Die Arbeit im Kreishaus und in den Rathäusern Schleiden und Euskirchen ist nach einer Hacker-Attacke beeinträchtigt – wie lange, ist unklar.
Angriff auf RechenzentrumWie die Cyber-Attacke sich im Kreis Euskirchen auswirkt
Die Arbeit in zahlreichen Kommunalverwaltungen in NRW ist seit dem Wochenbeginn massiv gestört. Auslöser war eine Cyber-Attacke auf den Dienstleister Südwestfalen-IT (SIT), an dessen Rechenzentrum auch der Kreis Euskirchen sowie die Städte Euskirchen und Schleiden angeschlossen sind.
Insgesamt seien 72 Kreise und Kommunen betroffen, meldete die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf Angaben des Unternehmens, das seinen Sitz in Hemer hat. Der Hacker-Angriff sei in der Nacht zu Sonntag entdeckt worden. Um die Verbreitung von Schadsoftware zu verhindern, wurden die Verbindungen zwischen der SIT und ihren Kunden gekappt.
Der Stadt Euskirchen stehen einige wichtige Programme nicht zur Verfügung
Seither sind die digitalen Systeme der Verwaltungen zum Teil lahmgelegt. In Euskirchen stehen der Stadt, wie sie am Dienstag mitteilte, einige wichtige Programme nicht zur Verfügung. Die eigenen Systeme seien von dem Angriff nicht betroffen, teilte IT-Abteilungsleiterin Silke Winter mit.
Am Montag konnte die Stadt weder E-Mails versenden noch empfangen. Für dieses Problem sei jedoch noch am selben Tag eine Lösung geschaffen worden, „so dass die Verwaltung nun wieder normal erreichbar ist“, so Winter. Dies gelte allerdings nicht für das Service-Portal auf der städtischen Homepage.
In Euskirchen tagt der Stab für außergewöhnliche Ereignisse
Schon am Montag war unter der Leitung des Ersten Beigeordneten Alfred Jaax der Stab für außergewöhnliche Ereignisse zusammengetreten. Am Dienstag beriet die Runde erneut, sowohl am Vormittag als auch am Nachmittag, wie Jaax auf Anfrage sagte. Wie lange die Störung noch dauern könne, sei nicht abschätzbar, erklärte Jaax.
Die Dienststellen seien in unterschiedlicher Intensität von dem Ausfall betroffen, so Winter. Eines treffe auf alle Bereiche zu: Sie könnten momentan weder Auszahlungen tätigen noch Einnahmen verbuchen.
Das Bürgerbüro Euskirchen bearbeitet Passangelegenheiten nur in Notfällen
Die Folgen der Hacker-Attacke treffen vor allem das Bürgerbüro und das Standesamt, also jene Stellen, „in denen wir auf Einwohnermeldedaten zurückgreifen müssen“, sagte Jaax. Wie Silke Winter ergänzte, kann das Bürgerbüro derzeit keinerlei Melde- und Passangelegenheiten bearbeiten. „In absolut dringenden Notfällen von Passangelegenheiten kann das Bürgerbüro kontaktiert werden, um gegebenenfalls eine Lösung zu finden.“
Alle vereinbarten Termine für die kommenden Tage seien abgesagt worden, fügte die Abteilungsleiterin hinzu. „Neue können nicht vereinbart werden, solange nicht feststeht, wie lange die erforderlichen Programme nicht zur Verfügung stehen.“
Trauungen finden diese Woche im Euskirchener Standesamt statt
Das Standesamt sei in der Lage, Sterbefälle so weit zu bearbeiten, dass Beisetzungen möglich seien. Winter weiter: „Geburten können ebenfalls behelfsweise bescheinigt werden. Die in dieser Woche anstehenden Eheschließungen werden durchgeführt, Eheurkunden können allerdings nicht ausgestellt werden. Vaterschaftsanerkennungen können nicht bearbeitet werden.“ In dringenden Fällen verweise die Stadt die Betroffenen an das Jugendamt.
