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FachkräftemangelWie Firmen aus dem Kreis Euskirchen neue Mitarbeiter finden wollen

Lesezeit 4 Minuten
Drei Männer und eine Frau stehen in der Produktionshalle eines Unternehmens in Nettersheim.

Suchen Mitarbeiter für ihre Unternehmen: (v.l.) Rolf Klöcker, Hubert Schmidt, Verena Andree-Schwarz und Dominik Poth.

Unternehmen aus dem Kreis Euskirchen versuchen dem Fachkräftemangel ein Schnippchen zu schlagen: Ein Info-Abend findet in Gemünd statt.

Lange Schlangen beim Arzt und in der Metzgerei, lange Lieferzeiten für Waren: Der Fachkräftemangel ist mittlerweile im Alltag in vielen Bereichen zu spüren. In immer mehr Branchen ist er der Grund dafür, dass Öffnungszeiten eingeschränkt oder Angebote oder Leistungen zurückgefahren werden müssen. Viele Unternehmen und Betriebe suchen deshalb verstärkt nach Möglichkeiten, um neue Mitarbeiter oder Auszubildende zu gewinnen.

Das Thema steht auch im Fokus einer Informationsveranstaltung der Dienstleistungsgenossenschaft (DLG) Eifel am Mittwoch, 21. Juni, im Kurhaus in Gemünd.

In einem Gespräch berichteten jetzt Rolf Klöcker vom Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes und Verena Andree-Schwarz von KTS Verpackungen GmbH aus Gemünd sowie Dominik Poth von der Bohnen & Mies GmbH & Co. KG aus Dahlem und Hubert Schmidt von der DuoTherm Rollladen GmbH in Zingsheim, wie groß der Fachkräftebedarf in ihren Unternehmen ist und was sie tun, um dem Problem begegnen.

Viele Branchen sind vom Fachkräftemangel betroffen

Die vier Unternehmen haben ganz unterschiedliche Größen. Während Klöcker beim DRK für rund 1000 hauptamtliche Mitarbeiter zuständig ist, betreut Schmidt bei DuoTherm rund 250 Kollegen an mehreren Standorten im Bundesgebiet. Deutlich kleiner sind die Firmen von Poth und Andree-Schwarz mit 31 beziehungsweise 20 Angestellten.

Eins ist aber bei allen gleich: Alle Firmen suchen dringend Verstärkung. „Wir haben aktuell 15 Stellen und zehn Ausbildungsplätze unbesetzt“, sagt Klöcker. Bei DuoTherm fehlen sieben Mitarbeiter, bei Bohnen & Mies fünf und bei KTS drei. Poth hat zudem noch zwei freie Lehrstellen, Andree-Schwarz eine.

Wir haben aktuell 15 Stellen und zehn Ausbildungsplätze unbesetzt.
Rolf Klöcker, DRK-Kreisverband Euskirchen

„Wir haben schon verschiedene Maßnahmen ergriffen, um dem Problem zu begegnen“, berichtet Schmidt. Unternehmen aller Branchen würden sich austauschen und sich untereinander Tipps geben, wie man den Standort Eifel attraktiver machen kann, berichtet der DuoTherm-Personalleiter.

Hubert Schmidt: „Keiner hat sich später nach einem Ausbildungsplatz erkundigt“

„Wir machen uns viele Gedanken, wie man an die Leute herankommt“, so Schmidt: „Kürzlich haben drei Schulklassen unsere Firma besucht, und die Schüler waren auch interessiert. Aber keiner hat sich später nach einem Ausbildungsplatz erkundigt.“

„Selber ausbilden ist ganz wichtig. Und man muss in den Schulen werben und über die Berufsbilder informieren“, sagt Klöcker. „Dazu hatten wir in den vergangenen Jahren aber keine Gelegenheit“, erinnert Poth an die Corona-Einschränkungen.

Er und Andree-Schwarz haben zudem die Erfahrung gemacht, dass Ausbildungen im Handwerk und in der Produktion bei den Jugendlichen nicht gerade „im Fokus“ stehen. „Viele wollen lieber studieren. Wir haben aber die Erfahrung gemacht, dass es für den beruflichen Werdegang oft besser ist, wenn man zuerst eine Ausbildung macht und sich dann fortbildet“, erklärt Poth.

Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind höher als früher

Oft gebe es in den Köpfen leider noch veraltete Denkmuster: „Die Anforderungen sind heute in allen Berufsbildern viel höher als noch vor einigen Jahren.“ Schmidt hat aber auch Verständnis für die Jugendlichen: „Angesichts vieler neuer Berufsbilder und Studienfächer ist es nicht leicht, den Überblick behalten. Die Bewerber sind überfordert.“

„Mittlerweile ist es so, dass ich mir einen Bewerber anschaue und dann die Stelle um ihn herumbaue“, sagt Schmidt. „Wir suchen für die Bewerber bewusst Bereiche aus, für die sie sich interessieren“, ergänzt Poth. „Man muss heute als Arbeitgeber flexibel sein. Aber es gibt Grenzen, denn jedes Angebot muss man ja auch den vorhandenen Mitarbeitern unterbreiten“, betont KTS-Geschäftsführerin Andree-Schwarz.

Die Work-Life-Balance ist oft wichtiger als der Verdienst

Neben einem attraktiven Gehalt, so die Personalchefs, legen die Bewerber heute vor allem Wert auf ein gutes Arbeitsklima, Freizeitmöglichkeiten und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Die Bereitschaft, an Samstagen und Sonntagen zu arbeiten, geht trotz attraktiver Zulagen zurück“, erzählt Poth.

„Wir müssen für die Bewerber ein attraktives Gesamtpaket schnüren. Dabei geht es auch um Wertschätzung, die heute viel wichtiger ist als früher“, fasst es Klöcker zusammen. Dabei wird das Unternehmen auch zu einer Art Ersatzfamilie. „Wir unterstützen Mitarbeiter, wenn sie eine Wohnung suchen oder es Probleme bei der Pflege von Angehörigen gibt“, berichtet Schmidt. Weitere Möglichkeiten, sich interessant für neue Mitarbeiter zu machen und sie zu unterstützen, sind Arbeitgeberdarlehen, Arbeitszeitkonten und zusätzliche Leistungen wie Betriebsrenten.

„Die Unternehmen können aber nicht alles erledigen. Ich bin froh, dass darüber diskutiert wird, Werkunterricht wieder in der Schule einzuführen“, sagt die KTS-Chefin. Poth geht noch einen Schritt weiter: „Wir müssen uns als Gesellschaft die Frage stellen, ob die Schule die Jugendlichen richtig auf das Berufsleben vorbereitet.“


Diskussion im Kurhaus Gemünd

„Personalmanagement in ländlichen Regionen – Generationenübergreifende Erfolgsfaktoren“ heißt eine Informations- und Austauschveranstaltung über den Arbeitskräftemangel, zu der die Dienstleistungsgenossenschaft (DLG) Eifel für Mittwoch, 21. Juni, 13.30 Uhr, ins Gemünder Kurhaus einlädt.

Professor Dr. Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen, spricht über den Arbeitsmarkt im Wandel der Generationen. Danach wird Judith Klups, Geschäftsführerin der Zukunftsagenten, auf die Erwartungen der Generationen Y und Z an Firmen eingehen. Im Anschluss sprechen Vertreter der heimischen Wirtschaft aus mehreren Branchen über Herausforderungen und Chancen der Fachkräftesituation.

Tickets können unter Tel. 0 24 45/852 26 20 oder per E-Mail bestellt werden. Für DLG-Mitglieder ist der Eintritt frei, sonst kostet er 20 Euro. (wki)