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Folgen der FlutIm Münstereifeler St.-Angela-Gymnasium findet Unterricht auf einer Baustelle statt

Lesezeit 6 Minuten
Es ist ein Teil des Pädagogischen Zentrums zu sehen.

Sehnsucht nach dem PZ: Das Pädagogische Zentrum ist derzeit Sportgerätelager und wird Ende 2024 fertig.

Seit der Flut verändert sich viel am St.-Angela-Gymnasium. In vielen Bereichen gilt sie als Chance um den Schulalltag langfristig zu verbessern.

Die Flutkatastrophe als Chance nutzen: Das gilt vielerorts im Kreis Euskirchen. Dazu braucht es aber auch Visionäre, die diese Chancen erkennen. Bernhard Helfer, Schulleiter des St.-Angela-Gymnasiums in Bad Münstereifel, und seine Stellvertreterin Carolin Neswadba sind dazu geworden.

„Wir haben die Pläne genommen und dann mit Bleistift eingezeichnet, wie wir uns die Schule vorstellen“, berichtet Helfer. Wiederholt kam der Faktor Zufall dazu. Als im Pädagogischen Zentrum (PZ) die Wände zum PZ-Anhänger, wie die Lernräume Richtung Schulhof genannt werden, herausgerissen wurden, fiel auf, wie viel Licht hereinfällt. Das sollte nie wieder zugebaut werden.

Schule will Gemeinschaft erzeugen

Die Lernräume finden nun Platz in der bisherigen Mensa, die wegfällt. „Und so erobert man sich den ganzen Schulbereich“, sagt Helfer. Dort, wo früher die Raucherecke war, hinter der Turnhalle, gibt es jetzt einen Weg, alle paar Meter ein paar Taschen, die mit Sitzgarnituren versehen werden. So entsteht ein Rundweg um die Schule herum. Überall findet man Bänke und Podeste.

Es sind mehrere Menschen zu sehen, die den neuen Fußweg erkunden.

Hier geht’s rund: Bernhard Helfer (l.) zeigt den Gästen aus Kaiserswerth den neuen Fußweg rund ums Schulgelände.

Der Schule liegt viel daran, Gemeinschaft zu erzeugen. Doch das Neue darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass aktuell alles noch etwas anders ist als im Normalfall. Stück für Stück geht es mit den Arbeiten aber voran. So wird noch vor den Sommerferien die Turnhalle wiedereröffnet. Das ist auch dringend nötig, denn sie wird für die Abiturfeier ebenso gebraucht wie für die Verabschiedung von Bernhard Helfer, der sich seine letzten beiden Dienstjahre auch anders vorgestellt haben dürfte, aber sagt: „Ich kann nun guten Gewissens gehen.“

Wechselbad der Gefühle

Die vergangenen beiden Jahre waren nicht einfach. Es gab viel Wut und Verzweiflung, aber auch Freude. „Manchmal alles zusammen an einem Tag“, so Helfer. „Besonders die Winter waren hart“, ergänzt Neswadba. Das lag auch daran, dass es im Schulgebäude keine Toiletten mehr gab und die Schüler auf außenliegende „Kirmescontainer“, wie Helfer sie nannte, gehen mussten. Und da kam es schon mal vor, dass die Leitungen zufroren.

„Die Kinder haben mir leid getan, man will ihnen ja auch eine gewisse Würde ermöglichen“, sagt Helfer, für den es „ein Fest“ war, als die Außentoiletten nicht mehr benötigt wurden. Container gibt es nur noch im hinteren Bereich. Dort wird die Oberstufe unterrichtet. Im Schuljahr 2024/25, Helfer tippt auf die Zeit zwischen Herbstferien und Jahreswechsel, soll das PZ wieder funktionsfähig sein.

Sportunterricht auf dem Schulhof

Aktuell wird es als Lagerstätte für den Sportunterricht genutzt, der auf dem Schulhof stattfindet. Der Sportplatz selbst wurde zerstört. Noch in diesem Jahr wird ein Soccercourt errichtet, der vom Rotary Club gespendet wurde. Wenn das PZ fertig ist, verschwinden auch die Staubschutzwände rund um die Empore. Alles wird wieder heller und freundlicher.

Es ist ein Teil der Schulkapelle zu sehen.

Kurz vor der Wiedereröffnung steht die Schulkapelle.

Erst nach der Fertigstellung des alten Trakts kann mit der Sanierung der Musikräume begonnen werden, in denen aktuell die Verwaltung untergekommen ist. „Wir sind froh, dass unser Träger, das Erzbistum Köln, so großzügig ist“, sagt Helfer. Stand jetzt geht die Schulleitung davon aus, das es noch zwei Jahre dauert, bis die Arbeiten an der Schule abgeschlossen sind.

