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Kommunalwahl 2020Das Thema Bauen spaltet die Mechernicher

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Neubaugebiete wie hier "Am Schwarzen Baum" sind in Mechernich in letzter Zeit viele entstanden – das gefällt allerdings nicht allen.

Mechernich – 224 – so viele Baugrundstücke sind in Mechernich in der vergangenen Wahlperiode hinzugekommen. Doch noch sind nicht alle erschlossen. Sie verteilen sich auf insgesamt sieben Neubaugebiete. Die größten sind Mechernich-Nord und Kommern-Süd. In den vergangenen 20 Jahren ist die Bevölkerungszahl der Stadt trotz demografischen Wandels um etwa 1800 gestiegen. Viele Neubürger finden Gefallen an der Kombination Natur vor der Haustür und einer durch Bahn und Autobahnanschluss guten Verkehrsanbindung.

Hitzige Diskussionen in Mechernich

Doch nicht alle Mechernicher sind von diesem Wachstum begeistert. Die Baupolitik der Stadt hat in den vergangen Jahren immer wieder zu hitzigen Diskussionen geführt. Naturschützer bemängeln den Flächenverbrauch, Anwohner fürchten, bald zum Kölner Speckgürtel zu gehören. Stadtplaner Thomas Schiefer machte in der jüngsten Ratssitzung den Vorschlag, mit dem neuen Rat die bisherige Baupolitik in den Neubaugebieten zu evaluieren und eventuell neue Konzepte zu überlegen. Denn ein Gegentrend zum Wachstum ist nicht zu erkennen und das Thema Bauen wird wohl auch künftig eine große Rolle in der Politik spielen.

Gleiches gilt für die Gewerbegebiete. Über deren Nutzung und Ausbau herrscht im Rat oft Uneinigkeit. Der größte Neubau in den vergangen fünf Jahren ist die Hochwald-Molkerei in Obergartzem. Ende 2021 soll sie in Betrieb gehen und 250 Arbeitsplätze entstehen. Das ist der Plan, doch da es sich um eine Standortverlagerung handelt, ist noch unklar, wie viele Arbeitsplätze tatsächlich geschaffen werden.

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Eines der größten Projekte für die kommenden Jahre wird das Integrierte Handlungskonzept sein. Die Innenstadt soll endlich attraktiver werden, darin sind sich bislang alle einig. Nur wie das umgesetzt werden soll, sind die Parteien unterschiedlicher Meinung. Trotz kontroverser Debatte gelang es dem Rat gerade noch rechtzeitig, mehrheitlich ein Konzept für einen Antrag auf Städtebauförderung für dieses Jahr zu beschließen. Weniger Parkplätze, mehr Verweilqualität – das ist die grobe Richtung. In den kommenden Monaten wird es dann um die Umsetzung der Pläne gehen. Für eine nachhaltige Neugestaltung, die über Jahrzehnte Bestand hat und den Bürgern Mehrwert bietet, wäre es allerdings wünschenswert, dass sich die Parteien einig werden und an einem Strang ziehen.

Verkehr und Blei stehen auf der Agenda

Mit der Neugestaltung der Innenstadt einhergehend wird auch das Thema Verkehr eine große Rolle spielen. Fahrradwege sind in Mechernich kaum vorhanden und gerade der Knotenpunkt am Bahnübergang ist immer wieder Ursache für lange Staus.

Ein weiteres Thema der Kommunalpolitik in Mechernich wird auch in den kommenden Jahren die Bleibelastung in Teilen des Stadtgebiets sein. Spielplätze müssen saniert und der Boden in Baugebieten teilweise ausgetauscht werden. Gleichzeitig muss ein Fahrplan her, wie mit den bereits bebauten Grundstücken umgegangen wird, sollten dort zu hohe Bleiwerte nachgewiesen werden. Viele Anwohner zeigten sich bislang unzufrieden mit dem Vorgehen der Stadt, hier gilt es, mehr Transparenz zu schaffen.

Mehr als eine halbe Millionen Euro Verlust für Eifel-Therme

Finanziell steht die Stadt Mechernich gut da. Bereits einige Jahre in Folge gelang es, immer einen ausgeglichen Haushalt vorzulegen– und das ohne Steuererhöhung. Die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt stiegen seit 2014 um rund 3,7 auf zehn Millionen Euro jährlich. Auch für das Jahr 2020 sah es in den Augen von Stadtkämmerer Ralf Claßen Anfang des Jahres noch gut aus. Doch dann kam die Corona-Pandemie. Alleine die Eifel-Therme Zikkurat hat bislang durch die angeordnete Schließung von März bis Juni sowie nachfolgende Bauarbeiten mehr als eine halbe Millionen Euro Verlust gemacht. Und dabei ist das Bad sowieso schon defizitär. Der neue Rat in Mechernich wird also genügend Themen vorfinden, die es anzugehen gilt.

