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Einschränkungen und EinbußenFür Kreiskrankenhaus Mechernich keine anhaltenden Schäden

Lesezeit 6 Minuten

Mit einem nachhaltigen wirtschaftlichen Schaden für den Konzern mit seinen 1700 Mitarbeitern rechnen die Verantwortlichen nicht.

  1. Der Konzern ist mit rund 1700 Arbeitsplätzen und 130 Millionen Euro Umsatz eines der großen Unternehmen im Kreis.
  2. Vernetzung und Digitalisierung sind für die Zukunft die großen Themen.
  3. Bis Ende 2021 wird eine Digitalisierung zu 98 Prozent an.

Mechernich – Die Corona-Pandemie bestimmt derzeit auch den Alltag der Kreiskrankenhaus GmbH. Das Haus krisenfest aufzustellen, ist dabei oberstes Ziel. Doch das gilt nicht nur für Corona-Zeiten, es muss auch über die Pandemie hinaus gedacht und gehandelt werden. Unter anderem geschieht das in Mechernich mit einem Generationswechsel an der Spitze. Thorsten Schütze ist seit Juli neben Manfred Herrmann und Martin Milde weiterer Geschäftsführer des Konzerns (siehe „Der Neue“). Zudem sind im und am Gebäudekomplex fortwährend Handwerker aktiv (siehe „Investitionen“).

Das Zeugnis

Der Baulärm war neben dem warmherzigen Empfang mit das Erste, was Schütze im Kreiskrankenhaus aufgefallen ist: Kein Tag in der Klinik sei bislang ohne abgelaufen. Auch wenn der Lärm auf den ersten Blick lästig sein mag, so ist er doch Bestandteil des guten Zeugnisses, das Schütze seinem neuen Arbeitgeber ausstellt. Denn nur wer über eine gesunde finanzielle Basis verfügt, kann neue Projekte in Angriff nehmen.

Investitionen

Von 1883, das zeigen die Ziffern am Altbau, stammen die ältesten Gebäudeteile des Kreiskrankenhauses. Auch wenn die meisten anderen Häuser des Komplexes deutlich jüngeren Datums sind, ist an der St.-Elisabeth-Straße immer etwas zu tun, zu bauen, zu sanieren. Aktuell stehen wieder einige größere Maßnahmen an:

Die Zentralküche hatte inzwischen rund 25 Jahre auf dem Buckel und wird derzeit komplett umgebaut und modernisiert. Rund zwei Millionen Euro kostet das Projekt.

Die Pflegeschule wird komplett erneuert und deutlich ausgebaut. Sie wird künftig 120 statt der bislang 75 Plätze bieten. Ab Oktober, wenn ein weiterer Kurs startet, sollen die Schüler in modernen Räumen ihren Beruf erlernen. 2,6 Millionen kostet diese Maßnahme.

Linksherzkatheter-Untersuchungen werden in Mechernich ausgeweitet. Einen entsprechenden Messplatz gibt es in dort bereits in Kooperation mit der Praxis für Innere Medizin in Euskirchen, einen weiteren errichtet die Klinik nun für 1,5 Millionen Euro. Je die Hälfte der Kosten entfallen dabei auf den Bau und die medizinischen Geräte. (rha)

Durch Dr. Hans Rossels, den langjährigen, 2015 verstorbenen Geschäftsführer, der auch Aufsichtsratsvorsitzender seines bisherigen Arbeitgebers war, hat Schütze einiges über das Kreiskrankenhaus gehört. „Hier hat man vieles richtig gemacht – richtiger als die Wettbewerber“, sagt Schütze. Das Haus sei wirtschaftlich sehr stabil – was wahrlich kein Standard in der Klinik-Landschaft sei.

Die Zukunft

Sicherung, Verbesserung, Ausbau. Das sind drei Schlagworte, um den Konzern, der mit rund 1700 Arbeitsplätzen und 130 Millionen Euro Umsatz eines der großen Unternehmen im Kreis ist, in die Zukunft zu führen. Vernetzung und Digitalisierung sind dabei für Schütze die großen Themen. Als Beispiel nennt er die digitale Patientenakte. In einem Modulsystem erfolgt etwa die Erfassung der Vitalparameter automatisch.

Die Geschäftsführung bilden nun Thorsten Schütze (v.l.), Manfred Herrmann und Martin Milde.

Das erspare den Pflegekräften eine Minute pro Patient und Tag. Was wenig klingt, summiert sich auf den Wert von anderthalb Vollzeitstellen im Jahr. Dabei, das betont Herrmann, sei es keinesfalls das Ziel, Personal freizustellen. Im Gegenteil: Man wolle dem Personal mehr Zeit für die Patienten verschaffen. Bis Ende 2021 strebt Schütze eine Digitalisierung zu 98 Prozent an – der bereits begonnene Prozess sei durch Corona verzögert worden.

