Ein Schiff geht auf ReisenÄltestes Schiff der Rursee-Flotte hat neuen Besitzer
- Die „Eifel“ fährt künftig unter anderem Namen auf dem Neckar.
- Damit verlässt das derzeit älteste Schiff der Flotte den Rursee.
- Für zwei ehemalige Kapitäne ein emotionaler Moment.
Simmerath-Rurberg – Mit Wehmut blickt Martin Lutterbach auf das Schiff, mit dem er so oft unterwegs gewesen ist. „Die ,Eifel’ war unser Schiff, die hieß ja genauso wie unsere Region“, sagt er über die besondere Verbindung. Mit seinem Kollegen Herbert Harth ist er am Montag auf den Damm nach Rurberg gekommen, um die Abreise der „Eifel“ aus der Eifel zu verfolgen.
Zwei Autokrane heben das 1954 gebaute Schiff aus dem Wasser und laden es auf einen Tieflader, der es nach Süddeutschland zu transportiert. Das derzeit älteste Schiff in der Flotte der Rursee-Schifffahrt hat einen neuen Besitzer und bekommt eine neue Aufgabe. „Electra“ wird es in Zukunft heißen und unter dem Banner von „Neckar Käpt’n“ aus Stuttgart auf dem Neckar weiter seinen Dienst tun. Hafenrundfahrten und Touren zum Max-Eyth-See kündigen die neuen Besitzer auf ihrer Internetseite an. 80 Personen sollen hier demnächst Platz finden.
Transport sehr aufwendig
„Das ist eines der letzten alten Schiffe“, sagt Lutterbach mit einem Blick auf die „Eifel“. Das hat ihren Einsatz auf dem Rursee schwierig gemacht. „Die ,Eifel’ ist nicht barrierefrei“, nennt Franz-Josef Heuken, mit seiner Frau Waltraud Betreiber der Rursee-Schifffahrt, einen der Gründe, modernere Schiffe einzusetzen. Auch sei das Fehlen einer Toilette ein Problem. Über den Preis, für den das Schiff an den Neckar wechselt, wolle er keine Angaben machen. Interessenten für den Kauf habe es einige gegeben, so Heuken. Allerdings sei der Transport von einem See in der Eifel zu einem Fluss sehr aufwendig: „Wenn das Schiff am Rhein liegen würde, hätte ich mehr dafür erzielen können.“
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Von dem Katamaran „Seensucht“ wird das steuer- und antriebslose Schiff an den Damm in Rurberg geschleppt und in Position gebracht. Um für den Transport auf der Straße gerüstet zu sein, sind Kapitänshaus, Reling und Bänke abmontiert: Die maximale Höhe des Transportes darf vier Meter nicht überschreiten. Die Aufbauten werden mit einem Kran vom Oberdeck auf einen Tieflader gehoben.
Schiff fährt quasi rückwärts Richtung Süddeutschland
Dann kommt der Moment, an dem die dicken, orangeroten Trageschlaufen um den Rumpf der 31 Tonnen schweren „Eifel“ gelegt werden. Keine zu schwere Aufgabe für die Autokrane, die 130 beziehungsweise 160 Tonnen heben können. Doch Präzision und Timing sind nötig, um das Schiff zentimetergenau auf den Tieflader abzulassen.
Mit dem Heck voran wird es abgelegt. Die Position ist mit Bedacht gewählt, da der Rumpf mit seinen mehr als 22 Metern über das Ende des Tiefladers hinausragt. Da im Heck die schweren Batterien für den Elektroantrieb eingebaut sind, haben die Spediteure entschieden, die „Eifel“ quasi rückwärts nach Süddeutschland zu transportieren. Gelächter gibt es bei den Umstehenden, als der Unterboden des Schiffes aus dem Wasser gehoben und sichtbar wird. Es wird offensichtlich, dass jemand sich den Spaß gemacht hat, eine kleine Plastikente neben den Antriebspropeller zu montieren.
Es habe ihm wehgetan, als die „Eifel“ in Einruhr lag und nicht mehr im Einsatz war, sagt Harth, der als Kapitän auf allen Schiffen der Rursee-Schifffahrt gefahren ist. „Wenn ich mich richtig erinnere, ist auch Ludwig Erhard einmal mit der ,Eifel’ gefahren.“ Und eine Bundesligamannschaft sei mal zu Gast gewesen, Hannover 96. „Und jetzt kriegt sie ihr zweites Leben“, so Harth.
Schnelles und wendiges Schiff
Erbaut wurde die „Eifel“ 1954 in der Schiffswerft Oberkassel von Wilhelm Schmidt. Mit einer Länge von 22,35, einer Breite von 4,6 Metern und einem Tiefgang von 0,82 Metern konnte sie rund 350 Personen transportieren. In den ersten Jahren war die „Eifel“ auf dem Rursee unterwegs, gemeinsam mit dem Schiff „Düren“.
„Die war richtig schnell“, erinnerte sich Herbert Harth, ehemaliger Kapitän, der 1963 bei der Rursee-Schifffahrt anheuerte. Ausgerüstet mit einem 90-PS-Diesel-Aggregat, konnte sie bis zu 20 km/h erreichen. Anfang 1970 wurde sie auf den Obersee verlegt. Da dies ein Trinkwasserspeicher ist, musste sie auf Elektroantrieb um- und die Toilette ausgebaut werden. Die „Eifel“ erhielt den Motor der „Grenzland“, die bis dahin auf dem Obersee fuhr. Damit konnte die „Eifel“ immer noch eine Geschwindigkeit von 10 km/h erreichen.
Lkw-Lenkrad als Steuerrad
Als Steuerrad erhielt die „Eifel“ ein altes Lkw-Lenkrad. Das war notwendig, da sie mit einem Schottel-Antrieb ausgerüstet ist, eine Konstruktion, die in den 1950er-Jahren entwickelt wurde. Dabei kann der Propeller in einem Winkel von 360 Grad ausgerichtet werden, was eine extreme Wendigkeit zur Folge hat, die besonders bei Fährschiffen oder Schleppern Vorteile bietet. Allerdings neigt der Antrieb auch dazu, sich stark zu drehen. Ein normales Steuerrad mit Pinnen könne nicht ohne Verletzungsgefahr benutzt werden, so Harth.
Einige alte Fotos habe er auf dem Speicher gefunden, sagt Harth und zeigt ein historisches Foto der letzten Fahrt der „Eifel“ auf dem Rursee, bevor sie auf den Obersee transportiert wurde. Damals habe er als Kapitän der „Düren“ die „Eifel“ nach Rurberg begleitet. Deutlich zu sehen sei der Baum, mit dem das Schiff anlässlich des Abschieds geschmückt worden sei.
Den Rursee verlassen haben vor der „Eifel“ bereits andere Schiffe. So fährt die „Europa“ auf dem Bodensee, die „Deutschland“ in Norddeutschland. Die 1952 ebenfalls in der Werft Oberkassel gebaute „Rurperle“ liegt nach einer Zwischenstation in Koblenz unter dem Namen „St. Nikolaus“ in Assmannshausen und ist auf dem Rhein unterwegs.