Im Zuge der Sanierung wurde der Kirchturm in Nettersheim-Marmagen vervollständigt. Auch der lange verschollene Kreuzweg ist aufgetaucht.
Uhr installiertNach 100 Jahren ist der Turm von St. Laurentius in Marmagen komplett fertig
Nun kann niemand mehr sagen, die Marmagener wüssten nicht, was die Stunde geschlagen hat. Denn ein Jahrhundert nach der Fertigstellung des Kirchturms hat der nun auch eine Uhr – so, wie es von Anfang an geplant war. Dabei ist die Uhr zwar weithin sichtbar, aber eigentlich nur ein kleiner Schritt im Zuge einer viel größeren Sanierung.
„Kompliziert war das eigentlich nicht“, sagt Hermann-Josef Poensgen vom Kirchenvorstand. Das ist ein Verdienst der neuen Technik, denn Antrieb und Steuerung funktionieren elektrisch. „Eine mechanische Uhr kann sich heutzutage niemand mehr leisten“, betont er. Nur ein recht kleiner Motor hängt im Innenraum des Kirchturms und treibt die Zeiger an.
Auf den alten Bauzeichnungen ist die Kirchturmuhr deutlich zu erkennen
Auf den Bauzeichnungen des Turms, der 1923 errichtet wurde, ist die Uhr zu sehen. Der Neubau wurde notwendig, weil die alte Marmagener Kirche zu klein geworden war. Eine Erweiterung war nur in der Westrichtung möglich, so dass der alte Turm aus dem 11. Jahrhundert abgerissen und das Mittelschiff um mehrere Meter verlängert wurde. Es wurde ein neuer, 36 Meter hoher Turm mit Glockenstuhl angebaut. Allerdings ohne Uhr.
Die Idee, die Turmuhr nun doch anzubringen, kam auf, als die Glockensteuerung erneuert wurde. Die sei überaltert gewesen, erläutert Poensgen. Im Zuge dieser Sanierung habe der Förderverein beschlossen, dass endlich wieder eine Uhr an den Kirchturm solle. „Das hat eigentlich die neue Glockensteuerung ermöglicht“, sagt Poensgen.
Dabei sei viel Eigenleistung erbracht worden, ergänzt Poensgens Sohn Sebastian. Der hat schon dafür gesorgt, dass die Kirche mit einem Blockheizkraftwerk und Stromtankstelle für E-Autos auf dem neuesten Stand ist. „Die neue Glockensteuerung passt sich nahtlos ins Stromkonzept ein“, erläutert er.
Die Glocken von St. Laurentius können per App gesteuert werden
So können die Glocken über eine Handy-App gesteuert werden. „Es ist möglich“, so Sebastian Poensgen, „von Südfrankreich aus bei einer Beerdigung das Geläut zu steuern.“ Unsicher sei gewesen, ob es gelungen sei, per Programmierung dafür zu sorgen, dass die Glocken von Karfreitag bis Ostersonntag schweigen. Doch das habe reibungslos funktioniert.
Nicht nur das Kirchengeläut ist nun zu hören. Auch die Viertelstunden und vollen Stunden werden durch Glockenschläge angezeigt. Dafür sind pneumatische Schlagwerke angebracht. „Die alten Hammer haben den Glocken nicht gut getan“, sagt Hermann-Josef Poensgen. Eine tiefe Kerbe ist im Metall der Glocke von 1505 zu spüren, die der alte Hammer hinterlassen hat.
Wer nun erwartet, dass die neue Uhr aus einem mannshohen Kasten angetrieben wird, sieht sich getäuscht. Ein kleines Kästchen bewegt die Zeiger. „Die sind so austariert, dass sie praktisch kein Gewicht auf die Achse bringen und ganz leicht bewegt werden können“, erläutert Sebastian Poensgen.
Marmagener Glocken haben Melodien für Weihnachten und Karneval
Das sei aber nicht immer so gewesen, berichtet sein Vater. Denn die Uhr, die in dem 1923 abgerissen Turm war, sei durch ein großes, mechanisches Werk angetrieben worden. „In seinen Erinnerungen berichtet Hermann Kranz, der 1920 geboren wurde, dass er mit seinen Freunden mit dem alten Uhrwerk gespielt habe, das hinter der Kirche gestanden habe“, erzählt er. Später sei es verschrottet worden.
