Hilfe für die UkraineMarmagener bringt Güter an die Grenze des Landes
Nettersheim-Marmagen/Korczowa – Erschreckende Nachrichten kommen seit Tagen von der Grenze zwischen Ukraine und Polen. Seitdem Wladimir Putin die russische Armee in der Ukraine hat einmarschieren lassen, ziehen Flüchtlingsströme durch das Land, um sich vor den feindlichen Soldaten, vor Bomben und Raketenbeschuss in Sicherheit zu bringen. Teilweise tagelang sind Frauen und Kinder unterwegs, um über die verstopften Straßen zu den Grenzübergängen zu gelangen.
Spontaner Entschluss am Wochenende
Es sind diese Bilder, die Thomas Claßen und seinen Kollegen Ralf Oettinger nicht haben ruhen lassen. Spontan haben sie am Wochenende den Entschluss gefasst, einen Transporter mit Hilfsgütern vollzupacken und sich auf den Weg an die polnisch-ukrainische Grenze zu machen, um die Flüchtlinge in Empfang zu nehmen. „Wir haben zu Hause nachgefragt, ob das in Ordnung ist, und am Montag unseren Arbeitgebern Bescheid gesagt, die die Aktion auch unterstützt haben“, berichtet Claßen telefonisch.
Was auf den ersten Blick wie jugendlicher Leichtsinn aussehen mag, ist im Gegenteil wohlüberlegt. Zum einen sind Claßen und Oettinger Polizeibeamte, die wissen, was sie tun. Zum anderen ist es nicht das erste Mal, dass sie eine derartige Hilfsaktion aus dem Boden stampfen. „Vor 30 Jahren, als der Bosnienkrieg war, haben wir das schon einmal gemacht“, sagt der 52-Jährige. Über Kontakte haben sie ein Hilfszentrum in Medyka vor der ukrainischen Grenze als Ziel ausgewählt, das mit den Hilfsgütern gezielt angesteuert wird.
Welle der Hilfsbereitschaft in Marmagen
Schnell hat sich die spontane Aktion zu einer Welle der Hilfsbereitschaft entwickelt. „Das war ein Selbstläufer, das ist so explodiert, dass es kaum zu bewältigen war“, berichtet Claßen. An einem Tag habe er 25000 Euro an Spenden erhalten und ohne Ende Hilfsgüter. So sind aus dem eigentlich geplanten Transporter derer zwei geworden – plus Anhänger. Fortsetzung folgt: „In Marmagen haben wir noch einmal die gleiche Menge, die wir nächste Woche mit einem Container dorthin schicken wollen“, so Claßen. Viele Helfer haben mit angepackt, um die Spenden zu verpacken und zu verladen. Im Vorfeld seien Erkundungen eingezogen worden, was wirklich gebraucht werde – für die Flüchtlinge wie für die Menschen in der Ukraine.
Geldspenden sind effektivere Art der Hilfe
Spenden werden koordiniert
Das Deutsche Rote Kreuz hat am Dienstag einen Hilfstransport mit mehreren Lastwagen ins polnische Lublin geschickt, teilte Rolf Klöcker, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Euskirchen, mit. Von dort aus sollen die Nothilfegüter sowohl in die Ukraine gebracht als auch für die Versorgung der Geflüchteten verwendet werden. Auch das Italienische Rote Kreuz und der Türkische Rote Halbmond haben Konvois mit Hilfsgütern auf den Weg gebracht.
Auf umfassende Hilfe für die betroffene Bevölkerung sowie für Menschen auf der Flucht bereite sich das Rote Kreuz auch in der Bundesrepublik vor, so der Kreisverband.
Unkoordinierte Sachspenden, darauf weist Klöcker ausdrücklich hin, führen jedoch zu einem Infarkt lebenswichtiger Versorgungslinien. Er bittet darum, von gut gemeinten, aber nicht abgestimmten Lieferungen abzusehen. „Diese füllen Lagerhäuser, binden Transport- und Sortierkapazitäten, helfen aber leider nicht, sondern behindern die humanitäre Arbeit vor Ort“, teilt er mit.
