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JudenverfolgungGemälde im Rathaus Mechernich erinnert an Deportationen

Lesezeit 4 Minuten
Rainer Schulz und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick enthüllen im Mechernicher Ratssaal ein Bild, das an die Deportation der Juden erinnert.

Rainer Schulz (l.) und Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick enthüllten das Bild, das nun im Ratssaal zu sehen ist.

Die Stadt Mechernich hat ein Gemälde von Hilla Richarz erworben, um an die von den Nazis ermordeten Jüdinnen und Juden zu erinnern.

Ein Eisenbahnwaggon steht auf einem Gleis, das ins Nichts führt. Es ist nicht irgendein Waggon, den Hilla Richarz aus Adenau in ihrem Gemälde verewigt hat. Es ist der, der in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem an das Schicksal der in Deutschland während des Naziregimes deportierten und ermordeten Juden erinnert.

Im Mechernicher Ratssaal wird nun mit dem Bild von Hilla Richarz an die Deportationen der Juden aus unserer Region erinnert. Am Montag wurde das Bild, das die Stadt gekauft hat, feierlich enthüllt und an der Wand angebracht.

Jüdische Mitbürger in Viehwaggons in die Vernichtungslager gebracht

„Fassungslos und schockiert war ich, als ich den Viehwaggon in dem Denkmal in Jerusalem zum ersten Mal sah“, sagte Gisela Freier von der Projektgruppe „Forschen – Gedenken – Handeln“, die die Ansprache zur Enthüllung hielt.

Jede Hoffnung sei erloschen, jede Flucht unmöglich. Es ist einer der originalen Viehwaggons, wie sie auch von Mechernich aus durch Deutschland rollten, um die von den Nazis aus ihren Häusern vertriebenen Juden in die Vernichtungslager im Osten zu bringen. Menschen seien zu Tieren reduziert worden, als sie mit den Waggons transportiert worden seien, sagte Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick.

Die Gruppe mit dem Gemälde auf einer Staffelei.

Dr. Hans-Peter Schick (v.l.), Hilla Richarz, Rainer Schulz und Gisela Freier freuen sich über das Bild, das an die Deportationen von Juden aus Mechernich und andernorts erinnern soll.

Das Gemälde von Hilla Richarz entstand ursprünglich für eine Lesung am 5. Mai dieses Jahres, als der Anne-Frank-Erinnerungsbaum auf dem jüdischen Friedhof in Kommern der Öffentlichkeit vorgestellt und ein Erinnerungsstein zum Gedenken an die jüdischen Kinder aus Kommern und Mechernich dort gelegt wurde. Um die Feierstunde abzurunden, wurde Richarz von Freier und Rainer Schulz gebeten, das Bild des Viehwaggons auf den jäh endenden Gleisen zu malen.

Wie die Deportationen in Mechernich vor sich gingen, wurde mit den Erinnerungen von Hans-Josef Horchem, dem in Mechernich geborenen ehemaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes Hamburg, transparent. Er schildert in seinem Buch „Kinder im Krieg“ eindrücklich, wie er als 14-jähriger Junge die Deportationen miterleben musste und auch die fast gleichaltrige Hilde Herz am Bahnsteig sah, allerdings nicht den Mut hatte, sie anzusprechen, bevor sie in den Zug stieg.

Mechernicher Bürgermeister warnt vor latentem Antisemitismus

Schick las aus diesen Erinnerungen in der Feierstunde, an der auch Schüler der Mechernicher Gesamtschule und des Turmhof-Gymnasiums teilnahmen. Er warnte vor dem latenten Antisemitismus, der immer noch so präsent sei, dass er in diesen Tagen offen festzustellen sei. Doch sei Antisemitismus nicht gleichzusetzen mit Kritik am Staat Israel. „Auch wenn Israel sich selbst schützen darf, muss man nicht alles gut finden, was der Staat macht, das hat auch eine Geschichte“, sagte er.

Bezüglich der Deportationen von Millionen Juden in Nazideutschland dürfe nicht vergessen werden, dass die ohne die Deutsche Reichsbahn nicht möglich gewesen wären. „Die hat an den Transporten in die Vernichtungslager gut verdient“, so Schick.

Fassungslos und schockiert war ich, als ich den Viehwaggon in dem Denkmal in Jerusalem zum ersten Mal sah.
Gisela Freier, Mitglied der Projektgruppe „Forschen – Gedenken – Handeln“

Zum Beispiel habe sie pro Erwachsenen und Kilometer vier Pfennig erhalten. „Auf heutige Preise umgerechnet hat die Reichsbahn 445 Millionen Euro an den Transporten verdient“, sagte er. Viele Menschen, die bei der Reichsbahn gearbeitet hätten, hätten wissentlich oder unwissentlich dazu beigetragen, dass so viele Menschen in Vernichtungslagern umgebracht worden seien. Verfolgung aufgrund von Rasse oder Glaube dürfe nie wieder vorkommen.

„Ich habe das Denkmal in Yad Vashem gesehen“, berichtete die Malerin Richarz. In ihrem Bild habe sie den Waggon nicht in das unendlich Böse fallen lassen wollen, deshalb habe sie dort eine gelbe Farbe aufgetragen.

Der Ankauf des Bildes durch die Stadt ermögliche es, im Frühjahr in Mechernich sechs Stolpersteine zu legen, sagte Gisela Freier. Sie werden an den Bäckermeister Andreas Girkens, Dr. Robert David, Dr. Ernst David und Familie Herz mit den Eltern Max und Erna sowie der 13-jährigen Tochter Hilde erinnern. „In Kommern sollen noch etwa 15 Stolpersteine gelegt werden. Dort ist viel bekannt, allerdings ist Mechernich nicht so erforscht, das steht noch aus“, sagte Rainer Schulz.


Gedenkveranstaltungen

Aus seinem Roman „Winterbienen“ liest am Donnerstag, 9. November, 19 Uhr, der Autor Norbert Scheuer im Pfarrsaal in Kommern bei einer „Lesung gegen das Vergessen“. Der Eintritt ist frei, mit Spenden soll eine Gedenktafel für die jüdische Familie Levano aus Kommern finanziert werden.

Am Freitag findet um 17 Uhr in Mechernich der Gang zum Gedenken an die Pogromnacht statt. Start ist am Standort der Bäckerei von Andreas Girkens in der Bahnstraße 49, der von den Nazis als „Judenfreund“ ermordet wurde. Von dort aus geht es über zwei Stationen zum Dietrich-Bonhoeffer-Haus.