ist dem Jobcenter vorbehalten.
Die neue Rettungsleitstelle kommt zum Schluss
Die Aussparung für die großen Bildschirme an einer Wand in der neuen Rettungsleitstelle ist gut zu erkennen. Die eigentlichen Displays sind aber noch nicht geliefert – schließlich gibt es im dritten Stock des Kreishausanbaus noch genügend andere Dinge zu tun. Bis zum kommenden Herbst soll die Leitstelle umgezogen sein.
Beauftragt mit der Fertigstellung ist laut Kreis ein Generalunternehmer. Die Zahl der Leitstellenplätze, an denen die Disponenten die Notrufe über die 112 entgegennehmen, um dann die Einsatzkräfte zu alarmieren und zu unterstützen, wird mit zehn im Vergleich zur jetzigen Leitstelle verdoppelt.
Diese Arbeitsplätze werden so angeordnet, dass alle den noch nicht vorhandenen Bildschirm im Blick haben. Zudem können sechs weitere Plätze aktiviert werden. Drei davon stehen den Rettungsleitstellen in Düren und Heinsberg für den Fall zur Verfügung, dass es dort Probleme gibt. Diese beiden Leitstellen halten ihrerseits Kapazitäten für den Kreis Euskirchen für den Fall bereit, dass die Euskirchener Leitstelle trotz aller Vorbeugung ausfiele.
Gleich neben der Leitstelle gibt es einen Bereich mit Sozialräumen. Die Leitstellenmannschaft wird künftig im 24-Stunden-Schichtbetrieb Dienst tun. Dazu wird das Team um zwölf Stellen aufgestockt. Etwas entfernt und räumlich getrennt von der neuen Leitstelle, wird Platz für den Krisenstab geschaffen. Dort können sich bis zu 65 Menschen aufhalten. Den Rest der Etage belegen die Mitarbeiterbüros der Abteilung 38 (Gefahrenabwehr). (tom)