Golf spielen auf alten MüllbergenEin Besuch im Abfallwirtschaftszentrum in Mechernich
- 2005 wurde die Mülldeponie in Mechernich geschlossen und das Abfallwirtschaftszentrum (AWZ) eröffnet.
- Bis zur endgültigen Stilllegung dauert es allerdings noch mehr als 60 Jahre.
- Wir haben uns mal umggeuckt.
Mechernich – „Dann kann man hier Golf spielen“, antwortet Guido Schmitz, Abteilungsleiter Tiefbau und Abfallentsorgung beim Kreis Euskirchen, auf die Frage, wie das Gelände der ehemaligen Kreismülldeponie in Mechernich nach der endgültigen Stilllegung genutzt werden könnte. 2005 war die Deponie geschlossen und das Abfallwirtschaftszentrum (AWZ) eröffnet worden. Doch bis die ersten Golfer dort ihre Abschläge machen, wird noch viel Wasser den Rhein runterfließen. Denn die Stilllegung soll laut Schmitz erst im Jahr 2085 abgeschlossen sein. So lange noch müssen viele Anlagen weiter betrieben, Sickerwasser abgepumpt und Deponiegas abgesaugt werden.
„1981 war die Zentrale Mülldeponie Mechernich auf einer Fläche von 64 Hektar in Betrieb genommen worden“, sagt Schmitz. Sie liegt auf dem ehemaligen Gelände eines Blei- und Zinkbergwerkes, das bis 1958 von der Preussag betrieben wurde und bietet Platz für elf Millionen Tonnen Abfall. Dieses maximale Ablagerungsvolumen war aber nicht vollständig ausgeschöpft worden, als die Deponie 2005 dicht gemacht und das Abfallwirtschaftszentrum eingerichtet wurde. Im AWZ werden seitdem die Wertstoffe getrennt gesammelt und zur weiteren Behandlung umgeschlagen. Elektroschrott und Medikamente werden verpackt und an Entsorgungsfirmen übergeben. Der Bauschutt wird zum recyceln nach Kall gebracht. Aus Bioabfall und Grünschnitt wird im Kompostwerk hochwertiger organischer Dünger erzeugt.
Deponiert wird in Mechernich nach Angaben von Schmitz nur noch mit Blei belasteter Boden, der ansonsten aber keine Schadstoffe enthalten darf. Dessen Menge ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. „Immer mehr Bleiböden aus dem Straßen- und dem Wohnungsbau werden aus den Bleibelastungszonen von Kall bis Obergartzem angeliefert. Auch Aushub aus ehemaligen Bergwerken ist dabei“, sagt Schmitz. Mit der Erde würden Teilbereiche der Deponie verfüllt oder abgedeckt. Die Belastung der Böden werde vorher im Labor des AWZ regelmäßig geprüft.
„Auch in der laufenden Stilllegungsphase gibt es noch viele Anlagen, die weiter betrieben und gewartet werden müssen“, berichtet der Abteilungsleiter. Unter anderem müsse das anfallende Deponiegas regelmäßig abgesaugt werden. Schmitz: „Früher hatten wir ein horizontales Entgasungssystem. Zwischen jeder Abfallschicht lagen Drainagerohre, mit denen das Deponiegas, dass sich bei der Zersetzung von organischen Inhaltsstoffen des Mülls bildet und rund zur Hälfte aus Methan besteht, abgesaugt wurde.“
Weil die Müllschichten aber bis zu 70 Meter dick seien, gebe es immer wieder enorme Setzungsprozesse, die die Drainagen immer wieder zerstört hätten. Daher habe man 2010 auf ein neues System gesetzt: „Damals wurden 96 Gasbrunnen bis auf die Sohle gebohrt. Durch sie wird das Gas abgeführt und in eine Verdichtungsstation geleitet, ehe es dann in einem Gasmotorenkraftwerk verstromt wird.“
Mitarbeiter und Müllmengen
Im Abfallwirtschaftszentrum (AWZ) Mechernich sind laut Guido Schmitz 40 Mitarbeiter beschäftigt, weitere 33 im Kreisbauhof. Der angelieferte Restmüll aus dem Kreis Euskirchen wird aktuell in mehreren Anlagen verbrannt: 15.500 beziehungsweise 6000 Tonnen in den Müllverbrennungsanlagen in Weisweiler und Köln sowie 15.500 im Verwertungszentrum Erftkreis in Erftstadt. 12.000 Tonnen Sperrmüll werden in Düren-Kreuzau recycelt oder verbrannt.
