„War (What is it good for?)“Nettersheimer Gastronom produziert Anti-Kriegs-Song
Nettersheim – Anti-Kriegslieder? Man könnte meinen, das sei eine eher flüchtige Erscheinung aus dem vorigen Jahrtausend gewesen. Heute hat sich bislang kein Bono und kein Bob Geldof aufgeschwungen, seine Kollegen zusammengetrommelt und einen ergreifenden Song gegen den Krieg in der Ukraine aufgenommen.
Da muss schon Andreas „Recky“ Reck aus Nettersheim kommen, die Sache in die Hand nehmen – und dann fluppt das auch. „War (What is it good for?)“ heißt der bekannte Titel, den Reck mit Freunden neu aufgenommen hat und nun zum Download bereitstellt.
Bis 2011 war Reck Musiker und Produzent
Wer den Namen Reck kennt, denkt an den arg gebeutelten Gastronomen, der zuerst von Corona, dann von der Flut und schließlich von einem Sturm derart getroffen wurde, dass jeder Versuch eines Neuanfangs sofort wieder zunichte gemacht wurde. Doch bevor Reck 2011 den „Freistaat Eifel“ ausrief, war er Musiker und Produzent.
Angefangen hat seine Musikerkarriere bei der Band „The Linesmen“, die im Ruhrgebiet aktiv war. Doch nicht nur dort: „Wir waren die erste Band, die nach dem Fall der Mauer in der DDR gespielt hat“, erzählt Reck.
Damals habe es in Ostdeutschland eine sehr aktive Untergrundszene gegeben: „Wir kannten einen Kulturmenschen aus Karl-Marx-Stadt, der hat uns die Konzerte vermittelt.“ So habe seine Combo als Nachband zu der damals angesagtesten DDR-Punkband „Herbst in Peking“ gespielt: „Die Gage haben wir in DDR-Mark bekommen, damit konnten wir gar nichts anfangen.“
Mit Ina Müller erste Platte aufgenommen
Die ersten Schritte zur Musikproduktion habe er in Nordengland gemacht. Als er nach Deutschland gekommen sei, habe er das professionalisiert und vor allem Kabarettveranstaltungen aufgenommen: „Da waren die Missfits dabei, Ina Müller, Tana Schanzara, Jochen Malsheimer und Bill Mockridge.“ Teilweise habe er auch Songs geschrieben und mit Ina Müller ihre erste Platte aufgenommen.
Anschließend habe er ein Studio in Wachtberg-Niederbachem bei Bad Godesberg aufgemacht. Dort habe er wieder mit alten Bandmaschinen gearbeitet. „Sie haben einen anderen Klang, die Spitzen werden weicher begrenzt“, beschreibt er den Unterschied zu digitalen Aufnahmen.
Rückzug vor elf Jahren
2011 hat er sich aus dem Musikbusiness zurückgezogen: „Damals wollte niemand etwas für Musik bezahlen.“ Auch heute zahle Spotify für einen Stream nur 0,03 Euro: „Das ist nur gut für die großen Stars, der gesamte Mittelstand kann davon nicht leben.“
Als deutlich wurde, dass die Sanierung des „Freistaat Eifel“ nach der Flutkatastrophe noch viele Wochen dauert, habe er ein paar Songs aus den späten 1970er-Jahren aufgenommen. Schnell formierte sich mit seiner Schlagzeug spielenden Küchenhilfe Philipp Hohn eine neue Band mit Recks altem Kumpel Arnulf „Schwarte“ Schwarz am Bass und Daniel Täger an den Keyboards. Für den Backgroundgesang sorgt Anke „Sä“ Stockhausen.
Einnahmen sollen an Ukraine gespendet werden
Als die ersten Aufnahmen im Kasten waren, fiel Reck etwas auf: „Wir haben Krieg, und keiner macht einen Anti-Kriegssong!“ Sofort habe er an Edwin Starr und dessen Version von „War“ gedacht: „Erst einmal habe ich es allein aufgenommen, dann sind die Spuren von den Bandkollegen eingespielt worden.“ Täger, der mit Reck regelmäßig Podcasts veröffentlicht, produzierte dazu ein Video.
Er selbst wolle keinen geldwerten Vorteil haben, sondern Spenden für die Ukraine-Hilfe generieren, betont Reck. So sehe er keinen Sinn darin, den Song auf Spotify zu stellen: „Das hätte vielleicht 30 Euro gebracht.“ Stattdessen ist „War (What is it good for)“ frei erhältlich auf der Seite von „Eifel für Eifel“ – samt Video und auch als mp3 herunterzuladen. „Direkt daneben ist ein Spendenbutton. Wir hoffen, dass möglichst viele den benutzen“, bittet Reck.
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„Wir sind stolz, dass wir das zusammen mit Recky machen können“, sagt „Eifel für Eifel“-Initiator Jörg Weitz. Derartige Zivilcourage und Solidarität von einem Menschen, der selbst so viel mitgemacht habe, sei bemerkenswert. Das Geld solle zugunsten von Projekten für Ukraine-Flüchtlinge wie der kürzlich durchgeführte Tag der Begegnung und die Finanzierung von Hilfstransporten verwendet werden, teilte Weitz mit.
In kleinen Schritten zur Wiedereröffnung
Seiner eigentlichen Bestimmung als Gastronom in seinem Lokal „Freistaat Eifel“ kann „Recky“ Reck seit der Flutkatastrophe nicht mehr nachkommen. Immer mehr Schäden, die das Wasser verursacht hatte, wurden in dem Haus an der Steinfelder Straße entdeckt.
So mussten auch der komplette Fußboden und die Elektroinstallation neu gemacht werden. Noch immer wartet Reck darauf, die bereits bestellte Küche installieren zu können, die lieferbereit beim Händler steht.
Nur langsam geht die Beseitigung der Flutschäden voran. Doch: „Es geht mittlerweile in die richtige Richtung“, so Reck. Die Gemeinde Nettersheim als Eigentümerin des Gebäudes rechne mit Anfang August als Eröffnungstermin. Reck ist da etwas vorsichtiger: „Nach den ganzen Erfahrungen befürchte ich doch, dass es September werden könnte.“