AboAbonnieren

BilanzSo hat sich die Arbeit aus Sicht des Polizeichefs im Kreis Euskirchen verändert

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt Harald Mertens während einer Pressekobnferenz.

Euskirchens Polizeidirektor Harald Mertens macht im Januar Schluss. Einen Nachfolger gibt es noch nicht.

In drei Monaten hängt Harald Mertens, Polizeidirektor in Euskirchen, seine Uniform an den Nagel. Für die Zeit im Ruhestand hat er viele Pläne.

Noch etwa drei Monate – dann holt Harald Mertens seine Uniform ein letztes Mal aus dem Schrank. Im Januar endet nach mehr als 45 Jahren die Dienstzeit des Polizeidirektors, der in den vergangenen sechs Jahren die Geschicke der Polizei im Kreis Euskirchen geleitet hat.

„Ich werde erst mal nichts machen“, sagt Mertens mit Blick auf die bevorstehende Pension, auch wenn der 61-Jährige die noch möglichst weit von sich wegschiebt. Zumindest versucht er es, in dem er immer mal wieder im Gespräch fallen lässt, dass er erst im nächsten Jahr gehen werde. Ende September ist das aber auch nur der Versuch, der Tatsache nicht mit allerletzter Konsequenz ins Auge zu sehen.

Polizist Harald Mertens lebt seinen Traumberuf

Als Kind habe er aus seinem Kinderzimmer immer wieder den Wachwechsel an der Polizeiwache gegenüber beobachtet. Da sei schon der Entschluss gefallen, auch einmal Polizist werden zu wollen. Und genau so kam es dann auch. Es habe nicht einen Tag gegeben, an dem er diesen Wunsch bereut habe. „Man kann den Menschen helfen, man kann sie beschützen. Man kann auf seine Art dazu beitragen, dass es in der Gesellschaft gesittet zugeht“, erklärt Mertens: „Es gibt natürlich Tage und Phasen, da hat man das Gefühl, dass man fremdgesteuert ist, weil man so viel zu tun hat.“

Allein die Tatsache, dass man viel mit Menschen zu tun habe, sei ein spannender Aspekt des Berufs. „Es kommt nie Langeweile auf. Kein Tag ist wie der andere. Das ist wirklich so“, sagt Mertens: „Und man lernt nie aus.“

Flut im Kreis Euskirchen auch für die Polizei eine Herausforderung

Natürlich habe er nach mehr als vier Jahrzehnten Polizeidienst schon mal gedacht, dass er alles erlebt habe. Aber man lerne in diesem Beruf doch nicht aus. „So etwas wie die Flutkatastrophe im Juli 2021 war außerhalb meines Vorstellungsvermögens“, sagt Mertens voller Ehrfurcht – auch vor dem von den Kollegen Geleisteten.

Als Mertens vor 45 Jahren erstmals die Polizeiuniform überstreifte, war die Welt noch eine andere. „Damals gab es noch das geteilte Deutschland. Das war auch bei der Polizeiarbeit eine andere Welt“, so Mertens. Der europäische Einigungsprozess und der Wegfall der Grenzen zu den Nachbarländern sei grundsätzlich sehr positiv. „Ich kann mich noch daran erinnern, dass man auf der Urlaubsfahrt nach Frankreich oder der Fahrt nach Holland oder Belgien kontrolliert wurde. Und man auch fürchten musste, zu viele Zigaretten gekauft zu haben“, so Mertens: „Man wird nicht mehr kontrolliert. Das ist eine riesen Errungenschaft.“

Das bedeute aber, dass diese Freizügigkeit auch von Menschen genutzt werde, die Ungutes im Schilde führen, wie Mertens es ausdrückt. Auch der Zusammenbruch des Warschauer Paktes und die Öffnung der Grenzen im Osten habe sich auf Deutschland und die Polizeiarbeit ausgewirkt.

Es ist alles globaler geworden. Wenn ich abends Nachrichten schaue und in Ramallah passiert etwas, dann weiß ich, dass das irgendwie Auswirkungen auf meine Arbeit hat – beispielsweise durch Sensibilisierungserlasse.
Harald Mertens, Polizeidirektor in Euskirchen

„Es ist alles globaler geworden. Wenn ich abends Nachrichten schaue und in Ramallah passiert etwas, dann weiß ich, dass das irgendwie Auswirkungen auf meine Arbeit hat – beispielsweise durch Sensibilisierungserlasse“, erklärt Mertens. Zudem habe sich durch die Digitalisierung die Polizeiarbeit geändert. „Früher war es egal, ob in China ein Sack Reis umfällt. Heute ist das anders, weil das Auswirkungen auf die Sicherheitslage hier vor Ort haben kann“, berichtet Mertens.

Durch den technischen Fortschritt habe sich auch die Art des Verbrechens geändert – und dürfte sich noch weiter verändern. „Ganz salopp gesagt: Der Einbrecher oder Verbrecher, der einem früher einen mit dem Knüppel über den Kopf gehauen hat, um das Portemonnaie abzunehmen, der wird es künftig schwieriger haben, weil die Menschen kein Geld mehr bei sich tragen, sondern nur noch digital oder per Karte zahlen“, so Mertens.

Euskirchener Polizeidirektor will im Ruhestand mehr Sport treiben und kochen

Viele Vermögens- und Betrugsdelikte finden dem Polizeidirektor zufolge längst digital statt. „Nahezu täglich haben wir es in Euskirchen mit Erpressungen zu tun, die sich auf digitale Inhalte beziehen – beispielsweise auf den Suchmaschinenverlauf einer Person. Dann wird damit gedroht, diesen Verlauf zu veröffentlichen“, erklärt Mertens: „Das sind Kriminalitätsformen, die konnte es damals nicht geben, weil es diese Art der Medien nicht gab.“

Zurück in die Zukunft, wenn im Januar 2025 die 45-jährige Dienstzeit endet. „Meine Frau hat sich auch schon Gedanken darüber gemacht, was ich machen kann, wenn ich in Pension bin. Sie hat da schon tolle Ideen, wie ich mich einbringen kann“, sagt Mertens augenzwinkernd. Er selbst habe sich neben dem Nichtstun vorgenommen, mehr Sport treiben zu wollen. Oder auch zu kochen. „Da freue ich mich drauf“, sagt er.

Landrat Markus Ramers, der gleichzeitig auch Chef der Polizeibehörde ist, trauert Mertens schon jetzt nach. „Unsere Polizeibehörde ist unglaublich gut organisiert. Das liegt vor allem am Abteilungsleiter, der darauf achtet, dass die einzelnen Direktionen gleichermaßen und ausgewogen berücksichtigt werden“, sagt Ramers: „Und was mir aufgefallen ist: Gefühlt kennt Harald Mertens bei der Polizei NRW-weit jeden. Dieses Netzwerk hilft uns als recht kleine Behörde natürlich enorm.“ Wie der Landrat zudem berichtet, gibt es noch keinen Nachfolger für den scheidenden Harald Mertens.