In Schleiden kann das Bürgerbüro, das normalerweise an das SIT-Rechenzentrum angeschlossen ist, bis auf Weiteres die gewohnten Dienstleistungen nicht erbringen. Vereinbarte Termine werden abgesagt. Als typische Aufgaben des Bürgerbüros nannte der Erste Beigeordnete Marcel Wolter das Bearbeiten von Anträgen auf das Ausstellen von Reisepässen und Personalausweisen. In Ausnahmefällen könnten jedoch Nachbarkommunen einspringen, etwa wenn es um einen vorläufigen Ausweis oder um eine Meldebescheinigung gehe.
Das Bürgerbüro Schleiden beantwortet Fragen telefonisch und per E-Mail
Wer Fragen zu diesen und anderen Angelegenheiten hat, kann sich unter Tel. 02445/89400 oder per E-Mail an das Bürgerbüro wenden. Neuigkeiten werden auf der Website und auf den Social-Media-Kanälen bekannt gegeben. Dies gilt auch für die Stadt Euskirchen.
Dass in Schleiden nur das Bürgerbüro betroffen sei, sei der Strategie zu verdanken, dass die Stadt mit mehreren Rechenzentren zusammenarbeite, sagte Wolter. Als Beispiel nannte er die Kommunale Datenverarbeitungszentrale (KDVZ) in Frechen, die der Stadt die Software für Wahlen und für das Standesamt zur Verfügung stelle. „Und einige kleinere Programme haben wir auf eigenen Servern“, ergänzte der Beigeordnete.
Die Stadt Schleiden hat eine Cyber-Versicherung abgeschlossen
Die Verteilung führe dazu, dass bei einer Hacker-Attacke nicht gleich die gesamte Verwaltung getroffen werde. Die Stadt hat nach Wolters Angaben auch eine Cyber-Versicherung abgeschlossen, „denn der Aufwand für die Wiederherstellung von Daten kann je nachdem riesig sein“.
Im Kreishaus konnten sich die Mitarbeiter der Ausländerbehörde bei Dienstbeginn am Montagmorgen nicht in ihrem Fachprogramm anmelden, sondern erhielten eine Fehlermeldung. So etwas komme vor, wenn beispielsweise ein Update aufgespielt werde, erklärt Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises. Es sei also zunächst nichts Ungewöhnliches gewesen.
Im Kreishaus Euskirchen herrschten anfangs Irritationen
„Irritierend wurde es dann, als die Mails an den Dienstleister nicht zugestellt werden konnten. Da war klar, dass wir es nicht mit einem 08/15-Problem zu tun haben“, so Andres auf Anfrage. Über eine Bandansage des Dienstleisters erfuhren die Mitarbeiter laut Andres schließlich, dass ein Zugriff auf das Rechenzentrum nicht möglich sei.
„Die Kollegen mussten improvisieren und sich neu organisieren. Wer einen Termin hatte und ins Kreishaus kam, wurde persönlich darüber informiert, dass die jeweilige Dienstleistung derzeit nicht erbracht werden kann“, so Andres: „Unterlagen wurden kopiert und das jeweilige Anliegen sowie Kontaktdaten notiert, damit wir zügig handeln und einen neuen Termin vereinbaren können, wenn die Technik es uns wieder erlaubt.“
Betroffen waren nach Angaben des Kreissprechers etwa 70 Termine. Tatenlos seien die Mitarbeiter nicht. „Sie informieren zum einen die Menschen, die im Vorfeld nicht erreicht werden konnten und ins Kreishaus kommen. Zum anderen werden andere Arbeiten erledigt, etwa die Digitalisierung von Akten“, so Andres. Zudem habe man begonnen, die gebuchten Termine für Donnerstag zu stornieren.
Wie es weitergeht, steht in den Software-Sternen. Andres: „Wir haben keine näheren Informationen des Rechenzentrums, insbesondere fehlt uns eine zeitliche Perspektive, wann das System wieder sicher und einsatzbereit ist.“
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