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BodendenkmälerIn Bad Münstereifel wurde durch die Flut Historie frei gespült

Lesezeit 3 Minuten
Norbert Liebing steht außerhalb der Stadtmauer und legt die Hand auf die Erftmauer. Im Hintergrund sind die Rundbögen der Schoßpforte zu erkennen.

An der Stadtmauer sind über den Rundbögen Löcher zu erkennen. Dort war der Wehrgang früher befestigt, weiß Norbert Liebing.

Norbert Liebing, Ehrenamtler der LVR-Bodendenkmalpflege, hält am 28. Januar in Euskirchen einen Vortrag zu Funden in Bad Münstereifel.

Die Flutkatastrophe im Juli 2021 hat Tod, Zerstörung und Leid über viele Menschen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gebracht. Dieses historische Ereignis hat aber auch einiges zutage gefördert, was von den meisten längst vergessen war. Denn entweder durch die Zerstörung unmittelbar durch das Wasser oder die Reparaturmaßnahmen danach kam unter der Erde versteckte Historie zum Vorschein.

Im von der Flut stark betroffenen Bad Münstereifel geschah das gleich an mehreren Stellen. Norbert Liebing, früher Lehrer am St.-Angela-Gymnasium und als Ehrenamtler für die LVR-Bodendenkmalpflege tätig, hat sich in den vergangenen dreieinhalb Jahren auf Spurensuche begeben. Was er entdeckt hat, darüber wird er für den Kreisgeschichtsverein in einem Vortrag im Casino in Euskirchen berichten.

Ein Gang führte und der Stadtmauer in Bad Münstereifel hindurch

So wurde Liebing unter anderem an der Oberen Schoßpforte fündig. Dort rauscht die Erft an normalen Tagen durch die beiden Rundbögen und landet über Wasserfälle im tieferen Bett. Der 14. Juli 2021 war aber kein normaler Tag. Die Erft kam zusätzlich noch durch das Heisterbacher Tor. Zwischen Tor und Werkbrücke befindet sich auch ein Haus, das in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Ein Stolleneingang befindet sich unterhalb der Stadtmauer. Im Hintergrund fließt die Erft über die Wasserfälle in die Stadt.

Den Stollen unter der Stadtmauer hat Liebing ausgemessen und gezeichnet.

Als im Rahmen der Renovierung der Putz abgeschlagen wurde, kam zum Vorschein, dass das Haus Werkbrücke 1 im linken Bereich der oberen Etage auf der Stützmauer des Werksbogens beruht und sie links und hinten die Außenmauer des Hauses bildet. Im Keller des Hauses machte Liebing einen anderen Fund: Dort befinden sich Felsen, die seiner Kenntnis nach vom Wasser umspült wurden. Unter dem Werk bis zum Haus führte einst wohl ein Gang, keine 1,50 Meter hoch, durch den Wasser fließen konnte.

Im Werk tagten die Schützenbrüder und es war Hospital und Lazarett

Das Werk selbst, auch Gaffel genannt, war einst stattlicher Tagungsraum der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft, später Hospital und Lazarett. Beim Hochwasser 1818 wurde das Werk zerstört und nicht wieder aufgebaut.

Schon bekannt war Liebing der Eingang zum Stollen, der durch den immer noch vorhandenen Zugang von der Heisterbacher Straße erreicht werden kann und von innen unter der Stadtmauer hindurchführt. Nach der Flut war gut erkennbar, wo er endete, denn ein tiefes Loch war entstanden. „Gewisse Kenntnisse hatte ich vorher schon, jetzt weiß ich aber Genaueres“, so Liebing

Denn mit Wathose bekleidet und mit Fledermausexperte Markus Thies im Schlepptau begab sich der Ex-Lehrer auf Expedition in den Stollen, in dem immer das Wasser steht. Fledermäuse fanden die beiden zwar nicht. Dafür haben sie den Stollen ausgemessen, und Liebing hat ihn hinterher gezeichnet. „Der Gang muss beim Bau der Stadtmauer mit angelegt worden sein, das kann nicht nachträglich geschehen sein“, sagt Liebing. Und er ist sich sicher: Unter den Füßen war Kopfsteinpflaster spürbar.

Auch an der jetzigen Freitreppe und auf dem Salzmarkt gab es Funde

Betrachtet man die Stadtmauer von außen an der Stelle, an der sich einst das Werk befand, ist erkennbar, dass der Wehrgang angebracht war und nicht wie heute über die Mauer führt. Und inmitten der Rundbogen befindet sich eine Spalte. Dort konnte man die Schoßpforte mit einem Gatter verschließen.

Aber Liebing wird auch über andere Bereiche sprechen. Etwa die Stelle, wo sich jetzt die Freitreppe befindet. Bei den Arbeiten dazu wurden meterlange Holzpfosten herausgebaggert. Weil der Baggerführer diese nicht bemerkt haben will, gab es keinen Baustopp. Die Pfosten wurden hinterher untersucht.

Freigelegt wurden auch Fundamente des früheren Satzvey'schen Hauses auf dem Salzmarkt. Dieses war 1866 abgerissen worden, um die Durchfahrt zu verbreitern. In der Nähe befand sich auch eine Straßenmühle, über die Liebing sprechen wird.

Der Vortrag „Durch Hochwasser freigelegte archäologische Befunde: Spurensuche in Bad Münstereifel“ von Norbert Liebing findet am Dienstag, 28. Januar 2025, 18 Uhr, im Casino Euskirchen (Kaplan-Kellermann-Straße 1) statt. Der Eintritt ist frei.