Nach den Demonstrationen für Demokratie und Freiheit gab es heftige, teils persönliche Kritik im Internet.
Nach Anfeindungen im NetzEuskirchens Landrat Markus Ramers nimmt Demonstranten in Schutz

„Wut auf die Täter der Anschläge“: Landrat Markus Ramers als Redner bei der Demonstration in Euskirchen.
Copyright: Christoph Heup
Dass ein Landrat kritisiert wird, gehört zur Jobbeschreibung. Dass diese Kritik im Netz zuweilen jenseits des Anstands geäußert wird oder gar schlicht die Unwahrheit beinhaltet, auch. Würde Landrat Markus Ramers immer darauf reagieren, könnte er seiner eigentlichen Arbeit nur noch eingeschränkt nachgehen. Doch mehrere Kommentare vom Wochenende veranlassten ihn zu einen außergewöhnlichen Schritt. Er antwortete per Video in den Sozialen Medien.
„Kritik und Gegenwind“, so Ramers, gehörten nun mal zu seinem Job. Doch er sei „tief erschüttert“ über einen Teil der Äußerungen in den Sozialen Netzwerken zu den Demos für Demokratie und Freiheit am Wochenende in Euskirchen und Blankenheim, erklärt Ramers. Neben vielen positiven Reaktionen wurde unter anderem behauptet, dass die Demo-Teilnehmer die Opfer der Anschläge, die in den vergangenen Monaten in Deutschland verübt wurden, verhöhnten.
Anschläge wurden bei Demos in Euskirchen und Blankenheim deutlich verurteilt
Und das gehe zu weit. Ramers: „Ich kann nicht akzeptieren, dass die Teilnehmenden an einer Demonstration für Demokratie in ein falsches Licht gerückt werden. Ich bin sicher, dass alle entsetzt über den Anschlag von München sind und mit den Opfern fühlen beziehungsweise um sie trauern.“
Auch Ramers persönlich wird angegriffen. Dabei hatten er und die anderen Redner in Euskirchen vor etwa 550 Demonstranten ausdrücklich die Anschläge in Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und München verurteilt. Dass den Teilnehmern nun vorgeworfen werde, sie verhöhnten die Opfer, „macht mich wirklich sprachlos“, erklärte Ramers. Dieser Vorwurf sei abstrus.
„Warum“, so fragt Ramers, „sollen Menschen, die für Freiheit und Demokratie auf die Straße gehen, nicht genau so viel Anteilnahme zeigen gegenüber den Opfern von islamistischer Gewalt wie andere das tun? Das ist völliger Unsinn und für meine Begriffe konstruiert.“
Landrat versteht Sorgen und Ängste und teilt die Wut auf die Täter
Bereits in seiner Rede am Samstag in Euskirchen hatte Ramers auf die Stellungnahmen der Familien der Opfer in München hingewiesen. „Sie wünschen sich eben nicht, dass diese schlimme Taten instrumentalisiert werden für politische Stimmungsmache, für Hetze.“ Die Opfer hätten zum Teil selbst eine Migrationsgeschichte. Ramers erinnerte daran, dass der zweijährige Junge, der in Aschaffenburg ermordet wurde, aus Marokko kam.
Leider läuft die Debatte nur noch konfrontativ, oftmals aggressiv.
„Die Opfer aus München haben algerische Wurzeln“, so der Landrat weiter: „Wie bitter ist es, dass plötzlich selbst die Angehörigen vielleicht selbst schief angeguckt werden, wenn sie im Bus sitzen, weil wir eine solche Stimmung im Land entfachen.“ Das alles ergebe keinen Sinn, so Ramers: „Wir sollten Menschen niemals unter einen Generalverdacht stellen oder sie für Dinge verantwortlich machen, für die sie nichts können.“
Er verstehe die Sorgen und Ängste, erklärte Ramers: „Ich teile auch die Wut auf die Täter. Ich bin wie viele dafür, dass es auch ganz klare Konsequenzen gibt.“ Er setze sich seit Jahren für einen starken Rechtsstaat ein und fordere ständig, dass die Polizei umfangreiche Kompetenzen erhalte. „Meine Erwartungshaltung in den aktuellen Sicherheits- und Integrationsfragen ist es, dass sich alle demokratischen Parteien zusammenraufen und gemeinsam Lösungen entwickeln, anstatt mit Fingern aufeinander zu zeigen.“
Die Trauer um die Opfer schließe nicht aus, die Werte des Grundgesetzes zu verteidigen und das Miteinander in den Vordergrund zu stellen. „Leider läuft die Debatte nur noch konfrontativ, oftmals aggressiv“, erklärte der Landrat. Manche Kommentare in den Sozialen Netzwerken beförderten die zunehmende Spaltung – das tue der Gesellschaft nicht gut.
Die Demokratie müsse an vielen Fronten verteidigt werden. Ramers sprach in diesem Zusammenhang „ausländische Tech-Milliardäre, die über ihren Zugriff auf den Algorithmus Meinungsmache betreiben und in vielen Ländern unterwegs sind“, Desinformationskampagnen, Hass und Hetze, politische Gewalt und islamistische Terroranschläge auch in unserem Land“ an. Das alles erfordere ein klares Zeichen für demokratische Werte. Und genau das hätten die Menschen in Euskirchen und Blankenheim gegeben.