Alle Kandidaten im Überblick

Zwei Bewerber wollen den amtierenden Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick (CDU) vom Thron stoßen. Keine leichte Aufgabe, denn Schick ist seit 1999 Bürgermeister von Mechernich. Sein wichtigstes Thema für eine möglich fünfte Amtszeit: "Die Innenstadtsanierung!" Langfristig wolle er die Digitalisierung der Verwaltung und der Schulen sowie den Breitbandausbau auf den Dörfern vorantreiben. Außerdem setze er sich für nachhaltige Baumöglichkeiten für Jung und Alt ein. Ebenso sei der Bau von bezahlbaren Mietwohnungen in mehrgeschossigen Gebäuden in Kommern und Mechernich ein langfristiges politisches Ziel. "Solidarität und Zusammenhalt in der Stadt sind mir sehr wichtig", sagt er.

Der Stadt und ihren Bürgern eine neue Perspektive geben, das will Dr. Peter Schweikert-Wehner. Der 52-Jähriger Apotheker steht auch auf Platz eins der Reserveliste der SPD. Das drängendste Thema für ihn sei der Schuldenstand der Stadt. Mechernich habe die höchste ProKopf-Verschuldung im Kreis: "Wir brauchen eine Neuordnung der Finanzen." Langfristige politische Ziele seien eine neue Wohnungsbaupolitik mit mehr Verdichtung in der Kernstadt, ein neuer Umgang mit der Bleibelastung – unter anderem eine Reihenuntersuchung zur Bleibelastung von Kindern– und die Belebung der Innenstadt durch ein neues Konzept.

Der dritte Bürgermeister-Kandidat ist Oliver Totter (FDP). Er wolle frischen Wind ins Rathaus bringen, sagt der 48-Jährige, der gleichzeitig auch Platz eins auf der Liste seiner Partei innehat. Sollte er gewählt werden, wolle er als erstes das beschlossene Konzept für die Innenstadt stoppen, den Antrag auf Fördermittel um ein Jahr verschieben und den Vorschlag erst einmal den Bürgern vorstellen. Zeitgleich will er eine Sondersitzung des Rates zum Thema Blei einberufen, die nach Möglichkeit auch online gestreamt werden soll. Langfristig wolle er sich für eine nachhaltige Baupolitik, mehr Grünflächen in der Innenstadt und ein digitales Rathaus einsetzen.

Die Spitzenkandidaten für den Stadtrat

Zwar ist der amtierende Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick Mitglied der CDU, den ersten Listenplatz hat aber ein anderer inne. Peter Kronenberg, 73 Jahre alt, Rentner, sitzt seit 1999 im Stadtrat. Seit 2014 ist er Fraktionsvorsitzender der CDU. Nach der Wahl wolle er als erstes den barrierefreien Bahnsteig am Mechernich Bahnhof angehen, berichtet er auf Nachfrage. Langfristig setze er sich die Gestaltung der Innenstadt als Ziel: "Unsere Innenstadt muss erschlossen und mit mehr Leben erfüllt werden."

Für die UWV geht Gunnar Simon als Spitzenkandidat ins Rennen. Der 48-Jährige ist seit 2015 Mitglied des Stadtrates und sagt über sein politisches Engagement: „Ich möchte Mechernich mit einem positiven Blick und in einem positiven Sinne voranbringen.“ Im Rat wolle er sich für eine verantwortungsvolle Wohnpolitik, einen zukunftsfähigen Umgang mit der Bleibelastung und eine neue Mitte Mechernichs und den weiteren Abbau des Schuldenstands einsetzen. Insgesamt sei Mechernich auf einem guten Weg.

Auch die Grünen haben ihre Fraktionsvorsitzende auf Platz eins der Reserveliste gesetzt. Nathalie Konias sitzt bereits seit 2009 im Mechernicher Stadtrat. Die 49-jährige Hausfrau hat sich für diese Wahl das Thema Flächenverbrauch auf die Fahne geschrieben. Hier fordert sie einen kommunalen Grundsatzbeschluss, der die Bodennutzung steuert und Ziele für die Stadtentwicklung festschreibt. Langfristig wünscht sie sich, "dass bei allen Entscheidungen der Klimaschutz immer mitbedacht wird".

Die Linke ist bislang nicht im Mechernicher Stadtrat vertreten. Der 39 Jahre alte Daniel Decker will das ändern. Der IT-Kaufmann ist nach eigenen Angaben bereits seit 15 Jahren politisch aktiv und kennt die Arbeit des Stadtrats aus seiner Arbeit als sachkundiger Bürger. Er sagt: „Der Turbokapitalismus der CDU, der einseitig auf ein expansives Wachstum der Siedlungsgebiete zum Nachteil von Bürgern und Natur abzielt, muss beendet werden.“ Decker will sich für die Gründung einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft einsetzen.

Ebenfalls noch nicht im Rat vertreten ist bislang die AfD. Spitzenkandidat ist Dr. Klaus-Peter Jeck. Der 67-Jährige will nach eigener Aussage aus ökonomischen Gründen in den Stadtrat, da der Kreis Euskirchen in einer Deutschland-Studie des ZDF von 2019 überwiegend auf den hinteren Rängen rangiere. Das wichtigste Thema für ihn sei die finanzielle Sicherung aller im Kreis Euskirchen ansässigen Krankenhäuser. Als langfristige Ziele nennt er Wirtschaftsförderung und die Förderung von Familienzuzug.