Einsparungen, neue AbläufeSo trifft die Gaskrise das Mechernicher Krematorium
Kreis Euskirchen/Mechernich – Die steigenden Strom- und Gaspreise betreffen nicht nur den Alltag der Lebenden. Auch nach dem letzten Atemzug kann das Energiesparen noch Thema sein.
„Rund 20 Millionen Kubikmeter Gas benötigen die rund 160 Krematorien in Deutschland pro Jahr“, teilt Carolin Oberheide vom Bundesverband für Bestattungsbedarf mit − und das auch während der aktuellen Gaskrise. Aus diesem Grund überdenken die Betreiber von Krematorien ihre Abläufe und beschäftigen sich mit verschiedenen Fragen.
Wie kann man bei der Einäscherung Erdgas einsparen? Welche Umstrukturierungen müssen erfolgen − kurzfristig wie langfristig? Dürfen die steigenden Kosten auf den Bestattungspreis aufgeschlagen werden? Und: Was passiert bei einem vollständigen Gas-Lieferstopp?
Notlösungen
Oberheide zufolge befürchteten die Betreiber der Krematorien aber keinen vollständigen Stillstand wegen Gasmangels. Bei einem Ausbleiben der Gasversorgung fänden Bestattungen schlimmstenfalls verzögert statt.
Udo Alda, Geschäftsführer des Bonn-Rhein-Erft-Krematoriums in Mechernich, äußert sich dazu: „Wenn es zu dieser Ausnahmesituation käme, wüsste ich keine Notlösung. Nun sind die Krematorien zwar als systemrelevant eingestuft worden, doch das nützt auch nichts mehr, wenn kein Gas mehr da ist.“
Umstrukturierungen
„Aktuell arbeiten alle Betreiber daran, den Gasverbrauch bei der Einäscherung Verstorbener zu reduzieren“, sagt Oberheide: „Aus Kostengründen.“ Um Geld einzusparen, gehen Betreiber von Feuerbestattungsanlagen unterschiedliche Wege.
So könne man die Temperatur in der Brennkammer um 100 Grad absenken, um Gas zu sparen: von 850 auf 750 Grad. Je nach Ofentyp könne man eine Gaseinsparung von 20 bis 40 Prozent erreichen. Allerdings könne es durch diese Absenkung vermehrt zu Kohlenmonoxidbildung kommen.
In größeren Krematorien könnte die Umstellung auf einen Mehrschichtbetrieb eine Option sein, so dass die Brennkammern in den Krematorien teilweise durchlaufen − auch nachts. Damit entfällt das häufige Aufheizen. „Das ist energiesparender als das An- und Abschalten der Brennkammern“, so Oberheide.
Mehrschichtbetrieb
Das privat geführte Bonn-Rhein-Erft-Krematorium in Mechernich betreibt die Brennkammern bereits in zweieinhalb Betriebsschichten, berichtet Udo Alda.
Bei einem durchgängigen 24-Stunden-Betrieb an sieben Tagen die Woche wie im Krematorium Dachsenhausen bei Koblenz gehe der Mehrverbrauch beinahe gegen Null, erklärt Christian Greve, Vorsitzender des Bundesverbandes für Bestattungsbedarf. Dabei helfe der Holzsarg als natürlicher Brennstoff. Sobald der Sarg in eine Anlage mit der nötigen Betriebstemperatur eingefahren werde, entzünde er sich .
Ethische Entscheidungen
Einen Dauerbetrieb wie in Dachsenhausen könne sich Udo Alda für sein Krematorium aber nicht vorstellen: „Die eine Flamme ist für den einen Verstorbenen da.“ Der Dauerbetrieb ist für ihn nicht nur aus ethischen Gründen nicht durchführbar.
Er führt auch das Argument des Personalmangels an: „Es müssen immer zwei bis drei Leute in einer Schicht sein.“ Bei einem Dauerbetrieb gehe dem Krematorium in Mechernich dann schnell das Personal aus. Außerdem gebe es auch hier den Mehrkostenfaktor − dann spare man zwar an Kosten für das Erdgas, aber die Personalkosten stiegen an.
Temperaturabsenkungen
Die andere Möglichkeit zur Kosteneinsparung seien die Temperaturabsenkungen, sagt Oberheide: „Die ist aber vom Gesetzgeber aus nicht vorgesehen. Man braucht eine Sondergenehmigung.“ Mit der Option beschäftigt sich demnach auch Alda nicht wirklich: „So lange das der Fall ist, ist das auch keine Lösung für Mechernich.“
Wolfgang Berg, Leiter des kommunalen Krematoriums in Aachen, berichtet, dass man dort bereits seit einiger Zeit die Sondergenehmigung der Stadt zu einer reduzierten Einfahrtemperatur habe. Diese Reduzierung sei aber nicht erst im Zuge der steigenden Gaspreise zustande gekommen, sondern schon im Zuge der Inbetriebnahme der heutigen Anlagen. „Bei den Einsparungen handelt es sich nicht um eine Kleinigkeit“, sagt Berg.
Aber: Die Temperaturabsenkung sei längst nicht in jedem Krematorium möglich. Und: Diese Umstellung muss zunächst technisch geprüft werden. Es brauche eine Abnahme und eine Genehmigung von der Umweltbehörde. Die Genehmigung vom staatlichen Umweltamt ist erforderlich, weil die Rauchgase kohlenstoffmonoxidbelastet sind und diese Belastung nur durch einen Ausbrand reduziert werden kann. Berg geht jedoch davon aus, dass sich in Zukunft wohl viele Krematorien um diese Sondergenehmigung bemühen, da es die einfachste Art sei, Gas einzusparen.
Keine Pauschal-Lösungen
Obwohl weder die Temperaturabsenkungen noch der Dauerbetrieb eine akzeptable Lösung für den Standort Mechernich sind, berichtet Alda: „Trotzdem versuchen wir unsere Abläufe stetig zu modifizieren, um weniger Gas zu verbrauchen.“ Langfristig habe der Betreiber auch schon über eine Umstellung auf Flüssiggas, Biomethan oder eine grundsätzliche Umstrukturierung auf Elektroanlagen nachgedacht. Dies müsse aber wohlüberlegt geschehen – schließlich werde nicht nur Gas, sondern auch Strom teurer.
Kosten
Doch bei aller Umstrukturierung und Ablaufoptimierung seien die Betriebe Oberheide zufolge gezwungen, ihre stark steigenden Energiekosten zumindest teilweise weiterzugeben. „Neben den Gas- und Strompreisen sind zusätzlich die Kraftstoffkosten für den Überführungsdienst gestiegen“, erklärt sie.
In der Branche werde deswegen diskutiert, die Erhöhungen nicht in den Einäscherungspreis einzukalkulieren, sondern als Energiekostenpauschale separat auszuweisen. Oberheide erwähnt auch, dass dieser Zuschlag angepasst oder wieder gänzlich gestrichen werden könnte, sobald die Energiekosten wieder fielen.
Umlegung auf Verbraucher
Die gestiegenen Kosten wird man auch in Mechernich zum Teil an den Kunden weitergeben. „Weniger als fünf Prozent der anfallenden Kosten legen wir ab dem 1. November auf den Verbraucher um“, so Alda.
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Wolfgang Berg berichtet, dass der Einäscherungsprozess auch in kommunalen Krematorien teurer werde: „Allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt als bei den privaten Betrieben.“ Ob und wie viel teurer die Kremation auch in kommunalen Betrieben werde und wer dafür auf welche Art aufkomme, das seien noch nicht entschieden.