Die Energiepreisbremse macht es nicht leicht, den Ansprüchen aller Kundinnen und Kunden gerecht zu werden. Vor allem, wenn es sich um besondere Regelungen für Flutopfer handelt.
e-regio sieht LösungFlutopfer im Kreis Euskirchen sollen bei Energiepreisbremse nicht benachteiligt werden
Ist die Energiepreisbremse der Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP mit einem „schweren handwerklichen Fehler“ behaftet, weil sie keine besondere Regelung für die Flutopfer enthält? Der Weilerswister CDU-Bundestagsabgeordnete Detlef Seif sagt Ja.
Oder hat FDP-Bundestagsmitglied Markus Herbrand aus Gemünd Recht? Er zeigt sich froh darüber, dass das Gesetz nicht zu einem Bürokratiemonster geworden sei, aber trotzdem an die Flutopfer gedacht worden sei. Und was sagt die e-regio als Gas- und Stromlieferant im Kreis? Hier die Antworten:
Energiepreisbremse: Wo liegt das Problem?
Laut Gesetz ist der Jahresverbrauch für die Preisbremse maßgebend, den der Gas- und Stromversorger im September 2022 für den jeweiligen Anschluss prognostiziert. Diese Berechnung richtet sich wiederum nach dem Verbrauch 2021, also dem Jahr, in dem viele Flutopfer wenig Gas und Strom im Haus brauchten, weil sie es schlicht nicht bewohnen konnten.
1500 Euro könnte das für einen Vier-Personen-Haushalt kosten, rechnet Seif vor. Die Flutgeschädigten seien nun auf die Energieversorger angewiesen. „Das führt zu einem hohen Maß an Rechtsunsicherheit, ausgetragen auf dem Rücken der Flutopfer.“ Herbrand widerspricht: Die Ampel-Koalition unterstütze die von den Flutschäden betroffenen Privatpersonen und Unternehmen bestmöglich.
Die Energieversorger wüssten am besten über die Verbrauchswerte ihrer Kundinnen und Kunden sowie über die besondere Situation der Flutopfer Bescheid. Sie könnten für eine realistische Verbrauchsanalyse unkompliziert auf Werte aus den Jahren vor der Flut zurückgreifen oder den realen Verbrauch ohne Flutschäden maschinell berechnen lassen, so Herbrand.
Gas- und Stromversorgung: Was sagt Energieversorger e-regio?
Es werde zurzeit in der Energiebranche diskutiert, Sonderfälle, wie im Rahmen der Flutkatastrophe zerstörte Anschlüsse, ebenso zu behandeln wie etwa Neukunden, bei denen vorausgegangene Verbräuche als Grundlage für Prognosen nicht vorlägen, erklärt Unternehmenssprecher Sebastian Zimer.
Sei dieser Wert beim Lieferanten nicht vorhanden, werde die Jahresprognose des Verteilnetzbetreibers über den Jahresverbrauch genutzt. Eine solche Prognose werde auch für Neuanschlüsse erstellt, wenn dem Energielieferanten im September 2022 aus diesem Grund auch keine Verbrauchsprognose vorliege.
„Im Strombereich ist für diese Kundengruppe für die Bestimmung der Entlastung die jeweils aktuelle, dem Versorger vorliegende Jahresverbrauchsprognose des Netzbetreibers zugrunde zu legen“, erläutert Zimer. Die entspreche in der Regel dem Vorjahresverbrauch. Ist die Prognose unplausibel, kann der Versorger laut Zimmer dem Netzbetreiber widersprechen und eine eigene Prognose vorlegen.
e-regio: Was müssen die Kunden und Kundinnen tun?
„Unsere Kundinnen und Kunden müssen nichts unternehmen“, antwortet der e-regio-Sprecher: „Wir bitten jedoch noch um etwas Geduld.“ Das Unternehmen werde die Verbraucher vor Inkrafttreten der Preisbremsen im März, umfassend informieren – etwa auf der Homepage.
e-regio: An wen wenden sich Kunden und Kundinnen aderer Versorger?
