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KreisumlageNach Elf-Millionen-Euro-Coup: Euskirchener Landrat Markus Ramers in der Kritik

Lesezeit 6 Minuten
Das Archivbild zeigt Markus Ramers bei einer Veranstaltung.

Er habe die erlösende Nachricht für die Kommunen nicht früher mitteilen können, sagt Landrat Markus Ramers.

Dass der Euskirchener Landrat Markus Ramers die Kommunen um elf Millionen entlasten will, freut viele. Dennoch schäumen Politiker und Bürgermeister.

Die Kritik an Landrat Markus Ramers (SPD) ist deutlich. Sie kommt von den Fraktionen der Listengemeinschaft CDU, FDP und UWV und aus den Rathäusern. Dass der Landrat am Dienstag überraschend erklärte, es könnten aus dem Haushaltsplus von 2023 elf Millionen Euro zur Senkung der geplanten Kreisumlage 2025 genutzt werden, wird zwar allseits begrüßt.

Aber warum, so fragen die Kritiker, hat Ramers so lange damit gewartet? Es hätte viel Ärger vermieden werden können, hätte er das früher angekündigt.

Das Archivbild zeigt Marcel Wolter und Ingo Pfennings bei einer Pressekonferenz.

Hätten gerne früher gewusst, was der Landrat vorhat: Kämmerer Marcel Wolter (v.) und Bürgermeister Ingo Pfennings aus Schleiden.

„Es ist eine Unverschämtheit von diesem Landrat, uns die Dinge so lange vorzuenthalten“, zeigt sich   UWV-Fraktionschef Franz Troschke erbost. Ihm könne niemand erzählen, dass Ramers erst in dieser Woche erfahren habe, dass 2023 mit einem hohen Überschuss abgeschlossen wurde. Das glaubt auch Ute Stolz nicht.

„Ich mache mein Controlling so, dass ich Ende des Jahres sagen kann, in welche Richtung es geht“, sagt die CDU-Fraktionschefin und Geschäftsführerin der Eifeler Caritas: „Ich denke, dass ein größerer Überschuss erkennbar war, aber der Landrat damit nicht rausrücken wollte.“ Es habe den Anschein, heißt es in einer Mitteilung des CDU-Kreisverbands, dass Ramers „diese Information bewusst als ,Bonbon' zurückgehalten“ habe.

Inszenierung? Nach monatelanger Debatte machte Ramers seinen Vorschlag

Bis in die vergangene Woche, ja noch am Montag, habe man nachgefragt, wie es denn mit dem 2023er-Abschluss aussehe, so Ute Stolz. Man sei vertröstet worden. „Am Montag bekommen wir dann eine Mail, wo die elf Millionen drinstehen – etwa zeitgleich mit dem Post auf Social Media, in dem der Landrat sich auch noch als Retter des Haushalts aufplustert.“

Auf diese Inszenierungsvorwürfe der CDU, mit denen ihn die Redaktion konfrontierte, ging Ramers nicht ein. Der Landrat erklärte hingegen: „Es ist natürlich unser Ziel, dass wir künftig die Jahresabschlüsse früher vorlegen können. Und trotzdem sind mir Verbesserungen in Höhe von elf Millionen Euro lieber als Verschlechterungen, weil wir damit die Umlage in einem schwierigen Haushaltsjahr noch einmal deutlich reduzieren können.“

Für Ute Stolz ist Ramers' Elf-Millionen-Ankündigung ein leicht durchschaubarer Versuch, argumentativ aus der Defensive zu kommen. Der Landrat habe den Protest aus den Kommunen unterschätzt. „Dass es da so kracht, hat ihn offenkundig überrascht. Da war er sich dann doch ein bisschen zu selbstsicher“, sagt Stolz.

Es ist eine Unverschämtheit von diesem Landrat, uns die Dinge so lange vorzuenthalten.
Franz Troschke, Chef der UWV-Kreistagsfraktion

Und gekracht hat es in der Tat. Nachdem Ramers bekannt gegeben hatte, dass die elf Städte und Gemeinden für 2025 rund 230 Millionen und damit 31 Millionen Euro mehr als 2024 an den Kreis zahlen sollen, waren die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auf den Zinnen. Sie machten Entlastungsvorschläge von rund 15 Millionen Euro.

CDU, FDP und UWV übernahmen Teile davon und   unterbreiteten weitere Vorschläge, wie die Städte und Gemeinden um rund 15 Millionen Euro entlastet werden könnten. Das aber wäre eigentlich Aufgabe der Kreisverwaltung gewesen, teilt der CDU-Kreisverband mit.

UWV-Chef Troschke sieht das ähnlich: „Der Landrat turnt überall auf Veranstaltungen rum und wir müssen uns wie die Verrückten abplagen, um Millionen an Einsparungen zu finden. Da hauen wir uns Nachmittage und Abende um die Ohren – und er findet auf einmal elf Millionen.“

Kreis Euskirchen: Kopfschütteln in den Rathäusern

FDP-Chef Frederik Schorn  begrüßt es wie alle, dass es für die Kommunen nicht ganz so dicke kommt wie zunächst vorgesehen: „Vom Stil bin ich aber enttäuscht. So unprofessionell habe ich in elf Jahren Kreistagsmitgliedschaft noch keine Haushaltsaufstellung erlebt.“

Die Kreispressestelle erklärte, dass die Kämmerei das 2023er-Ergebnis am 17. März finalisiert habe. Am 18. sei es verifiziert worden. Die Politik sei im Vorfeld mehrmals darüber informiert worden, dass der Jahresabschluss 2023 noch nicht vorliege. So habe der Kämmerer am 14. Februar bei der Klausurtagung der CDU-Fraktion den noch in Arbeit befindlichen Jahresabschluss 2023 in seinem Vortrag angesprochen und eine Aktualisierung für den März angekündigt.

