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Frühe HilfeIn den Geburtskliniken in Euskirchen und Mechernich sind Lotsinnen im Einsatz

Lesezeit 5 Minuten
Lotsin Birgit Hellmann läuft den Flur der Wochenbettstation im Marien-Hospital Euskirchen entlang. In den Händen hält sie Infomaterial.

Besucht nach Möglichkeit alle frischgebackenen Mütter: Birgit Hellmann, Lotsin im Marien-Hospital Euskirchen.

Die meisten Mütter nehmen das Gesprächsangebot gerne an, das ihnen Birgit Hellmann und Hedwig Dederichs unverbindlich machen.

Die Idee hatte Miriam Rossa, Chefärztin der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Marien-Hospital, der ähnliche Lotsenprojekte in anderen Kliniken bekannt wurden. Die Umsetzung ließ nicht lange auf sich warten: Seit September 2020 gibt es in den Geburtskliniken am Marien-Hospital und im Kreiskrankenhaus (KKH) Mechernich einen sogenannten Lotsendienst, angedockt an die beiden Caritasverbände für das Kreisdekanat Euskirchen und für die Region Eifel.

Jeden Morgen, wenn Birgit Hellmann auf die Station 1B kommt, erkundigt sie sich zunächst, welche Mütter entbunden haben und wie die Geburten verlaufen sind. „In der Regel klopfe ich einen Tag nach der Entbindung an die Zimmertüren der Mütter, stelle mich vor und frage, ob es in Ordnung ist, wenn ich hereinkomme“, erzählt Birgit Hellmann. Lotsin Hedwig Dederichs betreut im KKH Mechernich zusätzlich auch die Kinderintensivstation, auf der unter anderem Frühchen ab der 32. Woche versorgt werden. Es sei grundsätzlich ein unverbindliches Gesprächsangebot, das die Lotsinnen machen. „Die meisten machen davon gerne Gebrauch“, sagt Hellmann.

Wie geht es weiter, nach der Entlassung aus dem Krankenhaus?

Im Zentrum der Gespräche steht oft die Frage, was nach der Entlassung aus dem Krankenhaus passiert: „Viele Frauen wissen zum Beispiel nicht, dass sie eine Hebamme für die Nachsorge bekommen können. Oder dass die Schwangerschaftsberatungsstellen im Kreis zu bestimmten Fragen auch nach der Geburt Angebote machen“, sagt Hellmann, der eine Menge Info-Material in unterschiedlichsten Sprachen zur Verfügung steht. Und wenn nötig, komme auch die Übersetzer-App auf dem Handy zum Einsatz.

Drei Frauen stehen im Gespräch beieinander: Caritas-Fachbereichsleiterin Cilly von Sturm, Lotsin Birgit Hellmann und Laura Gardau mit Söhnchen Max im Tragetuch. Auf dem Büroschrank im Hintergrund liegen zahlreiche Broschüren und Flyer.

Fühlt sich bestens betreut: Laura Gardau (r.) mit ihrem Sohn Max im Gespräch mit Cilly von Sturm (l.) und Birgit Hellmann.

Es gehe bei den Begegnungen mit den Müttern oder Eltern darum, die Bedarfe zu erkennen und an den richtigen Stellen zu vermitteln oder zu unterstützen. Das kann die Beantragung von Kinder- und Elterngeld sein, die Vermittlung ehrenamtlicher Familienpatinnen, wertvolle Infos über Anlaufstellen im Kreisgebiet oder auch Hilfestellung bei der Suche nach einem Kinderarzt.

Letzteres sei „eine der schwierigsten Angelegenheiten“, so Hellmann, da die Ärzte häufig schon Wartelisten führen und man sich nicht vor der Entbindung des Kindes um die Aufnahme kümmern könne. „So schnell wie möglich nach der Geburt“ müsse man sich deshalb um einen Kinderarzt bemühen. Tatsächlich wird dies auch im Hinblick auf einen Kita-Platz empfohlen.

