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Bosnien-HerzegowinaMechernicher Ehepaar verbringt die Ferien im Malteser-Einsatz

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Helfen im Urlaub: Heribert und Karin Gerstenmeyer am Fuße des Kreuzbergs in Medjugorje.

  1. So richtiger Urlaub ist es nicht, aber die Zeit in Medjugorje gibt dem mechernicher Ehepaar Heribert und Karin Gerstenmeyer immer etwas zurück.
  2. Heribert Gerstenmeyer ist schon seit seinem 12. Lebensjahr bei den Maltesern, dass er Jahre später aber seine Ferien im Malteser-Einsatz in Bosnien-Herzegowina verbringt, ist allerdings Zufall.
  3. Lesen Sie hier, wie er und seine Frau sich für Medjugorje engagieren – und wie ihre Hilfe begann.

Mechernich – Heribert Gerstenmeyer war schon immer „sehr katholisch“, wie er es formuliert. Und fast genauso lange ist der Mechernicher ein Malteser: Mit 13 Jahren trat er dem Verein bei. Dass er heute Malteserdienste an einem katholischen Pilgerort verrichtet, klingt daher fast wie eine unausweichliche Konsequenz. Dabei war es eigentlich Zufall.

Gerstenmeyer kniet auf dem Wohnzimmerteppich und sucht unter dem Couchtisch nach einem kleinen Heftchen. Er zieht eine orangefabene Broschüre aus dem Stapel unter dem Tisch. „Medjugorje“ steht drauf. Mit solch einem Heft hat sein Engagement im Prinzip begonnen. Medjugorje ist ein kleiner Ort im Südosten von Bosnien-Herzegowina nahe der kroatischen Grenze. 1981 soll dort mehreren Kindern Maria erschienen sein. Seitdem hat sich der Ort mit etwa 2300 Einwohnern zu einem inoffiziellen katholischen Pilgerort entwickelt. Laut Gerstenmeyer kommen jedes Jahr zwischen fünf und acht Millionen Menschen aus aller Welt dorthin, um Maria um Hilfe zu bitten.

Alles begann mit Heft über Medjugorje

Der 60-Jährige war selbst in einer schwierigen Situation, als er von dem Ort erfuhr: Er sei für längere Zeit in einem Krankenhaus gewesen und habe das Bett kaum verlassen können, erzählt er. Sein Zimmernachbar erhielt die kleinen Hefte über Medjugorje, die in Österreich von der Gebetsaktion „Maria – Königin des Friedens“ produziert werden, per Post zugeschickt. So erfuhr Gerstenmeyer von dem Pilgerort. Das war in den 1990er Jahren.

Malteser in Medjugorje

Seit 1998 gibt es in dem Pilgerort ein Haus der Malteser. Sie bieten dort medizinische Versorgung für Pilger und Einwohner an. Das Projekt finanziert sich über Spenden. In dem Haus gebe es eine Arztpraxis, erklärt Heribert Gerstenmeyer. Die habe von Ostern bis Allerheiligen jeden Tag von 9 bis 21 Uhr geöffnet.

Untersucht werden die Patienten von Ärzten und Krankenschwestern aus der Region, die sich durch die Tätigkeit bei den Maltesern etwas dazu verdienen. „Die machen Frühschicht im Krankenhaus und kommen dann in die Praxis“, erklärt Karin Gerstenmeyer.

Die Malteser helfen ehrenamtlich. „Wir machen die Anmeldung, fahren den Krankenwagen, machen Verbände“, erklärt Heribert Gerstenmeyer. Mindesten zwei Wochen bleiben die Helfer vor Ort. Wer sich für einen Einsatz interessiert, kann sich mit Angabe des Wunschzeitraums bewerben. (jre)

www.malteser-sanitaetsdienst-medjugorje.de/startseite.html

Bis zu seinem ersten Einsatz in Bosnien-Herzegowina 2009 vergingen noch einige Jahre. In der Zeit war Gerstenmeyer sehr aktiv bei den Maltesern, kümmerte sich etwa um die Einführung des Hausnotrufdienstes im Mechernicher Stadtgebiet. Die Mechernicher Malteser-Ortsgruppe gibt es inzwischen nicht mehr – Gerstenmeyers Engagement jedoch ist geblieben.

