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WohnprojektFür Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung in Mechernich-Weyer ein Haus gebaut

Lesezeit 4 Minuten
Stephan Brings begleitet sich beim Singen selbst mit der Gitarre. Die Gäste der Einweihungsfeier hören zu, im Hintergrund das neu gebaute Haus

Zur Einweihung des Hauses spielte der Kölner Musiker Stephan Brings einige Lieder.

Familie Arns hat in Weyer ein Haus für die Betreuung von Sohn Leon gebaut. Hier werden vier Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung wohnen.

„Die Axt im Haus erspart den Zimmermann“, sagt ein bekanntes Sprichwort. Doch noch besser ausgerüstet ist der, der dazu auch einen Bagger und einen Baukran im heimischen Werkzeugbestand hat und obendrein noch in der Lage ist, damit umzugehen. Wie Familie Arns aus Weyer, die mal eben in einem Jahr ein komplettes Wohnhaus in Eigenregie gebaut hat.

Es ist nicht irgendein Haus, dass in Windeseile im Wohngebiet in Weyer entstanden ist, sondern das erste integrative Wohnprojekt für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung im Kreis Euskirchen. Vier junge Menschen werden in einer Wohngruppe hier gemeinsam wohnen und betreut. Am Samstag war die offizielle Einweihung des Hauses.

Der 21-jährige Leon musste die Behindertenwerkstatt verlassen

Dass Luca Arns und sein Vater Heinz vor fast genau einem Jahr begonnen haben, das Haus zu bauen, geschah nicht zufällig. Denn Leon, der Bruder von Luca, ist Autist und benötigt eine 24-Stunden-Betreuung.

Als der 21-Jährige vor etwa zwei Jahren die Behindertenwerkstatt verlassen musste, gab es das Problem, wie weiterhin eine Betreuung gewährleistet werden könne, berichtete seine Mutter Manu. „Es gibt in Deutschland keine freien Plätze in solchen Wohnprojekten, die Wartelisten sind lang“, sagte sie.

Also entschloss sich die Familie zur Selbsthilfe und baute in Eigenregie ein Haus für eine Wohngruppe, in die auch Leon einziehen kann. Vater Heinz, selber Bauunternehmer im Tiefbau, und Luca, gelernter Schreiner, der gerade seinen Bachelor in Holztechnik gemacht hatte, schritten zur Tat und realisierten den Bau. Eigentlich sei der Plan gewesen, wieder zu seinem vorigen Arbeitgeber zurückzukehren, doch das habe er für ein Jahr verschoben, erklärte der 23-Jährige.

Die Familie Arns hält Sohn Leon bei den Händen.

Künftig nah beieinander: Manu Arns (v.r.) mit Sohn Leon, Heinz Arns und Luca Arns.

Er firmiert als Eigentümer und Vermieter des ungewöhnlichen Projekts. Denn außer der Wohngruppe, die auf 200 Quadratmetern im Erdgeschoss angesiedelt ist, sind auch fünf ganz normale Wohnungen in dem Gebäude. „Das ist eine Voraussetzung dafür, dass das Projekt gefördert werden kann“, sagte Markus Schulzen, Fachbereichsleiter Eingliederungshilfe I beim Landschaftsverband Rheinland (LVR).

176.000 Euro steuerte der LVR bei einer Gesamtsumme von rund zwei Millionen Euro bei, „eine Anschubfinanzierung“, so Schulzen. Zehn Prozent der Bausumme könnten als Förderung gewährt werden, bei einer Maximalsumme von 200.000 Euro. Er finde besonders gut, dass das Haus mitten in Weyer stehe und nicht irgendwo am Rande. „Das ist die Idee, dass die Häuser in Wohngebiete integriert werden“, sagte er.

In Weyer werden die vier jungen Leute rund um die Uhr betreut

Der Betreuungsaufwand der vier Autisten, die in die Wohngruppe einziehen werden, ist hoch, eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung unerlässlich. „Keiner von ihnen kann sprechen“, so Manu Arns. Übernommen wird die Betreuung von der Firma „Mittelpunkt“ aus Düren, die von Marc Inden und Thomas Pütz betrieben wird.

Sie haben viel Erfahrung mit integrativen Wohngruppen, in denen Menschen mit verschiedenen Behinderungen so leben, dass sie sich gegenseitig unterstützen und nur noch wenig Betreuung brauchen.

Insofern sei dies das erste Projekt, in dem eine intensive Betreuung notwendig sei, erläuterte Pütz. Grundsätzlich habe seine Firma das Konzept, auf die Fähigkeiten der Klienten zu schauen und nicht auf die Behinderungen. „Wir werden den Mikrokosmos der Klienten kennenlernen und sehen, wo wir ansetzen können“, sagte er.

Luca Arns im noch unmöblierten Gemeinschaftsraum.

Luca Arns zeigte die Innenräume. Hier der 120 Quadratmeter große Gemeinschaftsraum der Wohngruppe.

Mit 14 Vollzeitkräften werde gestartet, doch da eine Eins-zu-eins-Betreuung notwendig sei, solle das auf 20 Personen ausgeweitet werden. „Es können sich gerne bei uns Interessenten bewerben“, fügte Inden hinzu.

Vater und Sohn gaben beim Bau des Hauses richtig Gas

Bei dem Entwurf des Hauses hätten sie Wünsche äußern und Einfluss nehmen können, erläuterte Pütz. „Das ist natürlich der Idealzustand, wenn neu gebaut wird“, sagte er. Ansonsten müssten Kompromisse gemacht werden. Es sei unglaublich, wie schnell der Bau vollendet worden sei. „Das geht auch nur, wenn Vater und Sohn das machen, Angestellte dürfen nicht so lange arbeiten“, betonte er mit einem Augenzwinkern.

Rund zehn Monate sei geplant worden, erklärte Manu Arns. „Dann haben wir losgelegt“, beschrieb Heinz Arns die Zusammenarbeit mit seinem Sohn. Er sei stolz, dass sie das zusammen geschafft hätten. „Jetzt ziehen beide Söhne in das Haus ein, der eine in die Wohngruppe, der andere in eine normale Wohnung, und beide sind in der Nachbarschaft. Ist das nicht toll“, sagte er mit strahlendem Lächeln.

„Den Rohbau haben wir zu 98 Prozent selbst gemacht“, erklärte Luca. So ganz sei das Haus aber noch nicht fertig, denn in die dritte Etage sei erst am Vortag der Einweihung der Estrich gekommen. Rund 20 Quadratmeter seien die einzelnen Appartements für die Autisten groß, dazu kommt ein 120 Quadratmeter großer Gemeinschaftsraum.

Kölner Musiker Stephan Brings sang zur Einweihungsfeier

Noch sind die Räume unmöbliert. „Der Umzug der Autisten soll Anfang September sein“, sagte Manu Arns. Es sei bewusst eine zeitliche Distanz zu der Einweihungsfeier gewählt worden, weil es ansonsten zu viel Aufregung gegeben hätte. „Das vertragen sie nicht“, sagte sie.

Neben Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und dem CDU-Landtagsabgeordneten Klaus Voussem war auch der Musiker Stephan Brings gekommen, um bei der Einweihung des Hauses einige Lieder zu singen. „Mein Sohn, meine Schwester und meine Mutter arbeiten mit Menschen mit Behinderung“, sagte er. Deshalb habe er den persönlichen Bezug und kenne die Nöte, auch die finanziellen.