Einer Firma aus Herford habe die Steuerung für die neue Uhr geliefert. Schwieriger sei es gewesen, eine Firma zu finden, die das Zifferblatt herstellt. Das sei das eigentlich kostenintensive gewesen, sagt Poensgen: „In Bayern gibt es einen Betrieb, der noch so etwas macht. Dort ist auch unsere Uhr gefertigt worden.“
Dank der neuen Technik ist noch mehr möglich. Denn zum einen kann in Marmagen nun digital gebeiert werden. Und zum anderen können Melodien, die mit den drei auf gis, fis und dis gestimmten Glocken gespielt werden können, über die Handyapp angesteuert und gestartet werden. „Weihnachten haben die Glocken bereits ,Stille Nacht' gespielt“, sagt Sebastian Poensgen und tritt gleich mal den Beweis an. Und auch für Karneval sei eine Melodie programmiert, verrät er mit einem Augenzwinkern.
Kreuzweg ist wieder aufgetaucht
In den 1950er-Jahren erfuhr die neugotische Pfarrkirche durch Pfarrer Erich Froitzheim eine Neugestaltung. „Die Kirche war damals richtig bunt“, erinnerte sich Hermann-Josef Poensgen. Viele der alten Ausstattungsstücke wurden entfernt, nur eine der alten Bänke, die damals versteigert wurde, hat ihren Weg in die Kirche zurückgefunden. Auch der Kreuzweg war entfernt worden, da er nicht mehr passte.
Über viele Jahre hatte St. Laurentius keinen Kreuzweg. Rätselhaft blieb, wo der Kreuzweg war. Bis Poensgen eines Tages auf dem Dachstuhl der Kirche ein Loch auffiel, das in einen Speicher über der Marienkapelle führte. Hier fand er zu seiner Überraschung den alten Kreuzweg, der nun im Zwischenstock des Turmes hängt. „Der würde heute nicht mehr zu der Ausstattung passen“, sagt er.
Zu entdecken ist dort noch mehr. Denn in dem Putz haben sich Generationen von Messdienern verewigt, die dort zum Glockenläuten abgestellt worden waren.
Freie Stelle beim Chor
Einen neuen Chorleiter sucht der Kirchenchor in Marmagen. Für die 22 Aktiven ist es nach dem Abschied von Axel Wilberg eine traurige Zeit. Dabei kann der Chor auf spannende Aufführungen zurückblicken. 1889 wurde er gegründet – damals noch als Männerchor. Zum 100-jährigen Bestehen übernahm Paul F. Irmen 1989 die Leitung. Unter seiner Regie wurden unter anderem mit der „Carmina Burana“ von Carl Orff oder Mozarts „Zauberflöte“ einige aufwendige Konzerte gegeben.
Nach dem Abschied Irmens vor zehn Jahren gab es eine Reihe von Chorleitern. Doch Sebastian Fusenich etwa zog nach Würzburg, Erik Arndt trat die Kantorstelle in Mechernich an. Über 40 Menschen waren damals in dem Chor aktiv. Aktuell ist die Stelle wieder vakant.
„Corona war ein Knackpunkt“, sagt die zweite Vorsitzende Franziska Bingen. Viele Ältere haben aufgehört. Die verbliebenen Aktiven treffen sich weiterhin einmal im Monat zur angestammten Zeit am Montagabend. Dann ist neben Geselligkeit auch Stimmbildung angesagt. „Man muss doch bei Stimme bleiben“, so die Vorsitzende Roswitha Krahe.
Weltliche Musik singt der Chor gerne, er ist und bleibt doch ein Kirchenchor. „Die kirchlichen Feste müssten weiter bedient werden“, so Krahe. Als Chorleiter wünschen sich die Marmagener jemanden, der dirigieren, Klavier spielen und auch mit Laien umgehen kann. Auch Berufsanfänger seien willkommen. Weitere Informationen über den Chor gibt es im Internet, Angebote gehen an Maria Mattes bei der GdG Steinfeld, Tel. 0157/ 71020470 oder per E-Mail.