Loyalität gilt den Schülern

„Die Loyalität gilt unseren Schülern.“ Das war der Leitspruch, der für Helfer und Neswadba immer verbindlich war. Deshalb werden sie auch mit eingebunden. So erarbeitet eine Gruppe aus Lehrern und Schülern, wie der Schulhof gestaltet werden soll. „Wir wollen auf jeden Fall weniger Pflaster“, lässt Carolin Neswadba schon durchblicken. Und manchmal muss man auch Ideenreichtum zeigen.

Richtige Schultafeln gibt es im St.-Angela-Gymnasium nicht mehr, weder aus Schiefer noch digital. Stattdessen große Monitore, die in einen Holzaufbau integriert werden. Rechts und links von den Bildschirmen wurden Magnettafeln angebracht, die beschreibbar sind. Ansonsten überlegt man sich derzeit ein Konzept, wie der Unterricht digitaler werden kann.

Der Zusammenhalt seit der Katastrophe ist laut Schulleiter Helfer groß geblieben zwischen den 729 Schülern und den Lehrern. Das Geheimnis? „Wir beginnen die Woche gemeinsam“, sagt der scheidende Schulleiter. Gemeint ist die Andacht jeden Montag auf dem Schulhof.


Die Flut ist an Schulen noch allgegenwärtig

Neben dem St.-Angela-Gymnasium waren auch die Haupt- und Realschule sowie das St.-Michael-Gymnasium in Bad Münstereifel von der Flutkatastrophe betroffen. Anders als am Angela sind bei den anderen Schulen in der Kurstadt die Schäden größtenteils beseitigt. Aber selbst als der Schlamm noch an den Scheiben klebte, der Sperrmüll vor dem Gebäude lag, wurde schon wieder unterrichtet.

Es ist die Zerstörung nach dem Hochwasser an der Marienschule Euskirchen zu sehen.

Die Schäden an der Marienschule waren groß.

„Diese Normalität war für die Schüler unheimlich wichtig“, sagt Andrea Cosman, Leiterin der Realschule in Bad Münstereifel. Gleiches berichtet Brigitte Wilhelms von der Grundschule in Gemünd: „Wir mussten einfach wieder beginnen. Das waren wir den Kindern schuldig.“

Pendeln zwischen Schulen

An der Marienschule in Euskirchen betreffen die Einschränkungen nach dem Hochwasser vor allem noch die Turnhalle. An dem Gymnasium wird der Sportunterricht auch im kommenden Schuljahr nicht möglich sein. Kompensiert wird das mithilfe von anderen Schulen. „Wir pendeln zwischen fünf Sporthallen hin und her“, sagt Schulleiter Michael Mombaur.

Eine Lösung, die für alle Beteiligten nicht ideal sei, sagt Mombaur: „Die Nerven liegen blank. Die Kollegen haben seit Corona keine Knautschzone mehr. Die ist weg.“ Insgesamt laufe der Sportunterricht aber gut – auch dank der Zusammenarbeit mit der Stadt, versichert der Leiter der Marienschule.

5,2 Millionen Euro für den Wiederaufbau

„Jeden Tag pendeln hier mehrere Busse, manchmal zeitgleich in unterschiedliche Hallen. Wenn dann mal ein Bus nicht kommt, dann ist man schnell genervt“, sagt Mombaur. Die größten Schäden nach der Flut gab es an den Berufskollegs in Euskirchen und Kall. Mehr als 140 Millionen Euro sind im Wiederaufbauplan des Kreises veranschlagt. Auch die Förderschulen in Schleiden und Euskirchen wurden in Mitleidenschaft gezogen.

Genau wie beispielsweise an der Astrid-Lindgren-Schule ist der Unterricht an den Berufsschulen teilweise noch provisorisch. In Kall und Euskirchen wird zudem an den Berufsschulen die pädagogische Neuausrichtung vorangetrieben. Die Turnhalle des Johannes-Sturmius-Gymnasiums in Schleiden ist mittlerweile wieder im Schulbetrieb.

Mehr als 5,2 Millionen Euro wird die Maßnahme laut Wiederaufbauplan der Stadt kosten. Außerdem erhielt die Turnhalle mit „Oleftal-Halle“ einen neuen Namen. Bei der Katastrophe waren das Kellergeschoss der Turnhalle komplett und das Erdgeschoss bis zu einer Höhe von 1,60 Meter geflutet worden. Dabei waren die Elektroinstallationen, die Heizung- und Lüftungsanlage und die Umkleiden zerstört worden, ebenso wie die Spiel- und Sportgeräte in der Halle. (tom)


Die Serie

Sind Schulen im Kreis Euskirchen eine Problemzone oder ein Wohlfühlort? Welche Herausforderungen gilt es für sie derzeit zu meistern, und wie steht es um die Digitalisierung an den Schulen? Und was ist eigentlich ein Bündelungsgymnasium? Sind Hauptschulen nötig?

Fragen, die die Redaktion in mehreren Teilen beantwortet und dabei einen größeren Blick übers Vokabelheft hinaus wirft. (tom)