„Das kann man sich nicht vorstellen“

Irgendwann lernte der Rettungsassistent zufällig Dr. Dieter Scheidt kennen, Arzt und ebenfalls Malteser. Der lud ihn zu einem Vortragsabend über Medjugorje ein. Die Malteser betreiben dort seit vielen Jahren eine Arztpraxis. „Der dachte, er zeigt mir was Neues, aber das kannte ich ja schon“,so Gerstenmeyer schmunzelnd. Scheidt habe ihn geradezu bedrängt, einmal mitzufahren, bis Gerstenmeyer schließlich nachgab. Vier Mal war er seitdem da, zuletzt im vergangenen Herbst.

Seit 2012 ist auch Ehefrau Karin, Physik- und Mathematiklehrerin und ebenfalls bei den Maltesern, dabei. Wenn die beiden über ihre Erlebnisse in Medjugorje sprechen, sprudelt es nur so aus ihnen heraus. Eine Geschichte nach der anderen fällt ihnen ein. Immer wieder schüttelt Heribert Gerstenmeyer den Kopf und sagt: „Das kann man sich nicht vorstellen.“

Pilger erhoffen sich Heilung durch Gebete

Die Situation in dem Wallfahrtsort ist alles andere als einfach. Bosnien-Herzegowina ist ein armes Land mit einer vergleichsweisen jungen Demokratie. In einigen Häusern der Region seien noch Einschusslöcher und Risse zu sehen – Überbleibsel aus dem Bosnienkrieg. Eine mit der in Deutschland vergleichbare medizinische Versorgung gibt es nicht. Für vieles muss jeder selbst zahlen. Für eine Fahrt von Medjugorje mit dem Krankenwagen ins rund 25 Kilometer entfernte Krankenhaus nach Mostar zahle man schnell 100 Euro, so Gerstenmeyer.

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Nach Medjugorje kommen Tausende Pilger aus allen möglichen Ländern: Italien, Irland, Trinidad und Tobago – die Verständigung ist da eher schwierig. Und: Viele Pilger sind schwer krank. Sie erhoffen sich laut Karin Gerstenmeyer durch ihre Gebete zu Maria Linderung oder gar Heilung. Da das Personal in der Malteser-Praxis nahezu alle zwei Wochen wechselt, entwickelt sich jedoch kaum Routine und es werde eben viel improvisiert, so Heribert Gerstenmeyer. Seine Frau erzählt, wie sie einmal laut Happy Birthday anstimmte, damit der Patient verstand, dass er sein Geburtsdatum ins Anmeldeformular eintragen solle.

Kein Urlaub, sondern harte Arbeit

Die zwei haben in Medjugorje viel erlebt. „Wenn Sie als Malteser mit dem Rucksack rausgehen, kommen Sie immer mit Verletzten zurück“, so Heribert Gerstenmeyer. Oft seien es Schürfwunden oder Knochenbrüche, weil die Pilger in Schlappen auf den nahe gelegenen Kreuzberg marschierten, zu dem kein richtiger Weg angelegt sei. „Die Menschen glauben da einfach: Maria wird schon helfen“, sagt Karin Gerstenmeyer. Manches Schicksal der Pilger berühre sie beide sehr. Dann brauche es nach der Arbeit etwas, bis man zur Ruhe komme.

Als Helferin, so Karin Gerstenmeyer, arbeite sie praktisch den ganzen Tag durch. Pausen? Fehlanzeige. Das klingt nicht nach entspanntem Urlaub. „Man ist danach im Prinzip platt“, bestätigt sie. Aber die Zeit in Medjugorje gebe ihnen auch viel, sagt ihr Mann. „Wir haben auch Stunden gehabt, wo man einfach abschalten kann.“ Morgens seien sie fast immer vom Rosenkranz-Gebet geweckt worden. Häufig haben sie im Ort angebotene deutsche Messen besucht.

Nach der jüngsten Tour hätten sie gesagt: „Das war das letzte Mal“, so Karin Gerstenmeyer. Aber wahrscheinlich werden sie nochmal hinfahren. So ganz lässt sie Medjugorje nicht los.