Kostenlose Führungen im AWZ können Gruppen aus dem Kreis Euskirchen ab September unter der E-Mail-Adresse karen.beuke@kreis-euskirchen.de oder unter Telefon 0 22 51/15-371 buchen. (wki)
Allein 2014 wurden 6,8 Millionen Kubikmeter Deponiegas gewonnen, mit denen mehr als 10,2 Millionen Kilowattstunden Strom produziert wurden. 2017 waren es etwa neun Millionen Kubikmeter. „Rund 2,6 Millionen Kilowattstunden brauchen wir pro Jahr allein für unsere Anlagen“, betont der Abteilungsleiter. Der Rest werde verkauft. Weil die Zersetzungsprozesse aber mit der Zeit immer mehr abnehmen, geht Schmitz davon aus, dass das Deponiegas nur noch etwa fünf Jahre genutzt werden kann: „Danach wird dann Luft in den Müllkörper geblasen, um die letzten organischen Prozesse zu beenden.“
Spätestens in ein bis zwei Jahren werde mit dieser Belüftung von Teilbereichen begonnen und so das Schwachgas gewonnen. Bei dem Prozess wird nach Angaben von Schmitz Luft in einige Gasbrunnen geblasen und das Gemisch in den benachbarten Brunnen gesaugt. 10 bis 15 Jahre lang könne das Verfahren angewendet werden.
Das Gasmotorenkraftwerk, das rund um die Uhr läuft und das alle Gebäude beheizt sowie mit Strom versorgt, wurde 1993 errichtet und ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Ottmar Dahmen und Josef Giefer halten das gute Stück in Schuss, kümmern sich um die Wartung und Reparatur der Motoren.
„Jeder Motor ist ein Zwölfzylinder mit 53 Liter Hubraum und einer Leistung von 660 Kilowatt“, berichtet Dahmen. Von den sechs Motoren sind wegen der sinkenden Gasmengen nur noch maximal vier im Einsatz, die anderen beiden werden als Ersatzteillager genutzt. „Es ist sonst sehr schwierig, an gebrauchte Ersatzteile zu kommen. Und neue Teile sind nicht bezahlbar“, betont Dahmen. Auch Giefer liebt die alten Motoren: „An denen kann man noch mit Werkzeug arbeiten und braucht keinen Laptop.“
Stolz berichtete Schmitz, dass alle Anlagen im AWZ so weit wie möglich von eigenem Mitarbeitern gewartet werden: „Dadurch sparen wir uns teure Wartungsverträge.“ Strom wird auch noch mit einer anderen Anlage produziert. 2011 wurde der „Sun Park AWZ“ mit einer Gesamtleistung von knapp 1000 Kilowattstunden pro Jahr eröffnet. Betrieben wird die Anlage vom Kreis Euskirchen und der Energie Nordeifel GmbH & Co. KG.
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Ein weitere wichtige Aufgabe ist die Klärung des Sickerwassers, das wegen seiner organischen Bestandteile leicht süßlich riecht. „Es gibt zwei große Schächte, die bis auf die Sohle der Deponie gehen. Unten gibt es Pumpen, die das Wasser in die beiden Sickerwasser-Stapelteiche pumpen, die zusammen rund 24 000 Kubikmeter fassen.“ Früher, so Schmitz, hätten Mitarbeiter bei Kontrollen in die Schächte einfahren müssen. Heute werde der Bereich mit Kameras befahren und die Pumpen für Reparaturen hochgezogen. Das Sickerwasser werde in der eigenen Kläranlage mit Aktivkohlefilter weiter behandelt und dann in die Kläranlage Mechernich gepumpt. „Dafür wurde 2015 um Zweidrittel der Deponie eine Druckleitung verlegt“, so Schmitz weiter.
Zur Kontrolle der Deponie gibt es im alten Teil noch einen alten Bergwerksschacht, in dem zwei Sohlen in 80 Meter (Rotkaulstrecke) und 100 Meter Tiefe (Burgfeyer Stollen) befahren werden können: „Im neuen Teil der Anlage gibt es dagegen einen schrägen Schacht, der bis zur Sohle der Deponie führt.“ Dort befinden sich Pumpen, die das Sickerwasser zur weiteren Behandlung an die Oberfläche befördern.