Ganz verschiedene Themen werden mit den Lotsinnen besprochen

„Bei den Gesprächen kommen viele Themen zur Sprache. Häufig hört man dann von den Müttern, dass sie dieses Angebot gerne schon beim ersten Kind gehabt hätten“, erzählt Hellmann. Auch Laura Gardau, die Ende Oktober ihren Sohn Max im Marien-Hospital zur Welt brachte, bestätigt: Der Kontakt mit der Sozialpädagogin habe ihr sehr gut getan, zumal die Geburt ihres Kindes recht schwierig gewesen sei. Auf Anraten der Lotsin habe sie den Kinderarzt, der zur Vorsorgeuntersuchung des Babys in die Klinik kam, direkt nach einem Platz gefragt, „und er hat uns aufnehmen können“.

Häufig hört man dann von den Müttern, dass sie dieses Angebot gerne schon beim ersten Kind gehabt hätten.
Birgit Hellmann, Lotsin auf der Geburtsstation

Laura Gardau, die zugezogen ist und keinen Familienanschluss hat, ist alleinerziehend: „Umso mehr hat es mich gefreut, dass wir jetzt eine Familienpatin haben, die regelmäßig vorbeikommt, so dass ich auch mal alleine einkaufen gehen oder mir mal eine Massage gönnen kann.“

Die junge Mutter sagt, sie sei „total glücklich“, dass sie über die Lotsin von dem Ehrenamtsprojekt des Caritasverbandes Euskirchen erfahren hat. Und sie betont: „Es ist keine Schande, sich Hilfe zu suchen. Man muss sich das Leben ja nicht unnötig schwer machen.“

Die Lotsinnen im Kreis Euskirchen machen auch Hausbesuche

Im vergangenen Jahr wurden im Kreiskrankenhaus Mechernich mehr als 1000 Kinder geboren, im Marien-Hospital Euskirchen erblickten 585 das Licht der Welt. „Mit 70 Prozent der Mütter habe ich gesprochen, manchmal auch mehrfach“, sagt Lotsin Birgit Hellmann. Urlaubstage, Wochenenden und ambulante Geburten führen dazu, dass niemals alle frischgebackenen Eltern in Kontakt mit dem Lotsendienst kommen. „Aber man kann sich auch noch im Nachgang bei uns melden, wenn Beratungsbedarf besteht“, erklärt Birgit Hellmann den Umfang des Dienstes. Auch Hausbesuche können gemacht werden.

Für Birgit Hellmann ist der Lotsendienst ein echter Traumjob. „Man kann so unmittelbar helfen und den Menschen direkt etwas mitgeben", erklärt die Sozialpädagogin, weshalb ihr die Aufgabe so gut gefällt.

Und es koste die Mütter oder Eltern keine große Überwindung, wie es eben eher der Fall sei, wenn eine Beratungsstelle aufgesucht werde. Die Zusammenarbeit mit Kollegin Hedwig Dederichs in Mechernich sowie die gut funktionierende Netzwerkarbeit mit allen Hilfe- und Beratungsanbietern im Kreis und nicht zuletzt mit dem Pflege- und Ärzteteam auf der Geburtsstation gehören zu dem Gesamtpaket, das die Arbeit für sie so besonders mache.


Unverbindlich, freiwillig und kostenfrei

Der Lotsendienst im Marien-Hospital Euskirchen und im Kreiskrankenhaus Mechernich ist ein Angebot für junge Familien , die kurz vor der Entbindung stehen oder bereits entbunden haben. Das Angebot ist unverbindlich, freiwillig, kostenfrei und unterliegt der Schweigepflicht.

Das Beratungsangebot wird von den beiden Caritasverbänden Euskirchen und Region Eifel umgesetzt. Finanziell gefördert wird es vom Familienbüro des Kreises Euskirchen und vom Land NRW im Rahmen des Projekts „kinderstark. NRWschafft Chancen“, das der Stärkung kommunaler Präventionsketten dient.

Die beiden Lotsinnen sind während des Aufenthaltes in den beiden Krankenhäusern ansprechbar, sie stehen aber auch darüber hinaus für Anfragen zur Verfügung. Die Sozial-Pädagoginnen vermitteln den jungen Familien geeignete Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebote im Kreis Euskirchen.

Birgit Hellmann (Marien-Hospital Euskirchen) ist montags bis freitags, 11 bis 15 Uhr, erreichbar unter 01 76/14 54 65 49 oder per E-Mail. Hedwig Dederichs (KKH Mechernich) unter 01 77/20 79 885 oder per E-Mail.