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PräventionEuskirchener Experte empfiehlt: Suizid-Gedanken niemals abwerten

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau sitzt im Dunkeln vor einem Fenster, hat den Kopf auf einer Hand abgestützt und schaut nach unten.

Immer mehr Menschen haben psychische Erkrankungen wie Depressionen. Bei manchen ist der Leidensdruck so groß, dass Suizid als letzte Lösung erscheint.

Jedes Jahr sterben Tausende Menschen in Deutschland durch Suizid. Eine Euskirchener Beratungsstelle gibt Hinweise, wie man helfen kann.

In Deutschland sterben jedes Jahr mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Gewalttaten und illegale Drogen. Rund 9000 sind es, die ihr Leben beenden. Weit mehr als 100.000 Menschen erleiden jedes Jahr den Verlust eines ihnen nahestehenden Menschen.

Um mehr Bewusstsein für die nach wie vor tabuisierte Thematik zu schaffen, findet jährlich am 10. September der Welttag der Suizidprävention statt. Er richtet sich sowohl an Menschen, die mit Selbsttötungsgedanken kämpfen, als auch an deren Angehörige, Freunde und Kollegen. Die wichtigste Botschaft ist: Suizidgedanken dürfen nicht tabuisiert werden.

Suizidgefährdete sollten nicht mit Gedanken allein gelassen werden

Das Motto des diesjährigen Präventionstages lautet „Reden kostet nichts – Schweigen schon“ und nimmt Bezug auf die häufig hohe Hemmschwelle, Suizidgedanken offen anzusprechen oder danach zu fragen. „Weit verbreitet ist die Vorstellung, dass man Betroffene durch Fragen nach Suizidgedanken erst auf die Idee bringt. Das Gegenteil ist der Fall“, sagt Benedikt Kremp, Leiter der katholischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen in Euskirchen. „Wenn Menschen mit ihren Gedanken an Selbsttötung allein bleiben, verstärkt das die Dynamik. Das Durchbrechen von Isolation ist ein wichtiger Schutzfaktor.“

Suizidgedanken anzusprechen, so Kemp, löse sowohl bei Betroffenen als auch im Umfeld häufig Überforderungsgefühle aus. „Wichtig ist, im Gespräch eine Balance zwischen Verharmlosung und Katastrophisierung zu suchen.“ Die Gedanken Betroffener sollten niemals abgewertet oder ausgeredet werden.

Auf Hilfsangebote verweisen ist immer wichtig

Es sei nicht ungewöhnlich, dass Menschen in extremen Belastungssituationen Suizidgedanken hegen — und dennoch seien diese nicht harmlos. „Bei der Einschätzung der Gefahr ist die Frage wichtig, wie konkret die Gedanken an den Suizid sind, ob bereits ein Plan entwickelt wurde und wie häufig und wie lange die Gedanken da sind“, sagt Kremp. Zentral sei das Bemühen „eine Vorstellung zu entwickeln, wie die Anhäufung von Problemen anders bewältigt werden kann, als dem eigenen Leben ein Ende zu setzen“.

In jedem Fall ist es hilfreich, auf die diversen Hilfsangebote zu verweisen. Diese reichen vom Anruf bei der Telefonseelsorge, der Kontaktaufnahme zu einem Beratungsdienst oder einer psychotherapeutischen Praxis bis hin zur Alarmierung des Notdienstes unter 112 oder der Selbsteinweisung in eine Psychiatrie.

Beratungsstelle in Euskirchen bietet Hilfe und Unterstützung

Auch im Internet finden sich zahlreiche Informationsmöglichkeiten und Unterstützungsangebote. Die Beratungsstelle in Euskirchen bietet ebenfalls Hilfe und Unterstützung an: „Wir stehen für Betroffene und deren Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen sowie den Angehörigen für Beratungsgespräche zur Verfügung“, sagt Benedikt Kremp.

Man sei aber kein Akutdienst wie die Telefonseelsorge oder wie eine psychiatrische Ambulanz im Krankenhaus. „Vielmehr ermöglicht unser Beratungsangebot Angehörigen, ihre Art der Unterstützung zu reflektieren und darin mehr Sicherheit zu gewinnen.“

Betroffenen biete das Angebot in der Innenstadt von Euskirchen die Möglichkeit, in einer ruhigen und mitfühlenden Atmosphäre „nach einem Umgang mit den Suizidgedanken und den aktuellen Belastungsfaktoren zu suchen“, so Kremp. Beratung sei generell auch Prävention, betont er. „Bevor jemand in die Verfassung von Hilflosigkeit und Ausweglosigkeit kommt, hilft eine Beratung als Paar oder als Einzelperson, Krisen wahr- und ernstzunehmen sowie diese anzugehen.“