Imitator des Rock 'n' Roll-StarsEifel-Elvis ist zurück in der Mechernicher Heimat
Mechernich – Eifel-Elvis ist wieder da: Für eine Woche ist Franz Nübel in seine Eifeler Heimat zurückgekehrt. Ohne Glitzeranzug, ohne Auftritt, ganz privat. Ein Treffen zu Ehren eines der Größten – im Kiosk von Nübels Schwester in Mechernich.
„Well, it’s one for the money, two for the show. Three to get ready, now go, cat, go!“ Elvis schaut erfreut auf. „Hey, Blue Suede Shoes“, kommt es sofort, ein Grinsen ist dabei. Franz Nübel – „großes N und kleines Übel“ – springt ansatzlos in den Ausfallschritt, simuliert den Griff an der Gitarre: Elvis Presley. Jedenfalls, wenn man den Liedtext von 1956 im Ohr und die dazu passende Gestik nimmt. Abgeschaut und nachgetanzt von Franz Nübel, dem Eifel-Elvis, im kleinen Verkaufsraum des Kiosks.
42 Stunden lang Elvis-Lieder gesungen
Für Franz Nübel ist „Blue Suede Shoes“ eines von rund 250 Liedern Elvis Presleys, die er sofort anstimmen und bühnenreif aufführen könnte. Nübel, gelernter Bäcker, hat seine Imitations- und Liedcoverkarriere als Jack Favor begonnen. Heute ist er einer von derzeit nach seiner Schätzung 2000 Elvis-Imitatoren hierzulande. Exklusiv hat er dieses Hobby nicht.
Das hat Nübel, mittlerweile ist er 54 Jahre alt, 2004 nicht davon abgehalten, in Kalls Traditionskneipe Gier den Weltrekord im Elvis-Dauersingen aufzustellen: 42 Stunden, 16 Minuten und 8 Sekunden. Die Zahlen kommen nicht von ungefähr: 42, weil der aus Tupelo/Mississippi stammende Rock’n’Roller so alt wurde. 16 und 8, weil er am 16. August 1977 in Memphis starb.
15 Jahre hielt der registrierte Weltrekord. „Dann kam im vergangenen Jahr einer daher und schaffte 50 Stunden und ein paar Gequetschte“, so Nübel – und der Weltrekord von Eifel-Elvis war futsch. 50 – eine Zahl wie fürs Baumstamm Weitwerfen. Welche Poesie hatte dagegen Nübels Rekordwert.
Am Kölner Tanzbrunnen erfolgreich
Unabhängig davon steht es um Eifel-Elvis nicht mehr so gut wie einst am Kölner Tanzbrunnen. Dort gewann Nübel im Sommer 1993 die legendäre „Linus’ Talentprobe“. Mit schwarzer Schmalztolle und im späten Elvis-Las-Vegas-Glitzeranzug, dazu das Timbre des Tenors, die Songs, die Tanzschritte, die rollende Hüfte – was sollte da schiefgehen?
Es war wie ein kleiner Sternenaufgang nach vielen Wettbewerben in der Provinz. Vom Erfolg habe er danach 20 Jahre leben können, so Nübel. Er tourte durch halb Europa mit bis zu 80 Auftritten jährlich.
Auftritte nur noch mit halber Kraft
Seit 2006 lebt Nübel in Hamburg, wo es aus der Sicht des Eifel-Elvis auch heute noch genug zu tun gibt: Da tritt er in Kneipen, bei Geburtstagen oder Hochzeiten auf. Doch nur noch mit halber Kraft. 2011 wurde bei ihm eine unheilbare MS-Erkrankung diagnostiziert. „Das hat uns alle aus den Latschen gehauen“, so Nübels Schwester Karola dos Santos Ramos. Zwei Jahre dauerte es, bis die Kräfte zurückkamen, da lebte der Eifel-Elvis von Hartz IV.
Karola dos Santos Ramos ist für den Bruder gerade eine Woche lang die Anlaufadresse mit ihrem kleinen Kiosk an der Bahnstraße in Mechernich. Denn mit Ausnahme eines Kurzbesuchs vor einigen Jahren nach dem Tod seiner Mutter ist Nübel nun nach 16 Jahren zum ersten Mal wieder in der Eifel. Von hier aus unternehmen die Geschwister kleine Ausflüge. Etwa nach Köln-Sürth, wo die Familie bis 1980 lebte und wo Franz Nübel, der ältere Bruder und die Schwester ihre Kindheit verbrachten.
In Hamburg sei es seit dem Ausbruch der Krankheit eben nicht mehr so wie vorher, gibt Nübel zu. Die ganz große Elvis-Show, das Abrocken auf der Bühne, die Schweiß getränkten blauen Seidenschals für die Frauen in den ersten Reihen kann er nicht mehr liefern. Nach 30 Minuten ist jetzt Schluss, die Kräfte müssen eingeteilt werden.
Ein Künstlerpseudonym wie ein Handschmeichler
Aus der großen Zeit sind so vor allem viele Erinnerungen geblieben. Alte Kassetten noch als Franz Nübel, der Elvis singt. Später CDs als „Jack Favor“, ein Künstlerpseudonym wie ein Handschmeichler. Alles ist gerade aufgebaut auf einem kleinen Tischchen im Kiosk. Und Franz Nübel springt in Elvis-Position, wild mit Armen und Beinen fuchtelnd. „Well, one for the money, two für the show“ vor den Kühlschränken mit den Getränken und neben den Regalen mit Salzigem und Süßem. Aber er hat es noch drauf.
Also habe er sich ein zweites Standbein gesucht, um den Lebensunterhalt aufzubessern, so Franz Nübel – jetzt wieder ganz zivil. Er hat sich auf Eventfotografie spezialisiert, sogar einen gültigen Presseausweis kann er bei Bedarf vorzeigen. Fotos macht er auch bei seiner Eifelwoche.
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Ob beim Besuch bei „Eifel Waldi“ in Krekel oder bei seinem 82 Jahre alten Vater im Seniorenheim in Schleiden. Immer setzt Franz Nübel dann seine selbst entworfene „Elvis Memphis“-Basecap auf und macht ein Selfie. Auf Facebook kann er es bekannt machen: Ihn, den Eifel-Elvis, gibt es immer noch. Ist es auch keine richtige Promi-Fotografie, so ist es doch wenigstens eine gute Parodie.
Traum von der Reise nach Graceland
Zurück an der Waterkant hat ihn seine Ehefrau erwartet. Sie habe schlicht keine Lust auf diese sehr persönliche „Sentimental Journey“ ihres Eifel-Elvis zu seinen Wurzeln gehabt, so der Ehemann. Ob Franz Nübel dann ein „Muss I denn zum Städtele hinaus“ anstimmt, wie einst Elvis, ist unklar und vielleicht nur kitschiges Vorurteil.
Fakt ist, dass Nübel gezielt an der Erfüllung eines besonderen Wunsches arbeitet. Im nächsten Jahr will er endlich Graceland, den legendären Wohnsitz von Elvis Presley in Memphis besuchen: „Nicht mit einer Führung, sondern mit einer VIP-Karte. Eine Stunde allein im Museum mit Elvis.“ Nübel freut sich schon drauf. Vielleicht erklingt dann ja auch „Well, one for the money, two for the show“.