Mit 16 das erste Buch veröffentlichen: Diesen Traum erfüllt sich eine Schülerin aus Mechernich-Wachendorf.
Lockdown-Hobby16-Jährige aus Mechernich-Wachendorf veröffentlicht ersten Krimi
Es ist der 16. März 2020. Geschäfte und Museen sind geschlossen, die Schulen wechseln ins Home-Schooling. Lockdown. Auch Julia Abel sitzt daheim statt im St.-Michael-Gymnasium in Bad Münstereifel. Ihr ist langweilig. Schulaufgaben hat sie an diesem Tag noch nicht. „Da habe ich einfach eine Datei geöffnet und losgeschrieben.“
Drei Jahre später sitzt Julia Abel am Esstisch ihrer Familie. Corona-Einschränkungen gibt es keine mehr, der Unterricht findet längst wieder in Präsenz statt, und aus dem „Einfach drauflosgeschreiben“ ist ein ganzer Krimi geworden. „Das war nicht geplant“, sagt die heute 16-Jährige. Eigentlich habe sie gedacht, sie schreibe eine Kurzgeschichte. Doch dann sei daraus das erste Kapitel eines ganzen Buches geworden. Und wenn alles gut läuft, soll es im Sommer veröffentlicht werden.
Abel ist eine zierliche Person, trägt Brille und Zahnspange und liebt das Schreiben. Begonnen habe sie damit in den Sommerferien nach der dritten Klasse, erinnert sie sich. „Da habe ich aus Langeweile angefangen, etwas aufzuschreiben.“ Eine richtige kleine Geschichte sei daraus geworden, die sie ihrer Schwester vorgelesen habe. In den folgenden Jahren schreibt sie immer mal wieder, zur Leidenschaft wird das Schreiben mit dem Corona-Lockdown. Und auch etwas anderes beflügelt ihre junge Autorenseele: Auf dem Social-Media-Netzwerk Instagram stößt sie auf eine Bücher liebende und schreibende Community namens Bookstagram.
Mechernich-Wachendorf: 16-Jährige veröffentlicht Gedichte in Anthologien
Hier trifft Abel auf Gleichgesinnte. Schnell findet sie Freunde, tauscht sich aus über Rezensionen und Veröffentlichungsmöglichkeiten, bekommt Tipps und viel Zuspruch. „Das Ganze bestärkt mich auch.“ Dank dieser Community habe sie immer weiter an ihrem Roman gearbeitet – und nicht nur das. Social Media hat sie auch ihre ersten Veröffentlichungen zu verdanken. Im Februar erschien die Anthologie „Die zauberhafte Bibliothek“ mit Kurzgeschichten und Gedichten zum Thema Fantasy. Das erste Gedicht im Buch stammt von Abel.
Zusammengestellt wurden die Texte von zwei Autorinnen, die unter dem Namen „Die Wortelfen“ auf Social Media aktiv sind. Ihren Aufruf im Sommer 2022 sah Abel und schickte direkt etwas hin. Nur wenige Monate später reichte sie vier Gedichte bei einem Buch-Projekt ein (siehe „Cinnamon Society“). Alle vier seien angenommen worden, berichtet sie stolz. Der Gedichtband unter dem Titel „Zimt und Poesie“ erschien vergangene Woche und ist online erhältlich. Beide Sammelbände wurden im Selbstverlag publiziert.
Es gebe viele Vorurteile über selbstverlegende Autoren, ärgert sich Abel. Sie habe schon viele tolle selbstpublizierte Bücher gelesen und andersherum auch Bestseller von Verlagen, die Mist gewesen seien. „Sowohl Selfpublishing-Autoren als auch Verlagsautoren können gut oder schlecht sein“, sagt sie. Auch ihren eigenen Roman will sie im Selbstverlag veröffentlichen. Über die Plattform Books on Demand (BoD) gehe das relativ einfach. Die Bücher seien dann über die BoD-Webseite und die gängigen Portale wie Amazon oder Thalia bestellbar.
Bis Abels Krimi dort zu kaufen ist, dauert es aber noch ein paar Monate. Sie sei gerade bei der Überarbeitung, berichtet sie. Im Zentrum der Geschichte steht ein 16-jähriges Mädchen, das entführt wird. Abel erzählt aus drei verschiedenen Perspektiven: die des Mädchens, der Polizei und des Täters. „Weil ich am liebsten aus der Ich-Perspektive schreibe“, erklärt die Autorin. Den Täter mit seinen Gedanken und Gefühlen zu Wort kommen zu lassen, bringe mehr Spannung in die Geschichte. Man könne lesen, was er denke, ohne zu wissen, wer er sei.
Nervenkitzel – das mag sie auch selbst beim Lesen am liebsten. „Früher habe ich fast nur Krimis und Thriller gelesen“, sagt Abel. Über die Bookstagram-Community habe sie inzwischen aber auch viele andere Genres kennen und lieben gelernt. Neben ihren Social-Media-Freunden und ihrer Familie hat Abel noch einen Fürsprecher: ihren Deutschlehrer. „Er fragt mich ständig, wann endlich mein Buch rauskommt“, berichtet sie stolz. Später kann sie sich vorstellen, Germanistik zu studieren und bei einem Verlag zu arbeiten. Auf jeden Fall solle es etwas mit Büchern und Schreiben zu tun haben, sagt sie. Und wer weiß, vielleicht ist Julia Abel bis dahin ja längst eine gefeierte Krimi-Autorin.