In der Alten Tuchfabrik fand der „Frauen-Business-Tag“statt, der seinen Fokus auf Chefinnen und weibliche Personalverantwortliche richtet.
Frauen-Business-TagNur jede dritte Führungskraft im Kreis Euskirchen ist eine Frau
Martina Di Lorenzo ist Unternehmerin. Vom Frauen-Business-Tag in der Alten Tuchfabrik erwartet sie sich zweierlei: Zum einen möchte sie endlich auch in ihrer Heimatstadt netzwerken, zum anderen möchte sie lernen, selbstbewusster aufzutreten. Und zwar mindestens so selbstbewusst wie die Männer, mit denen sie jeden Tag arbeitet – deren Vorgesetzte sie sogar ist.
In der Arbeitswelt sei die Gleichstellung von Mann und Frau noch lange nicht erreicht, erklärt Astrid Günther, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Euskirchen. Würde sich alles so weiterentwickeln wie bisher, dauere es in Deutschland noch 132 Jahre, bis eine Parität erreicht sei. „Die Gleichstellung ist kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf“, sagt Günther.
Anteil von Frauen in Führungspositionen ist abhängig von Unternehmensgröße
Dass sich bei gleicher oder sogar besserer Qualifikation immer noch deutlich weniger Frauen in Führungspositionen befinden und dass der Anteil der Frauen in Führungspositionen immer noch abhängig ist von der Größe des Unternehmens, weiß auch Euskirchens Landrat Markus Ramers: Nur ein Drittel aller Führungspositionen sei auch im Kreis Euskirchen weiblich besetzt. „Wir haben Nachholbedarf“, sagt der einzige Mann im Raum bei der Veranstaltungseröffnung.
Birgitt van Megeren ist die Leiterin des Kompetenzzentrums Frau und Beruf in der Region Aachen. „Mit diesem Event möchten wir einen Blick auf die weiblichen Karrieren werfen“, sagt sie. Regelmäßig veranstalte das Kompetenzzentrum Netzwerkevents für weibliche Personalverantwortliche, Geschäftsführerinnen aus kleinen und mittleren Unternehmen in der Region, Wiedereinsteigerinnen und weibliche Nachwuchsführungskräfte.
Flankiert werden diese wie am Freitag, 12. April, von Elevator Pitches (einer kurzen Vorstellung eines Unternehmens oder einer Idee, die nur so lang dauern darf wie eine Aufzugfahrt), Impulsvorträgen wie dem von Antje Röwe, in dem sie auslotet, wie Chancen entstehen, und Workshops zu den Themen Persönlichkeitsentwicklung und Resilienz, Personalverantwortung und Selbstvertrauen.
Teilnehmerinnen machen Workshops zu den Themen Resilienz und Verantwortung
Martina Di Lorenzo: „Das ist der richtige Workshop für mich.“ Die Euskirchenerin erzählt, dass sie große Schwierigkeiten habe, sich selbstbewusst zu verkaufen. Und das sei ein Problem, wenn man eine Produktionsfirma für Dokumentarfilme gegründet habe.
Das mühelose und sorgenfreie „Ich kann das“ und „Lasst es uns angehen“ ihrer männlichen Kollegen möchte sie sich auch aneignen. Warum ihr das so viel schwerer falle als den Männern, mit denen sie zusammenarbeite, könne sie nur vermuten. „Vielleicht sind wir …“ Sie meint alle Frauen und korrigiert sich: „Vielleicht bin ich dazu erzogen worden, immer still und bescheiden zu sein.“ Und dann sei man auf den Arbeitsmarkt geworfen worden, und plötzlich sei genau das Gegenteil gefragt.
Sie schaut sich um. Eigentlich ist der Frauen-Business-Tag sehr gut besucht. Mehr als 50 Frauen sind gekommen. Trotzdem haben nur wenige von ihnen in der ersten Reihe Platz genommen. Auch die zweite Reihe sieht licht aus. Die hinteren Reihen sind dicht besetzt. „Aber vielleicht liegt das alles auch bloß an mir“, überlegt Di Lorenzo. Sie hat sich ein Ziel gesetzt: „Mit 50 Jahren möchte ich vor Leuten stehen und ganz selbstbewusst erklären können, dass ich gut bin, in dem, was ich tue.“ Heute ist Di Lorenzo 47 Jahre alt – und sie ist optimistisch.