Vussemer Dörries-Werk25 Jahre nach dem Konkurs kämpfen Mitarbeiter noch immer um Geld
Mechernich-Vussem – Mit einer Reise nach Düsseldorf „feiern“ an diesem Donnerstag Hans Josef Schmitt und Wilhelm Mausbach ein ungewöhnliches Silberjubiläum: den Konkurs der Mönchengladbacher Dörries Scharmann AG und des Dörries-Werks in Vussem. Wobei die Feier lediglich aus einer Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Landtags besteht.
Die beiden haben die Nase gestrichen voll und wollen das dem Petitionsausschuss mitteilen. Denn seit 25 Jahren kämpft der „Verein zur Förderung und Erhaltung der Werkzeugmaschinenbautradition in der Eifel e.V.“ dafür, dass die finanziellen Forderungen der einstigen Belegschaft – dabei handelt es sich größtenteils um offene Löhne und Gehälter – beglichen werden.
31 der knapp 300 betroffenen Mitarbeiter bereits verstorben
So kurios es klingt: Nach 25 Jahren ist das Insolvenzverfahren immer noch nicht abgeschlossen. Mittlerweile sind 31 der damals knapp 300 von der Firmenpleite betroffenen Mitarbeiter gestorben. Das gilt auch für den Düsseldorfer Rechtsanwalt Friedrich Wilhelm Metzeler, der 1996 als Konkursverwalter eingesetzt wurde. Als er 2019 starb, übernahm die Düsseldorfer Kanzlei von der Fecht die Konkursverwaltung – und musste sich völlig neu in das langwierige und komplexe Verfahren einarbeiten, dessen Ende immer noch offen ist.
Wochenlanges Hoffen und Bangen
Wilhelm Mausbach, Betriebsleiter des damaligen Dörries-Werkes in Vussem, und Hans Josef Schmitt, damals stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrates, erinnern sich noch gut an die aufregenden und schmerzvollen Tage im Februar und März 1996, als im Kielwasser des Konkurses der Bremer Vulkan AG auch die Tochter Dörries Scharmann AG der Konkurs ereilte.
Wochenlang hofften und bangten die Mitarbeiter darum, dass das Werk und damit ihre Arbeitsplätze doch noch gerettet werden könnte. Rettungskonzepte, Mahnwachen vor den Werkstoren, Demonstrationen und eine beeindruckende Solidarität der Menschen in der Region – all das war letztlich vergebens. Das Werk machte dicht.
Jahrzehntelanger Rechtsstreit noch immer nicht beendet
Es sei wichtig, dass man nicht durch die Maschen des Netzes falle, sagte Hans Josef Schmitt damals im Interview. Und glaubte, dass sich mit Vergleichsverwalter Friedrich Wilhelm Metzeler, den er als „hart, aber fair“ kennenlernte, sicher ein Weg finden lasse. Er konnte nicht ahnen, wie sehr er sich damals irrte.
Das weiß er heute, ein Vierteljahrhundert später, sehr genau. Nach einem jahrzehntelangen Rechtsstreit vor mehreren Gerichten bis hin zum Oberlandesgericht, warten die Mitarbeiter (oder deren Erben) immer noch auf das Ende des Verfahrens und ihr Geld. Denn 2010 wurde nach Abschluss des eigentlichen Konkursverfahrens eine Quote von 16 Prozent der festgestellten Konkursforderungen an die Gläubiger, darunter auch die Mitarbeiter, ausgezahlt. Doch dann stockte das Verfahren erneut.
Das Museum
In Räumlichkeiten des früheren Dörries-Werks, heute das Industrie- und Handwerks-Zentrum Feytal, hat der „Verein zur Förderung und Erhaltung der Werkzeugmaschinentradition in der Eifel e.V.“ seit 2015 sein Museum/Archiv Neuhütte eingerichtet. Hier wird die jahrhundertealte Geschichte des Eisenindustrie- und Maschinenbaustandortes Neuhütte dokumentiert.
