Sirenen einzeln ansteuerbarRettungskräfte werden im Kreis Euskirchen nun digital alarmiert

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Das Bild zeigt einen Disponenten in der Leitstelle, der vor zahlreichen Monitoren sitzt.

Die Disponenten in der Leitstelle im Kreishaus alarmieren die Rettungskräfte ab sofort nur noch digital.

Der analoge Piepser im Kreis Euskirchen hat ausgedient. 4,3 Millionen Euro sind in die digitale Alarmierung investiert worden.

Im Kreis Euskirchen werden ab sofort die Einsatzkräfte der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr digital alarmiert. Die viermonatige Testphase ist abgeschlossen, die digitale Alarmierung geht nun in den sogenannten Wirkbetrieb. So stand es um 10.16 Uhr am Dienstag auf dem digitalen Funkmeldeempfänger, den Landrat Markus Ramers per Handdruck eines roten Buzzers ausgelöst hatte.

Das Netz zur digitalen Alarmierung ist laut Kreisbrandmeister Peter Jonas in den vergangenen neun Monaten aufgebaut worden – inklusive der 45 Standorte für die Sendemaste. „Für die Standorte haben wir Funksimulationen laufen lassen“, erklärt Yannick Haas aus der Abteilung Gefahrenabwehr beim Kreis Euskirchen.

Standorte der Sendemasten können sich noch mal verändern

Es werde nun stetig evaluiert, ob die Standorte nachgebessert werden müssen. Es könnte sich, so Haas, an der Sendeleistung etwas ändern, wenn beispielsweise große Hallen oder Gebäude errichtet würden – beispielsweise in der Größenordnung der Firma Hochwald im Gewerbegebiet Obergartzem.

Etwa 4300 digitale Funkmelder sind kreisweit an die Einsatzkräfte ausgegeben worden. Die Rückmeldungen zur digitalen Alarmierung seien seitens der Feuerwehrleute durchweg positiv, so Jonas.

Nach Angaben des Kreisbrandmeisters wird die analoge Alarmierung sukzessive zurückgefahren, die digitale stetig erhöht. Eine Alarmierung mithilfe von Sirenen gibt es im Kreis Euskirchen in keiner der elf Kommunen mehr. Die Sirenen dienen nur noch der Bevölkerungswarnung. Seit Mitte Januar habe man die digitale Alarmierung auf „Herz und Nieren getestet“, so Jonas.

Es ist ein weiterer ganz wichtiger Baustein für den Kreis Euskirchen, was das Thema Bevölkerungsschutz betrifft.
Markus Ramers, Landrat

Landrat Markus Ramers zeigte sich bei der Pressekonferenz im Kreishaus zufrieden. „Es ist ein weiterer ganz wichtiger Baustein für den Kreis Euskirchen, was das Thema Bevölkerungsschutz betrifft“, sagte der Verwaltungschef. Der Kreis habe in den vergangenen Jahren auf unterschiedlichen Ebenen viel Geld investiert – ein Kernstück sei aber immer die Kommunikation gewesen, so Ramers: „Wir haben eine Menge getan, damit die Einsatzkräfte noch besser zusammenarbeiten können.“

So seien Konzepte entwickelt, Starlink-Systeme beschafft und Notfallmeldestellen eingerichtet worden. Auch die Leitstelle im Kreishaus sei krisensicherer aufgestellt worden, berichtete der Landrat: „Die digitale Alarmierung wäre auch ohne die Flutkatastrophe und die Lehren daraus gekommen, aber sie rundet das Gesamtpaket ab.“

Kreis Euskirchen: Eins der modernsten Alarmierungsnetze in Deutschland

Im Kreis Euskirchen sei nun eines der modernsten Alarmierungsnetze in Deutschland am Start. Das moderne System ermögliche auch, über den standardmäßigen Alarmierungstext hinaus kleine Informationen als Textnachricht ohne Alarmierung über die Melder zu verschicken, so Jonas: „Beispielsweise, dass ein Fahrzeug nicht verfügbar ist.“

Die digitale Variante im sogenannten Pogsac-Standard löst die bisherige Alarmierung über das kreiseigene, analoge 4-Meter-Funknetz ab. Die digitale Alarmierung steht aber auf zwei Beinen, denn auch übers Handynetz können die Funkmelder angesteuert werden. Der große Vorteil von Pogsac sei, dass der Kreis die volle Kontrolle über das Netz habe, erklärt Haas: „Wir können sicherstellen, dass das Netz rund um die Uhr verfügbar ist. Wir sind nicht von großen Telekommunikationsanbietern abhängig.“

Das Bild zeigt Markus Ramers, der kurz davor ist, den Buzzer zu betätigten.

