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KlimaschutzUmweltminister Krischer macht sich für Wiederbelebung des Kalkarer Moors stark

Lesezeit 5 Minuten
Die Landschaft rund um das Naturschutzgebiet „Kalkarer Moor/Grube Toni“

Die Landschaft des früheren Kalkarer Moors präsentierte sich zum Besuch von Minister Oliver Krischer von ihrer besten Seite.

Vom Klimakiller und Klimaschützer: Die Grünen in Bad Münstereifel wollen die Renaturierung des Kalkarer Moors forcieren.

Die Landschaft ließ sich nicht lumpen. Strahlend blauer Himmel, Sonnenstrahlen, die sich den Weg durchs Geäst bahnen, um auf den Boden spannende Schattenspiele zu erzeugen, und einige interessante Vögel in der Luft, als wollten sie gezielt den prominentesten der Besucher erfreuen: NRW-Landesumweltminister Oliver Krischer ist schließlich ein begeisterter Ornithologe. „Wir haben einiges aufgeboten“, sagte Peter Schallenberg mit einem breiten Lächeln.

Christian Schubert, Yazgülü Zeybek und Oliver Krischer im Gespräch.

Unterstützen ihre Parteikollegen im Kreis Euskirchen beim Vorhaben „Renaturierung Kalkarer Moor“: Bundestagskandidat Christian Schubert (v.l.), Grünen-Landeschefin Yazgülü Zeybek und Landesumweltminister Oliver Krischer

Der Bad Münstereifeler Grünen-Chef hatte zu dem Treffen seine Parteikollegen in die Nähe des Kalkarer Moores eingeladen – und neben Krischer kamen Grünen-Landeschefin Yazgülü Zeybek und Bundestagskandidat Christian Schubert sowie einige Grüne aus dem Kreis und weitere interessierte Bürger, die sich selbstverständlich so bewegten, wie es sich in einem Naturschutzgebiet gehört.

Nach gut einer Stunde strahlte dann nicht nur die Sonne, denn Krischer machte allen Mut, die Renaturierung des Kalkarer Moors zu forcieren. „Es gehört auf jeden Fall dazu“, sprach der Minister das passende Moorschutzkonzept des Landes an. Ihn mussten Schallenberg und Mitstreiter auch gar nicht groß überzeugen: Aktive Moore, so Krischer, seien „Alleskönner“. Während sie im ausgetrockneten Zustand klimaschädliches Kohlendioxid in die Atmosphäre entließen, nähmen sie im renaturierten Zustand den Klimakiller auf – mehr noch als Wälder, wie eine Teilnehmerin der Exkursion betonte.

Ampelregierung in Berlin stellte 2,5 Milliarden Euro bereit

„Moore sind auch wichtige Lebensadern für seltene und gefährdete Arten und ein wichtiger Wasserspeicher“, so Krischer. Wie wichtig letztere seien, hätten die Menschen in der Region im Juli 2021 bitter erfahren müssen.

Aus diesen Gründen habe die frühere Ampelregierung das Aktionsprogramm „Natürlicher Klimaschutz“ aufgesetzt und mit 2,5 Milliarden Euro ausgestattet. Dass davon etwas in dem 70 Hektar großen Bearbeitungsgebiet in den Gemarkungen Antweiler, Arloff und Kalkar und Kreuzweingarten-Rheder   gut investiert wäre, war Konsens in der Runde.

Peter Schallenberg im Gespräch mit den Teilnehmern.

Peter Schallenberg, Chef der Grünen in Bad Münstereifel, hatte ans Moor geladen.

Auch wenn über Summen (noch) nicht gesprochen wurde, ein wesentlicher Teil werde in Flächenkauf oder Ausgleichszahlungen für die Landbesitzer fließen, weil sie dann Flächenteile nicht mehr bewirtschaften könnten. „Ja, es gibt diesen Zielkonflikt“, konzedierte ein Grünen-Mitglied aus der Kurstadt. Man wolle aber mit den Eigentümern – und nicht gegen sie – agieren.