Wer von der e-regio technisch beliefert wird, aber einen Vertrag mit einem anderen Versorger hat, muss sich bezüglich finanzieller Entlastung an den Vertragspartner wenden. „Der Prozess der finanziellen Entlastung“, so Zimer, „wird grundsätzlich zwischen aktuellem Energieanbieter und Endkunde abgewickelt.“
Energiepreisbremse: Was bedeutet das Gesetz für die e-regio?
Viel Arbeit. Der Chef von Rhein-Energie, Andreas Feicht, hatte kürzlich kritisiert, dass die Versorger derzeit Aufgaben bewältigte, die eigentlich Sache des Staates seien. Die e-regio sieht das ähnlich: Die Abwicklung der Preisbremse sei eine Mammutaufgabe.
Die e-regio habe die personellen Ressourcen im Kundenservice deutlich hochgefahren, um die Umsetzung der staatlichen Entlastungspakete – Soforthilfe, Strom- und Gaspreisbremse – leisten zu können. „Als Energielieferant wurde uns diese Aufgabe per Gesetz aufgetragen, die wir umsetzen müssen. Bei dieser staatlichen Unterstützung von Verbraucherinnen und Verbrauchern handelt es sich eigentlich um klassische Aufgaben des Staates.“
Eine generelle Urlaubssperre über den Jahreswechsel gebe es nicht, doch viele Beschäftigte seien im Dienst und kümmerten sich mit hoher Priorität um die Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen. „Gleichzeitig ist die Anzahl der Kundenkontakte stark gestiegen“, so Zimer.
Energiepreisbremse: Wer trägt die Kosten dafür?
Zum Teil die Verbraucher. Dauerhafte Mehrarbeit führt zu Mehrkosten. Diese, so Zimer, werden auch Bestandteil der Kostenkalkulation, die sich in der Preisgestaltung wiederfindet. Zumindest teilweise werde dies im Rahmen der staatlichen Entlastungen refinanziert.
Energiepreisbremse: Welche Energiepreise sind zu erwarten?
Rhein-Energie-Chef Andreas Feicht schätzt, dass Strom in den kommenden Jahren 14, 15 Cent pro Kilowattstunde kosten könnte - und damit das Dreifache wie vor der Krise. Beim Gaspreis sieht er in etwa die gleiche Korrelation.
Die e-regio hält sich mit Prognosen zurück. Zu vielfältig seien die Faktoren: etwa komplexe Eingriffe in den Markt von staatlicher oder überstaatlicher Seite (EU), deren Auswirkungen nur sehr schwer vorauszusehen seien. „Auch haben wir in diesem Jahr gesehen, wie nervös der Markt reagieren kann“, sagt Zimer.
Die weltpolitische Lage, vor allem der Krieg in der Ukraine, seien ebenso wenig abschätzbar wie die damit in Zusammenhang stehende globale Verfügbarkeit von Gas. Fazit: Zu viele Unbekannte, um eine belastbare Preisprognose geben zu können. Aber aufgrund der vielen Einflussfaktoren geht das Unternehmen davon aus, dass sich das Preisniveau noch für eine längere Zeit auf höherem Niveau befinden werde.
Energiepreisbremse: Was hält die e-regio von einem „Erhöhungsverbot“?
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Energieversorger davor gewarnt, die Preise unter dem Deckmantel der Krise stärker zu erhöhen als nötig – und schon mal warnend mit einem Erhöhungsverbot gewinkt. Feicht verwahrte sich gegen diesen „Generalverdacht“. Die e-regio stellt fest, dass dem „sogenannten Missbrauchsverbot“ im Gesetz zur Strompreisbremse und Gaspreisbremse ein hoher Stellenwert eingeräumt werde.
Sachlich begründete Preiserhöhungen durch gestiegene Energiebeschaffungskosten und regulatorisch verursachte Kosten, etwa erhöhte Entgelte für die Netznutzung), seien zulässig, stellt e-regio-Sprecher Zimer fest: „Ansonsten wären die Mehrkosten durch die Energieversorger nicht zu tragen. Das ist aus unserer Sicht auch dem Gesetzgeber bewusst.“