AboAbonnieren

Bistum AachenSchleidener Pfarrer kritisiert Nennung mutmaßlicher Missbrauchstäter

Lesezeit 4 Minuten
Pfarrer Philipp Cuck steht in der Sakristei, im Hintergrund hängt ein Bild, das den Aachener Bischof Dr. Helmut Dieser zeigt.

Pfarrer Philipp Cuck lobt den Aufklärungswillen des Aachener Bischofs Dr. Helmut Dieser, der hier im Hintergrund auf dem Bild zu sehen ist. Die Veröffentlichung von Namen mutmaßlicher Täter sieht Cuck allerdings kritisch.

Die Veröffentlichung der Namen von mutmaßlichen Missbrauchstätern im Bistum Aachen habe Irritationen ausgelöst, sagt Pfarrer Philipp Cuck.

Es sei ein Schock gewesen, sagt Pfarrer Philipp Cuck. Aus den Medien habe er davon erfahren, dass sein Bischof eine Namensliste mit verurteilten und verdächtigten Geistlichen veröffentlicht hat, die sich der sexualisierten Gewalt schuldig gemacht haben sollen, berichtet der Pfarrer der Gemeinschaft der Gemeinden Hellenthal/Schleiden (GdG) im Gespräch mit dieser Zeitung: „Gerade unsere älteren Geistlichen, die hier bei uns in der Eifel leben, hat das sehr schockiert.“

53 Namen stehen auf der Liste, eine Reihe der dort aufgeführten Geistlichen haben in ihrer Vita auch an Orten aus dem Kreis Euskirchen gewirkt. Mit der Veröffentlichung will das Bistum nach eigenem Bekunden die Aufarbeitung vorantreiben und den Betroffenen Mut machen, sich mitzuteilen.

Ganz klar: Die Opfer stehen an der ersten Stelle. Die Aufklärung muss sein.
Pfarrer Phillip Cuck

Cuck selbst blickt auch differenziert auf das Vorgehen des Bistums Aachen. „Ganz klar: Die Opfer stehen an erster Stelle“, sagt der 75-Jährige: „Die Aufklärung muss sein.“ Dass Bischof Dieser die Aufarbeitung des Missbrauchs intensiv betreibe, sei dessen großer Verdienst, sagt Cuck: „Wir als Kirche haben uns in den Jahrhunderten immer moralisch auf einen hohen Sockel gestellt, da ist es völlig klar und auch richtig, dass wir jetzt so hart auftitschen. Das haben wir nicht anders verdient.“

Und doch tue er sich schwer mit der Veröffentlichung der Liste. Ihn störe, dass darin neben den Namen von strafrechtlich verurteilten Tätern auch Geistliche genannt werden, die als mutmaßliche Täter bezeichnet werden, weil sie der Taten beschuldigt werden.

„Das widerspricht meinem Rechtsempfinden“, stellt Cuck klar. Zumal in der Liste aus Gründen des Persönlichkeitsrechts ausschließlich Namen von Geistlichen genannt werden, die länger als zehn Jahre tot sind. „Die können sich nicht mehr wehren“, so der 75-Jährige.

Aachener Dompropst Rolf-Peter Cremer besonders über Fall in Kall-Sistig geschockt

Er hätte es ohnehin besser gefunden, wenn sich von Anfang an die Staatsanwaltschaft stärker der Missbrauchsvorwürfe in der Kirche angenommen hätte beziehungsweise eingeschaltet worden wäre. Die Aufklärung der Fälle wäre dann wahrscheinlich besser gelaufen. „Ich bin mir aber auch sicher, dass sie die Namen von mutmaßlichen Tätern nicht veröffentlicht hätte“, so Pfarrer Cuck, der aber nochmals betont: „Ich bin dafür, dass aufgeklärt wird, es geht mir nur um das Wie.“

Das Bistum hatte bei der Veröffentlichung der Liste erklärt, dass bei den aufgelisteten Geistlichen entweder eine einschlägige staatliche oder kirchenrechtliche Verurteilung vorgelegen hätten: „Dann wird die Person als ‚Täter‘ bezeichnet.“ Oder es gebe mindestens einen positiv beschiedenen Antrag auf Anerkennung des Leids von der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) auf Bundesebene: „Dann wird die Person als ‚mutmaßlicher Täter‘ bezeichnet.“

Der im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung erfolgte Bescheid stelle für die Bistumsleitung einen hinreichenden Tatverdacht für die Annahme dar, dass es sich um einen mutmaßlichen Täter handele, hießt es in der Mitteilung weiter.

Bistum Aachen erläutert, warum auch Beschuldigte auf der Liste genannt werden

„Wir handeln transparent, konsequent und umfassend. Kein Täter soll unentdeckt bleiben“, unterstreicht Generalvikar Dr. Andreas Frick.„Unsere Kriterien greifen das Aufklärungs- und Informationsinteresse der Betroffenen auf und halten zugleich einer juristischen Überprüfung stand“, erklärt der Generalvikar weiter.

Kirchengemeinden, in denen Täter oder mutmaßliche Täter eingesetzt waren, hätten nun die Möglichkeit, sich mit diesem Teil ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. „Betroffene und Gemeinden haben einen berechtigten Anspruch auf Aufklärung und Information“, so Andreas Frick.

Der amtierende Aachener Dompropst Rolf-Peter Cremer ist in Kall-Sistig aufgewachsen, also dort, wo der Pfarrer Johannes Berens (1883-1973) laut der Liste des Bistums Aachen mutmaßlich sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige/Schutzbefohlene ausgeübt haben soll. „Die Nachricht über seinen Namen hat mich genauso – wie ich vermute– wie viele Sistiger geschockt. Mein Mitgefühl gilt dem/r Betroffenen, dessen/deren Namen ich nicht kenne“, teilte Cremer schriftlich mit. Er habe keinen Einblick in die Akte genommen.

Als Berens als Pfarrer von Sistig entpflichtet worden sei, sei er sechs Jahre alt gewesen, so Cremer. Danach habe er Berens drei, vier Mal bei besonderen Veranstaltungen gesehen. „Ich erinnere mich auch an keine direkte, aussagekräftige Begegnung mit ihm.“