Die Mittel für dieses Projekt stammen aus der früheren Belegschaftskasse. Damit wurden zunächst Ausbildungsmaßnahmen in den Nachfolgefirmen von Dörries gesponsert. Auch wurde mit dem Geld eine Expertise der Historikerin Gabriele Emrich finanziert. Ihre Forschungsarbeit beschreibt die Entwicklung von den Anfängen der Vussemer Eisenindustrie 1722 bis zum Jahr 1954. In diesem Jahr übernahm die Maschinenbaufirma Dörries AG nach dem Konkurs der Bohrmaschinenfabrik Girards den Standort mitsamt den verbliebenen Maschinen.
Die Geschichte der Firma Dörries, die sich in 45 Jahren zu einem Maschinenbauer mit Weltrang entwickelte und zeitweise 350 Mitarbeiter beschäftigte, hat Wilhelm Mausbach dokumentiert.
Zahlreiche Exponate, etwa die imposante Girards-Bohrmaschine, die einst in Vussem produziert wurde, sowie ein großer Fundus an historischen Dokumenten und Fotos bewahren die Erinnerung an die wechselvolle Geschichte des Standortes, der auch nach dem Konkurs des Dörries-Scharmann-Konzerns ab 1996 von Nachfolgefirmen genutzt wurde.
Das Museum kann nach vorheriger Terminvereinbarung bei Wilhelm Mausbach, Tel. 0 22 56/ 32 62, E-Mail w.m.mausbach@t-online.de, besucht werden. (ch)
Hartnäckig bleibt der 1998 von ehemaligen Dörries-Mitarbeitern gegründete Verein bei der Sache, um auch das restliche Geld zu erhalten. Die Zahlung wurde nach einem mühsamen Vergleich zwischen dem Konkursverwalter und einem Gläubiger zwar für 2020 angekündigt, aber nicht getätigt. Telefonisch, so Schmitt, sei man auf 2021 vertröstet worden. Die Begründungen für die erneuten Verzögerungen, etwa dass die Bankverbindungen der Gläubiger aktualisiert werden müssten oder beim Konkursverwalter noch die Kostenrechnung des Landgerichts Düsseldorf ausstehe, sind für den Verein nicht mehr akzeptabel.
„Unseres Erachtens wird ein Verfahren auf der Verwaltungsebene ohne erkennbare und nachvollziehbare Rechtsgründe verschleppt und wir hoffen, dass wir mit Unterstützung des Petitionsausschusses nicht weitere 24 Jahre warten müssen“, schrieb Hans Josef Schmitt an den NRW-Landtagspräsidenten. Schmitt im Gespräch mit der Redaktion: „Es geht uns eigentlich gar nicht mehr ums Geld.“ Aber dass ein solches Verfahren in einem demokratischen Rechtsstaat Jahrzehnte dauere und Geschädigte auf der Strecke blieben, das sei einfach skandalös.
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Aus diesem Grund verfolge der Verein beharrlich seine Interessen als Beobachter in den diversen Gerichtsverfahren und im politischen Raum weiter. Daher habe man Ende 2020 den Petitionsausschuss des Landtags angerufen.
Zumindest einen Hoffnungsschimmer haben Mausbach und Schmitt. Ursprünglich wollten sie im März in ihrem kleinen Museum, in dem sie auf dem früheren Dörries-Gelände über die jahrhundertelange Geschichte des Eisenindustrie- und Maschinenbaustandorts Neuhütte informieren, mit den Vereinsmitgliedern das silberne Konkursjubiläum feiern. Doch bei diesem Vorhaben kam ihnen die Corona-Pandemie in die Quere. Mit der Anhörung vor dem Petitionsausschuss haben sie nun zumindest die Hoffnung, dass sie stattdessen nach 25 Jahren das Ende des Verfahrens feiern können.