Rückkehr in den Kreis EuskirchenWolf riss Schaf in Nettersheim-Engelgau
Nettersheim-Engelgau – Es kam wie aus heiterem Himmel. Seit dem Morgen des 27. Februar, als Irene Hansen-Schmitz auf ihrer Weide bei Engelgau das tote Schaf fand, ist die Welt für die Tierhalter in Nettersheim ein wenig anders. Seit Dienstagabend ist es offiziell: Der Riss ist von einem Wolf verursacht worden. Damit ist es in der Geschichte der Rückkehr des Wolfes nach Deutschland der erste amtlich bestätigte Nachweis eines Wolfes im Kreis Euskirchen. Die Unsicherheit in Engelgau ist groß.
„Ich wusste sofort, dass das kein Hamster gewesen ist“, berichtet Hansen-Schmitz von dem Schrecken, als sie das tote Tier gesehen habe. Die Weide, auf der sich das Schaf mit Artgenossin Olga als Rasenmäher verdient machte, liegt in einem ruhigen Tal in Richtung Pesch. Viele Waldstücke umschließen die Grünflächen.
Ratlos sei sie gewesen, so Hansen-Schmitz. Nach mehreren Telefonanrufen sei sie schließlich bei Luchs- und Wolfsberater Markus Wunsch gelandet, der gekommen sei und Proben von dem toten Schaf genommen habe. Nach der Genanalyse im Senckenberg-Institut in Gelnhausen steht fest, dass es ein Wolf war, der das Tier tötete.
Pferdehalterin ist unsicher, wie es weitergeht
Nach dem NRW-Wolfsmanagement wird der Schaden ersetzt. Zudem werden wolfssichere Zäune gefördert. Doch das ist nichts, was Hansen-Schmitz überzeugt: „Der Ersatz interessiert mich nicht. Das Problem ist, wie geht man damit um?“
DNA-Analyse bringt in aller Regel Klarheit
Mittels DNA-Analyse wird in der Regel abgeklärt, ob ein Nutztier tatsächlich von einem Wolf gerissen wurde. Oft ist es auch möglich, das einzelne Individuum zu identifizieren.
Eine aussagefähige Probe zu nehmen, ist eigentlich nur in den ersten 24 Stunden nach dem Riss möglich. Auch können starke Verunreinigungen wie in dem Fall des Schafes in Engelgau die Probe so verfälschen, dass zwar ein Tier der Art Wolf als Verursacher identifiziert werden kann, aber nicht das einzelne Tier.
Ist ein Wolf als Individuum identifiziert, erhält er einen Code. Dieser besteht aus den Buchstaben GW für German Wolf, eine Nummer und daran anschließend m oder f für das Geschlecht. So hat der Wolf, dem im Gebiet der Stadt Monschau zwei Risse zugeordnet werden konnten, zum Beispiel die Bezeichnung GW926m. Dieses Tier hält sich laut Lanuv zurzeit im belgischen Teil des Hohen Venns auf, was durch DNA-Abgleiche festgestellt worden sei. (sev)
Sie hat zwei trächtige Stuten, die auf einer Nachbarweide stehen, mitten im Wald. „Wolfssicherer Zaun?“, fragt sie sich. Sechs stromführende Litzen, nur noch freischneiden? Sie führt mit ihrem Bruder im Nebenerwerb eine Bio-Landwirtschaft mit Grünland. Dort, wo der Zaun steht, müsste sie alles niederwalzen.
Und: Als Pferdehalterin kommt sie in den Förderrichtlinien noch nicht einmal vor. „Wenn der Wolf sich etabliert, können wir unsere Pferde nicht mehr artgerecht halten“, fürchtet sie. Weidehaltung im Offenstall wäre für die robusten Isländer dann nicht mehr möglich.
Auch sei es dann für Rot- und Schwarzwild nicht mehr möglich, auf den Weiden zu äsen. „Dann haben wir in den Wäldern noch mehr Verbiss“, so Hansen-Schmitz. Eine Lösung wisse sie nicht. Jedoch wolle sie ihre Tiere artgerecht halten – und ohne Angst, morgens wieder ein totes Tier vorzufinden.
Die Sorge treibt auch Helmut Schruff umtreibt. 130 Schafe hat er auf seinem Hof am Weg zur Ahekapelle. Er sagt klar: „Wenn der Wolf in meine Herde geht, dann höre ich auf.“ Seit 30 Jahren betreibe er die Schafzucht im Nebenerwerb. „Die Zäune werden zwar bezahlt, aber die Arbeit nicht“, kritisiert er den Aufwand, der von den Schafhaltern verlangt werde. Bereits jetzt widme er seine Freizeit seinen Tieren.
Schafbesitzer reagiert mit Unverständnis
Aber 30 Hektar Weideland einzuzäunen? Das könne er nicht leisten. Wenn die Gesellschaft wünsche, dass in jedem Dorf ein Wolf wohne, dann könne er nicht weitermachen. „Ich verstehe die Politik nicht, die dahinter ist“, moniert er.
Angela Mayer ist derweil auf dem Weg zu ihren Pferden, die in einem Tal unweit der Weide von Hansen-Schmitz stehen. „Ich habe keine Angst“, sagt sie. Ältere Pferde könnten sich gut gegen die Wölfe verteidigen.
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Doch ob der Wolf überhaupt noch im Beritt ist, ist fraglich. Hinweise hat es nach dem 27. Februar jedenfalls nicht gegeben, bestätigen Luchs- und Wolfsberater Markus Wunsch sowie der Nettersheimer Förster Wolfgang Schmieder. Auch von den Kameras auf der Wildbrücke sei keine Sichtung gemeldet worden, berichtet Wunsch.
„Ich hatte vor dem Termin nicht den geringsten Verdacht, dass ein Wolf anwesend ist, und genauso sieht es heute aus“, sagt Schmieder. Allerdings, so erinnert er sich, hätten zu der Zeit Jäger davon berichtet, dass das Rotwild sehr scheu gewesen sei. „Dabei sind im Januar keine Pilzsucher unterwegs. Ich habe schon gesagt: Ruhig bleiben, muss ja nicht gleich der Wolf sein“, so der Gemeindeförster.
Hansen-Schmitz ist vorsichtig. Das überlebende Schaf „Olga“ hat sie auf Anraten von Wunsch auf eine Weide in Engelgau gestellt. Die zwei trächtigen Pferde werden ihre Fohlen auf einer Wiese am Ort bekommen. Sie fühlt sich alleingelassen: „Es gibt keine Infopolitik.“
Sie habe nicht gewusst, was läuft und wo sie sich melden solle. Auch jetzt müsse sie sich Informationen selbst suchen: „Ich habe schon überlegt, eine Infoveranstaltung zu organisieren.“