Kreisverwaltung: Jahresüberschuss 2023 erst seit kurzem bekannt

„Der Landrat hat in der Klausurtagung von FDP und UWV am 8. März ebenfalls auf Verbesserungen hingewiesen und angekündigt, diese für die Senkung der Umlage einzusetzen“, heißt es weiter.

Ramers selbst lässt sich mit den Worten zitieren: „Ich bin vermutlich derjenige, der das größte Interesse daran gehabt hätte, die Verbesserung im Jahresabschluss 2023 schon früher bekannt geben zu können.“ Das hätte der Verwaltung viel Kritik erspart. „Ich kann allerdings auch nachvollziehen, dass die Aufregung in Wahljahren größer ist als üblicherweise.“

Es habe niemand verlangt, stellt Ute Stolz klar, dass die Verwaltung Zahlen bis in eine hintere Kommazahl nen solle: „Wenn aber frühzeitig erklärt worden wäre, dass es um 8 bis 10 Millionen geht, hätten alle mal durchatmen können.“

Auch in den Rathäusern ist das Kopfschütteln groß. Der Mechernicher Kämmerer Ralf Claßen zeigt sich „verwundert“, dass die 2023er-Zahlen erst am Dienstag veröffentlicht wurden. „Meines Erachtens müsste dieses erfreuliche Ergebnis bereits seit längerem in der Kreisverwaltung bekannt gewesen sein.“ Darauf hätte die Kreisverwaltung in der Debatte über die „exorbitant steigende Kreisumlage“ hinweisen müssen, so Claßen.

Ich kann allerdings auch nachvollziehen, dass die Aufregung in Wahljahren größer ist als üblicherweise.
Markus Ramers (SPD), Landrat des Kreises Euskirchen

Ähnlich äußert sich Schleidens Kämmerer Marcel Wolter. Der Umlageverbund Kreis könne seine Haushaltsentwicklung leichter einschätzen als die Kommunen, die erst spät erführen, wie sich die schwankenden Gewerbe- und Einkommensteueranteile in dem jeweiligen Jahr entwickelt haben.

Für Schleiden hatte das Hin und Her schwerwiegende Folgen. Der im Dezember beschlossene Haushalt musste wieder aufgeschnürt werden, weil die Stadt rund 1,2 Millionen mehr Umlage zahlen sollte als ursprünglich eingeplant. Das sei in etwa der Betrag, den die Stadt nun aufgrund der Entlastungsvorschläge von CDU, FDP und UWV und des Landrats wohl nicht mehr zahlen muss.

„Die zweite Haushaltsrunde hätten wir uns also sparen können“, sagt Schleidens Bürgermeister und CDU-Kreischef Ingo Pfennings. Auch die Peinlichkeit, Bewerber auf ausgeschriebene Stellen wieder nach Hause schicken zu müssen, weil zwischenzeitlich das Geld für ihre Beschäftigung fehlte, hätte Pfennings nach eigenem Bekunden gerne vermieden. „Dabei ging es um Aufgaben, die den Bürgern sehr geholfen hätten“, so der Bürgermeister: Digitalisierung im Rathaus und Steuerung des Wiederaufbaus nach der Flutkatastrophe.

Bad Münstereifeler Bürgermeisterin wundert sich über den Landrat

In Bad Münstereifel wundert sich die Bürgermeisterin und designierte CDU-Landratskandidatin Sabine Preiser-Marian. Es wäre hilfreich gewesen, „hätte sich der Landrat früher Gedanken gemacht, wie die Kreisumlage gesenkt werden kann“, sagt sie. Der späte Zeitpunkt sei erstaunlich, zumal es den Jahresabschluss 2023 betreffe.

„Ich kenne das von unseren Jahresabschlüssen. Da wissen wir im Grunde im September des Jahres, was ungefähr im Jahresabschluss rauskommt“, so die Bürgermeisterin. Sie freue sich für die Bürger, „die letztendlich die zu hohe Kreisumlage durch Steuererhöhungen hätten auffangen müssen“.

Die Kurstadt wird durch die Entlastungsvorschläge nun 1,9 Millionen Euro weniger zahlen müssen als es nach den ersten Hiobsbotschaften vom Kreis aussah – viel Geld für eine Kommune im Haushaltssicherungskonzept.

Pfennings, Claßen und Preiser-Marian sehen sich angesichts des hohen 23er-Überschusses in der Forderung bestätigt, den vom Gesetzgeber erlaubten globalen Minderaufwands einzufordern. Denn es würden in der Regel nicht alle Mittel des Haushalts abgerufen.

Und während manche scherzhaft dazu raten, die Etatverabschiedung im Kreis ruhig noch etwas aufzuschieben, um eventuelle weitere Entlastungen zu finden, bereiten anderen die vom Landrat angekündigten Mehraufwendungen, die noch kommen könnten, Sorgenfalten.

Am 9. April soll der Kreishaushalt verabschiedet werden.