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LVR-IndustriemuseumBrauch ich das? – Ausstellung „Must-Have“ stellt Konsum infrage

Lesezeit 3 Minuten

Euskirchen: Industriemuseum-Leiter Detlef Stender und Dr. Christiane Lamberty, wissenschaftliche Referentin, zeigen in ihrer Ausstellung wie sich Konsum über Jahrhunderte verändert hat.

Euskirchen-Kuchenheim – „Auch wenn das hier ein Industriemuseum ist, finden wir, dass Konsumkritik zu dieser Ausstellung und auch zur heutigen Zeit dazugehört“, sagt Dr. Christiane Lamberty. Sie ist wissenschaftliche Referentin der Sonderausstellung „Must-Have“ in der Tuchfabrik in Kuchenheim. 250 Jahre Konsumgeschichte auf 600 Quadratmetern können Interessierte ab Sonntag, 14. November, im Industriemuseum des Landesverbands Rheinland (LVR) besichtigen.

Ausstellung zum Konsum in Euskirchen: „Besucher zum Nachdenken anregen“

„Es geht auch darum, den Besucher zum Nachdenken anzuregen. Wie wir heute konsumieren, ist nicht selbstverständlich. Und es gibt Möglichkeiten für bewussteren Konsum“, so Lamberty. Der historische Blick auf Konsumgesellschaften soll dabei helfen. „Früher haben die meisten Menschen in Europa eine Kiste mit Habseligkeiten besessen und das war es“, weiß die Referentin: „Die meisten Gegenstände wie Werkzeug und Haushaltswaren aber auch Kleidung wurden immer wieder repariert und geflickt.“

Erst im Zuge der Industrialisierung habe sich das maßgeblich geändert. Obwohl es schon zuvor Vermarktungstechniken gegeben habe, die die Besucher bestaunen können, sagt Museumsleiter Detlef Stender. „Im 19. Jahrhundert gab es schon Modemagazine, die die neuesten Trends aus Frankreich gezeigt haben.“ Lamberty ergänzt: „Da gab es quasi schon eine Art Quelle-Katalog, wo man kleine Figürchen bestellen konnte.“

Ende des 19. Jahrhunderts habe es die ersten Marken in standardisierten Verpackungen gegeben, dann sei alles recht schnell gegangen: „Plötzlich gab es Automaten für Lebensmittel und sogar Automatenrestaurants.“ Konzepte, die in Corona-Zeiten wieder Relevanz haben, da sie den menschlichen Kontakt verringern, sagt Lamberty.

Einführung des Kühlschranks verändert Konsumverhalten

Mit der Einführung des Kühlschranks habe sich das Konsumverhalten geändert, so Stender. Verderbliche Lebensmittel konnten plötzlich gelagert werden. „Davor wurde fast täglich eingekauft. Das gehörte dann der Vergangenheit an. Auch wurde jetzt mehr eingekauft, wodurch wiederum die Läden größer wurden“, berichtet er.

Öffnungszeiten

Die Ausstellung läuft bis zum 27. November 2022 und kann dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr besichtigt werden. Erwachsene zahlen fünf Euro, für Kinder und Jugendliche ist der Eintritt frei. (enp)

Auf ihrer Reise durch die Konsumgeschichte können die Gäste der Ausstellung zudem einen Blick auf die Gegenwart werfen. „Wir gehen davon aus, dass schon bald die kleinen aber feinen Unterschiede relevant sein werden, wenn sich Menschen über ihre Konsumgüter definieren und abgrenzen“, so Stender. Diesen Trend vermuten er und Lamberty deshalb, weil viele erschwingliche Marken Produkte anbieten, die ihren hochpreisigen Pendants stark ähneln.

Ein leerer Raum: Minimalismus im Euskirchener Industriemuseum

Auch das Thema der Umweltschädigung und Müllproduktion durch Konsum wird innerhalb der Ausstellung aufgegriffen. So hat eine Schulklasse aus Engelskirchen eine Woche lang ihren Müll gesammelt, der nun in Glaskästen ausgestellt wird. Eine Fotowand zeigt die Zerstörung durch die Hochwasserkatastrophe.

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„Am Ende der Ausstellung wollten wir schauen, welche Gegenbewegungen es gibt, welche Lösungsansätze für unseren teils zerstörerischen Konsum“, sagt Lamberty. „Deshalb haben wir verschiedene ökologisch wertvolle neue Materialien wie Verpackungsmaterial aus Heu oder Ananasfasern hier.“

Zum Schluss können die Besucher noch einen leeren Raum auf sich wirken lassen, der zum Trend „Minimalismus“ entworfen wurde und ein Experiment bezüglich des eigenen Konsumverhaltens durchführen.