Der Neue

Thorsten Schütze hat am 1. Juli seinen Dienst in der Geschäftsführung aufgenommen. Der 38-jährige, gebürtige Dortmunder hat BWL studiert und war zuvor Kaufmännischer Direktor der GFO-Kliniken in Bonn.

Im Gesundheitssektor ist er sein ganzes Berufsleben tätig. Spannend findet er es, beide Seiten – die der Patientenversorgung sowie die finanzielle und strategische – im Blick zu haben. Und als Geschäftsführer habe er nun deutlich mehr gestalterische Möglichkeiten.

Manfred Herrmann wird 2021 in den Ruhestand gehen. Dann wird Schütze gemeinsam mit Martin Milde die Geschäftsführung bilden. Milde wird für den Bereich Finanzen zuständig sein, Schütze für Verwaltung, Logistik und IT. (rha)

Wie wichtig den Mechernichern das Thema Ausbildung ist, zeigt sich am Ausbau der Pflegeschule. Auch damit, so Herrmann, wolle man der wichtigen Ausbildungs- und sozialen Verantwortung, in der sich das Unternehmen im Kreis Euskirchen sehe, nachkommen.

Die Corona-Maßnahmen

Die schlimmsten Prognosen, die laut Milde für Mai 50 bis 60 Corona-Patienten auf der Mechernicher Intensivstation vorausgesagt haben, sind glücklicherweise nicht eingetreten. Maximal vier Covid-19-Patienten waren bislang zeitgleich auf der Intensivstation. Aktuell sind vier Corona-Patienten in der Klinik, davon einer auf der Intensivstation. Fünf gelten als Verdachtsfälle. Ein Mitarbeiter ist aktuell positiv auf das Virus getestet, drei gelten als Verdachtsfälle.

Dennoch hat die Klinik ihre Kapazitäten deutlich erhöht, etwa mit Intensivbetten in OP-Sälen. Innerhalb von zwei Tagen kann laut Herrmann die Zahl von 16 auf 34 erhöht werden. Wenn dieser Worst Case eintreten sollte, so Milde, passiere in der Klinik kaum noch etwas anderes, Operationen würden dann nur im Notfall durchgeführt. Auch die Stationen sind umstrukturiert. Eine „Innere“ etwa sei nun die „Covid-Station“. Zudem sei ein Kaskaden-System aufgebaut, so dass nach einem Überlauf-Prinzip weitere Stationen und Bereiche umgewidmet werden können.

Die Patienten und Besucher

Gut 400 Betten hat die Mechernicher Klinik, bei einer sehr guten Auslastung sind laut Herrmann 370 Patienten im Haus. In der Hochphase der Pandemie seien es nur rund 250 gewesen. Nach einer Erholung im Juni/Juli „fehlten“ nun wieder etwa 50 Patienten. Die Verunsicherung sei weiterhin groß – unkritische Eingriffe etwa werden vielfach durch die Patienten verschoben.

Sowohl bei Patienten als auch bei Besuchern registriere man überwiegend Verständnis für die Maßnahmen. So werde jeder, der stationär aufgenommen werde, einem Corona-Test unterzogen – wozu das Krankenhaus nicht verpflichtet sei. Die Besucher dürfen nur eingeschränkt zwischen 14.30 und 17.30 Uhr zu ihren Lieben – und auch das nur nach einem recht aufwendigen Registrierungsprozess, der zuweilen zu enormen Warteschlangen führe.

Der finanzielle Kraftakt

All die Maßnahmen im Zuge der Pandemie-Bewältigung sind auch fürs Kreiskrankenhaus ein finanzieller Kraftakt. Zudem fällt ab Oktober die Freihaltepauschale für nicht belegte Betten in Höhe von 460 Euro pro Tag und Patient weg. Genaue Zahlen konnte Herrmann noch nicht nennen, man rechne mit Ertragseinbußen im deutlich sechsstelligen Bereich. Von einem nachhaltigen Schaden für den Konzern geht er jedoch nicht aus. Während vor Corona rund 30 Prozent der Kliniken in Deutschland Verluste gemacht hätten, sei nun von 60 Prozent auszugehen.

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Für die Kreiskrankenhaus GmbH rechnet er mit einer Null: „Ob die schwarz oder rot angehaucht sein wird, ist noch unklar.“ Vor dem Hintergrund freue er sich, dass nun auch die Pflegekräfte in den Kliniken – wie die in der Altenpflege – einen Corona-Bonus von bis zu 1500 Euro erhalten sollen. Diese Zahlung hätte sich die GmbH als Arbeitgeber schlicht nicht leisten können.