Auch mit der Wasserwirtschaft wolle man ins Gespräch kommen. In dem betreffenden Gebiet, so Schallenberg, befänden sich zahlreiche Drainagen. Laut einer Studie des Kreises Euskirchen betrug von 1966 bis 1985 die hier durchschnittlich geförderte Grundwassermenge rund 800.000 Kubikmeter pro Jahr, zwischen 1986 und 2009 sogar mehr als 1,3 Millionen Kubikmeter. Derzeit dürften 750.000 Kubikmeter im Jahr gefördert werden, so Schallenberg.

Nordrhein-Westfalen: 43.000 Hektar können renaturiert werden

„In einem ersten Schritt müssten also die Drainagen abgebaut werden, damit das Wasser steigt“, erklärte Krischer, zu dessen Arbeitsbereich rund 43.000 Hektar in NRW gehören, die als Moore renaturiert werden könnten. Wenn das Wasser dann gestiegen sei, bedürfe es eine lange Zeit der Pflege, „damit es nicht zuwächst“ – teils durch Spezialfirmen, teils, wenn möglich, durch ehrenamtlichen Einsatz, so der Minister: „Das ist ja hier in weiten Teilen schon passiert“.

Unter anderem habe sich die Ortsgruppe Bad Münstereifel des Kreisverbandes für Natur- und Umweltschutz mit ihrem Vorsitzenden Norbert Liebing sehr verdient gemacht, so Schallenberg.

„Wichtig ist, dass es einen Projektträger gibt“, erläuterte Krischer: etwa eine Kommune, eine Stiftung, eine Privatinitiative oder die Biologische Station. Vor finanziellen Eigenanteilen müsse sich niemand fürchten, gab er in Zeiten leerer kommunaler Kassen Entwarnung: Die Mittel kämen aus Berlin, die Kofinanzierung vom Land. Sie hoffe schon sehr, betonte die Bad Münstereifeler Grüne Kerstin Oerter, dass das Bundesprogramm auch bei einer neuen Bundesregierung Bestand haben werde: „Die Natur denkt in längeren Zeiträumen als vier Jahre.“

Kreis Euskirchen: Renaturierung machbar, aber es braucht Geduld

Das sieht auch Christian Schubert so. „Beim Klimaschutz reden wir viel über erneuerbare Energie, was ja auch richtig ist. Aber der natürliche Klimaschutz ist auch wichtig“, sagte der Bundestagsdirektkandidat im hiesigen Wahlkreis. „Wir hoffen“, so eine Teilnehmerin, „dass sich hier wieder Torfe bilden. Wir haben hier nämlich keine mehr.“

Doch wenn der Weg erstmal eingeschlagen sei, berichtete Krischer von ähnlichen Vorhaben anderorts, seien auch rasch erste Erfolge zu sehen: „Es ist erstaunlich, wie schnell das geht und Moose wiederkommen.“ Bis sich dann etwas aufbaue, dauere es dann natürlich einige Zeit.

„Der größte Engpass“, so heißt es in der Studie des Kreises, „stellt sich vermutlich bei der botanischen Entwicklung, weil für die Moor-Regeneration funktional bedeutsame und wertgebende Arten nur noch in geringer Zahl vorkommen und einwandern müssen.“ Insgesamt werde aber davon ausgegangen, „dass eine Renaturierung des Quellmoors zwar längere Zeiträume erfordern wird, aber nicht völlig unrealistisch ist“, so die Gutachter. Jedenfalls sei es ein sehr lohnenswertes Vorhaben, finden die Grünen.


Kalkarer Moor: Wasserentnahme ließ Flora und Fauna weichen

Das Naturschutzgebiete „Kalkarer Moor/Tongrube Toni“ ist eines der ältesten Naturschutzgebiete im Kreis Euskirchen. „Das Gebiet ist vor allem aufgrund seiner besonderen Flora bekannt und fand bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in der botanischen Literatur Erwähnung“, heißt es in einer Studie des Kreises.

Die Entwicklung des Kalkarer Moors war demnach mit einem laufenden Rückgang der spezifischen Flora und Fauna verbunden. Hauptgrund für den Niedergang sei die Grundwasserentnahme. Bereits 1918 sei die Austrocknung des Quellmoors beklagt worden.