Keine Kapazitäten gibt es laut Ukrainischem und Polnischem Roten Kreuz zur Annahme nicht angeforderter Lieferungen und Unterstützungsangebote. „Von Hilfsgüterlieferungen ist abzusehen, wenn nicht konkret Anfragen bedient werden, die vorher abgestimmt sind“, sagte Klöcker: „Wir haben im Rahmen der Fluthilfe im letzten Jahr die Erfahrung gemacht, dass uns überwältigende Mengen von Sachspenden an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bringen.“
Geldspenden seien eine deutlich effektivere Art der Hilfe, da sie die Möglichkeit böten, die Verwendung der Mittel flexibel an eine sich ändernde Bedarfslage in den betroffenen Gebieten anzupassen. (sev)
Sachspenden nur koordiniert transportieren
Unkoordinierte Sachspenden, darauf weist Klöcker ausdrücklich hin, führen jedoch zu einem Infarkt lebenswichtiger Versorgungslinien. Er bittet darum, von gut gemeinten, aber nicht abgestimmten Lieferungen abzusehen. „Diese füllen Lagerhäuser, binden Transport- und Sortierkapazitäten, helfen aber leider nicht, sondern behindern die humanitäre Arbeit vor Ort“, teilt er mit. (sev)
Ukrainisches Rotes Kreuz würde überfordert
Keine Kapazitäten gibt es laut Ukrainischem und Polnischem Roten Kreuz zur Annahme nicht angeforderter Lieferungen und Unterstützungsangebote. „Von Hilfsgüterlieferungen ist abzusehen, wenn nicht konkret Anfragen bedient werden, die vorher abgestimmt sind“, sagte Klöcker: „Wir haben im Rahmen der Fluthilfe im letzten Jahr die Erfahrung gemacht, dass uns überwältigende Mengen von Sachspenden an die Grenzen der Leistungsfähigkeit bringen.“
Geldspenden seien eine deutlich effektivere Art der Hilfe, da sie die Möglichkeit böten, die Verwendung der Mittel flexibel an eine sich ändernde Bedarfslage in den betroffenen Gebieten anzupassen. (sev)
An Bord ist in beiden Fahrzeugen das Gleiche: Decken, Schlafsäcke, Lebensmittel und Wasser für die Erstversorgung der in Polen ankommenden Flüchtlinge. Darüber hinaus sind aber auch Verbandszeug und medizinische Instrumente wie Defibrillatoren und Infusionsbestecke dabei sowie spezielle Medikamente. Dies wird an Fachpersonal übergeben, das die dringend benötigten Utensilien über die Grenze in die Ukraine bringt. „Wir gehen nicht davon aus, dass wir mitdürfen“, sagt Claßen. Wenn die Transporter entladen sind, sollen sie möglicherweise auf dem Rückweg verwendet werden, um Flüchtlinge mitzunehmen, schildert er die Planung.
Umgeleitet nach Korczowa
Am Dienstagmorgen hat der kleine Hilfskonvoi Polen erreicht. Von dem ursprünglichen Ziel, einem Sammellager von DRK und Malteser Hilfsdienst in Medyka, wird der Trupp umgeleitet zu dem Grenzort Korczowa. Dort befindet sich ein Sammellager des polnischen Militärs, in dem auch viele Freiwillige arbeiten. „Mittlerweile sind viele Busse mit uns Richtung Grenze unterwegs, die die Flüchtlinge in das Landesinnere oder nach Deutschland bringen sollen“, berichtet der Marmagener über Telefon von der Autobahn.
Gegen 16 Uhr am Dienstagnachmittag endet die Fahrt nach einigem Suchen an dem zugewiesenen Sammellager. Während draußen die Straßen wie ausgestorben seien, sei es dort sehr wuselig. „Wir sind herzlich empfangen worden. Uns wurde gesagt, die Leute hier würden alles entladen. Wir hätten genug getan, sollten reingehen und Tee trinken“, so Claßen: „Unsere Sachen werden hier in Busse geladen, die über die Grenze in das Kriegsgebiet fahren.“ Vor allem Decken und Schlafsäcke hätten sie mitgebracht, die im Feld gebraucht werden – dafür haben sie Kleidungsspenden zu Hause gelassen.
Flüchtlinge werden vom Militär betreut
Riesige Messehallen seien es, voll mit Flüchtlingen, die vom Militär betreut werden. „Wir dürfen hier keine Fotos machen“, sagt Claßen – die Privatsphäre der Menschen solle geschützt werden.
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„Es sind die Bilder, wie man sie von Kriegs- oder Naturkatastrophen kennt: Eine Riesenhalle voll mit Betten, viel größer als eine Turnhalle, voller Menschen. Das Militär versucht, die Menschen zu ernähren. Unbegreiflich“, schildert er: „Der Eindruck ist, ehrlich gesagt, überwältigend. Gerade fehlen mir die Worte.“ Er habe so etwas zwar schon einmal gesehen – aber jetzt sei es noch akuter.