Heimlich Pilotenschein gemachtLinda Kotzur aus Kommern wird auf Instagram berühmt
Mechernich-Kommern – Freude, Nervosität, Enthusiasmus und ein wenig Angst – die Gefühlspalette vor dem ersten Soloflug kannte bei Linda Kotzur nur den Himmel als Grenze. „Mir war heiß, meine Hände nassgeschwitzt. Wenn der Lehrer auf der rechten Seite fehlt, nimmt man die wahnwitzigsten Geräusche wahr, die vorher durch Gespräche übertönt worden sind“, sagt die 32-jährige Kommernerin, die nicht nur den ersten Flug erfolgreich meisterte, sondern auch die Landung.
Seit vier Jahren hebt Kotzur ab. Erzählt hat sie davon zunächst niemandem – nicht ihren Freunden, nicht ihrer Familie. Nur wer ganz genau hingeschaut hat, hätte vielleicht etwas von ihrem Vorhaben, den Privatpilotenschein zu machen, erahnen können. Die Vertriebsinnendienstlerin kaufte sich als Mutmacher und Glücksbringer eine Kette mit einem kleinen, silbernen Mutmacher-Anhänger – in Form einer Piper PA-28. Auch vor ihrem Bruder Florian, immerhin leidenschaftlicher Modellflieger, hielt sie ihr neues Hobby geheim.
Dafür überraschte Kotzur ihn mit einem Geschenk: einem Rundflug über die Eifel. Dem Wunsch, dass er vorne sitzt, kam die 32-Jährige gerne nach. Was Florian aber nicht ahnte: Seine Schwester saß direkt neben ihm, mit dem Steuer in der Hand. „Da hat er schon nicht schlecht geguckt“, erinnert sich die Pilotin über den ersten Flug mit ihrem Bruder.
14.000 Fans auf Instagram
Doch wie teilt man heute der Welt mit, dass man etwas Tolles erreicht hat? Richtig: in den Sozialen Netzwerken. Kotzur richtete sich einen Instagram-Account ein und nimmt seitdem ihre Follower mit auf ihre Reisen und Flüge. Sie gibt aber auch Tipps, verrät praktische Tricks oder berichtet über Erfahrungen. „Ich hätte niemals gedacht, dass sich auch nur irgendwer für eine Frau in der Luftfahrt interessiert“, sagt die 32-Jährige. Doch weit gefehlt. Mehr als 14.000 Menschen folgen der Pilotin mittlerweile auf Instagram – Tendenz steigend.
Mitte August wird Kotzur ihre Follower in der digitalen Welt mit auf ihre Reise durch Deutschland und nach Österreich nehmen. „Ich kann sagen, dass ich in Urlaub fliege – im wahrsten Sinne des Wortes“, so Kotzur. Zwei Wochen will sie mit einem Flugschüler an ihrer Seite kreuz und quer durch die Republik fliegen. „Es gibt kein geileres Hobby zum Geldverbrennen“, sagt sie schmunzelnd. Und das Hobby sei in den vergangenen Wochen und Monaten noch teurer geworden. Ein Liter Flugbenzin kostet laut der 32-Jährigen mehr als drei Euro. 190 Liter fasst der Tank der Piper PA-28. Ein voller Tank reicht für knapp fünf Stunden Flugzeit.
Aus dem Anhänger an ihrer Kette ist mittlerweile ein ausgewachsenes Flugzeug geworden, das sie regelmäßig mietet. „Das war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Kotzur über das Flugzeug, das aufgrund seiner Kennung den Namen „Erdbeere“ trägt. Aber es ist auch eine Maschine mit Tücken. „Bis heute habe ich keinen Weg gefunden, wie man elegant in eine Piper einsteigt. Ich krabbele mehr oder weniger hinein“, erzählt die Kommernerin: „Und trotz meiner Größe von 1,83 Meter muss ich mich strecken, um besser nach draußen sehen zu können.“
Kunstfluglehrgang absolviert
Vor wenigen Wochen absolvierte Kotzur einen Kunstflug-Lehrgang. „Das war eine Art Flugsicherheitstraining. Ich möchte einfach auf unbeabsichtigte Fluglagen im Notfall vorbereitet sein“, sagt die Kommernerin, die zu Beginn ihrer fliegerischen Leidenschaft auf der Dahlemer Binz als Flugleiterin im Tower gearbeitet hat und das Geschehen in der Luft rund um den kleinen Flugplatz geregelt hat.
Heute hebt sie vor allem in Bonn-Hangelar ab, weil dort die „Erdbeere“ steht. Jede freie Minute verbringt sie in der Luft. „Es ist ein unglaubliches Gefühl von Freiheit, mit einem Flugzeug unterwegs zu sein“, sagt Kotzur. Man müsse sich beispielsweise nicht abhetzen, um zum Flughafen zu kommen, weil man nun selbst der Pilot sei.
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Und teilweise hat das Pilotendasein etwas von einem Highend-Campingurlaub. „Es gibt die Möglichkeit mithilfe des Flügels und einer Plane eine Art Zelt unter dem Flügel zu installieren“, erklärt Kotzur. Bei der Reise durch Deutschland, zu der sie bald abheben wird, wird sie aber auf der Rückbank einen Koffer mitnehmen. Hotels hat sie noch nicht gebucht. Da kommt wieder das Spontane in ihr durch: „Wenn es uns nicht gefällt, dann fliegen wir einfach weiter. Da sind wir unabhängig wie das Fliegen selbst.“