Landrat Markus Ramers (Mitte) leitete die digitale Alarmierung mit einem Druck auf den Buzzer ein.

Das Bild zeigt einen Funkmeldeempfänger mit dem Text: Start des Wirkbetriebs der digitalen Alarmierung im Kreis Euskirchen.

Die digitale Alarmierung ist seit Dienstag vom Probe- in den Wirkbetrieb übergegangen.

Martin Fehrmann, Leiter der Gefahrenabwehr beim Kreis Euskirchen, ergänzte, dass die Nachrichten verschlüsselt sind. Gerade beim Rettungsdienst sei das mit Blick auf den Datenschutz bei den Patienten von enormer Wichtigkeit. Wichtig für den Kreis ist nach wie vor auch das analoge Funknetz. Aber eben nicht zur Alarmierung, sondern um es im Krisenfall als zusätzliche Kommunikationsmöglichkeit zu haben – beispielsweise als klassischer Sprechfunk in die Koordinierungsstellen hinein.

Das Projekt im Kreis Euskirchen hat 4,3 Millionen Euro gekostet

„Wir haben alle Funkgeräte wieder aus dem Keller geholt, entstaubt und installiert. Sie funktionieren einwandfrei“, so Kreisbrandmeister Jonas. Erprobt worden sei das zuletzt während der Energiemangellage. Zudem habe der Kreis Euskirchen für einen fünfstelligen Euro-Betrag ein 4-Meter-Netz vom Ennepe-Ruhr-Kreis erworben. „Wir haben noch einiges an Material hinzubekommen. Aber nur als Rückfallebene“, sagte Jonas.

Für die Einrichtung der digitalen Alarmierung hat der Kreis mehr Geld ausgegeben. Etwa 4,3 Millionen Euro hat das Projekt verschlungen – inklusive Alarmierungsnetz, Empfängertechnik und einem Servicevertrag, der zehn Jahre lang läuft. Eigentlich hätte die digitale Alarmierung schon früher kommen sollen. Die europaweite Ausschreibung erfolgte schon vor Jahren. Dann geschah lange nichts. Der Grund: Ein Mitbewerber hatte bei der Vergabestelle in Köln Beschwerde eingereicht. Erst als das Verfahren im vergangenen Jahr abgeschlossen war, konnte der Kreis mit Hochdruck ans neue Verfahren gehen.

Im Rahmen der digitalen Alarmierung sind laut Markus Neuburg, Chef der Leitstelle, sämtliche Alarm- und Ausrückordnungen der Feuerwehren im Kreis überarbeitet worden.


210 Sirenen im Kreis Euskirchen

Heult die Sirene, rückt kurz darauf die Feuerwehr aus – eine Regel, die im Kreis Euskirchen nicht mehr gilt. Die derzeit 210 Sirenen mit digitalen Steuerungsgeräten im Kreis dienen nur noch zur Warnung der Bevölkerung. „Wir haben bei der Flut gesehen, dass Sirenen auch zur Verunsicherung führen können, weil man den Sirenenton nicht zuordnen kann“, sagt Martin Fehrmann, Leiter der Gefahrenabwehr im Kreis Euskirchen.

Deshalb sei der nun eingeschlagene Weg der richtige. „Immer dann, wenn es heult, dann ist es eine Bevölkerungswarnung. Man muss also keine unterschiedlichen Warntöne mehr kennen“, so Fehrmann. Durch die neue Technik hat der Kreis Euskirchen die Möglichkeit, jede einzelne der 210 Sirenen mit digitalem Steuerungsgerät zielgerichtet anzusteuern und auszulösen. Die Anzahl der Sirenen gliedert sich aktuell wie folgt: Bad Münstereifel (26), Blankenheim (26), Dahlem (11), Euskirchen (36), Hellenthal (30), Kall (32), Nettersheim (14), Schleiden (19( und Weilerswist (16).

Zudem werden laut Kreisverwaltung in Mechernich (44 Standorte) und Zülpich (37 Standorte) die Sirenennetze erneuert. Das soll bis Ende des Jahres geschehen sein. Der Kreis rechnet damit, dass in den Folgejahren die Anzahl der Sirenenstandorte im Kreisgebiet noch steigen wird.  

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