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SelbsthilfeBeim Stammtisch in der Eifel helfen sich Parkinson-Erkrankte gegenseitig

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Frauen, Ulrike Ahrens und Gabriele Franzen, stehen vor einem dreiteiligen Gemälde in Grün- und Brauntönen.

Die neue „parkinsongemeinschaft Eifel“ leiten Ulrike Ahrens (l.) und Gabriele Franzen.

Parkinson ist nicht heilbar, man kann aber damit alt werden. Im Kreis Euskirchen unterstützt eine Selbsthilfegruppe im Umgang mit der Krankheit.

Ausgerechnet Tischtennis. Das Spiel, das man mit Tempo und Präzision verbindet, soll der optimale Sport für Menschen sein, die an Morbus Parkinson erkrankt sind? „Beim Spiel konzentrieren sich die Menschen so sehr, dass sie ihre Steifheit vergessen“, sagt Ulrike Ahrens. Sie berichtet von einem Mann, dessen Hand unkontrollierbar gezittert habe. Nur beim Tischtennisspielen sei der Tremor plötzlich verschwunden gewesen.

Ulrike Ahrens leitet die Selbsthilfegruppe für Menschen mit Parkinson in der Eifel. Wie ihre Stellvertreterin Gabriele Franzen ist sie selbst von der Krankheit, die früher als Schüttellähmung bezeichnet wurde, betroffen. Die Parkinsongruppe ist aus der Deutschen Parkinson-Vereinigung (dPV) ausgetreten und ist jetzt ein eingetragener Verein, der sich „parkinsongemeinschaft Eifel“ nennt.

Ausstieg der Eifeler nach einem Betrugsskandal im Bundesverband

Grund für die Trennung war ein Betrugsskandal im Dachverband. Aber auch abseits dieses Eklats fällt den beiden nicht allzuviel ein, was die dPV für den Verein vor Ort getan habe. Es habe Fortbildungen gegeben, und man habe die Zeitschrift des Verbandes erhalten. „Ich habe die Tulpe bei der dPV gekauft“, sagt Ulrike Ahrens und zeigt auf den kleinen Anstecker an ihrem Pullover. Die rote Tulpe ist weltweit das Symbol der Parkinson-Erkrankung.

73 Mitglieder hatte die Parkinson-Gruppe, knapp 30 sind bis jetzt der „parkinsongemeinschaft“ beigetreten. Ulrike Ahrens ist sicher, dass die vorherige Mitgliederzahl wieder erreicht wird. Es hätten sich bereits einige Betroffene gemeldet, die vorher nicht Mitglied gewesen seien, es jetzt aber werden wollten.

Selbsthilfe fängt da an, wo die Ärzte mit ihrer Weisheit am Ende sind.
Ulrike Ahrens

Am Programm hat sich nichts geändert. Es gibt einmal im Monat ein Treffen, meist mit einem Vortrag. Es gibt den Stammtisch, es gibt Gymnastik, Tai Chi und – natürlich – Tischtennis. Jeden dritten Mittwoch im Monat treffen sich die Mitglieder zum Stammtisch. Es gebe Menschen, die sich scheuten, zum Stammtisch zu kommen, um nicht „das ganze Elend zu sehen“. „Dabei haben wir viel Spaß“, sagt Gabriele Franzen: „Wir sind alle ganz normal.“

Klar sei auch mal jemand deprimiert, je nach Fortschritt der Krankheit. Gerade in diesen Momenten sei die Gruppe wichtig. Ahrens: „Selbsthilfe fängt da an, wo die Ärzte mit ihrer Weisheit am Ende sind.“

Die Parkinson-Diagnose kommt oft zufällig zustande

Denn die schreite in jedem Fall fort. Parkinson ist nicht heilbar, aber der Verlauf kann mit den richtigen Medikamenten verzögert werden. Franzen schwört auf Sport, sie hat sogar eine Tischtennisplatte in der Garage. Das Klacken des kleinen Balls auf der Platte und auf dem Schläger triggere das Gehirn. Dessen Zellen werden durch die Autoimmunerkrankung geschädigt.

Wichtig sei, dass Parkinson früh erkannt werde. Deshalb finden in der „parkinsongemeinschaft“ auch Menschen Rat, die fürchten, erkrankt zu sein. Oft komme die Diagnose zufällig zustande, bei Ulrike Ahrens beispielsweise nach einem Sturz im Badezimmer. Die 72-jährige Frohngauerin weiß seit 22 Jahren von ihrer Erkrankung.

Ihr war aufgefallen, dass sie schlechter riechen und schmecken konnte – ein typisches Symptom, wie sie heute weiß. Später kommen zitternde Hände dazu, steife Bewegungen, schleppender Gang, ein starres Gesicht. Gerade der unsichere Gang führe dazu, dass Parkinson-Kranke oft für Betrunkene gehalten werden. Mit der Folge, dass sich manche nicht mehr unter Menschen trauten und einsam würden. „Parkinson verändert auch das Wesen“, sagt Gabriele Franzen. Die Spontaneität lasse nach, die Fröhlichkeit gehe verloren: „Die muss man dann herauskitzeln.“ Auch dafür seien die Stammtische da.

Der Austausch dort, aber auch die Vorträge dienten dazu, die Betroffenen über ihre Rechte zu informieren. Viele wüssten etwa nicht, dass sie Anspruch darauf haben, einmal jährlich in eine Akutklinik zu gehen. Ein Problem für die Erkrankten sei auch der Mangel an Neurologen, gerade in der Eifel. Doch die beiden Frauen haben auch eine gute Nachricht: „An Parkinson stirbt man nicht. Man kann damit alt werden.“