Wegen vieler Fehlalarme in der ZUE Vogelsang muss die Feuerwehr ausrücken. Die Stadt Schleiden setzt die Bezirksregierung nun unter Druck.
Unterkunft für GeflüchteteFeuerwehr wegen Fehlalarmen in Vogelsang an Belastungsgrenze
„Wir hatten in diesem Jahr schon fünf Fehlalarme. So kann es einfach nicht weitergehen“, sprach Bürgermeister Ingo Pfennings im Bildungs- und Sozialausschuss Klartext. Adressiert waren seine Worte an Markus Meurer von der Bezirksregierung Köln und Vanessa Malburg, die die Zentrale Unterbringungseinrichtung (ZUE) für geflüchtete Menschen in Vogelsang leitet.
Die hohe Zahl an Fehlalarmen bringt die Schleidener Feuerwehr mittlerweile an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. Um Druck zu machen, empfiehlt der Ausschuss dem Stadtrat, der Bezirksregierung eine Frist von 14 Tagen zur dauerhaften Lösung der Problematik zu setzen. Der Stadtrat tagt am 23. Februar. Sollte in der vorgegebenen Zeit keine Lösung gefunden werden, soll der automatische Anschluss der Brandmeldeanlage der ZUE an das Meldenetz der Leitstelle des Kreises Euskirchen widerrufen werden.
Geflüchtete bleiben bis zu zwei Jahre in Vogelsang
Meurer und Malburg hatten im Bildungs- und Sozialausschuss über den aktuellen Stand sowie Entwicklungen in der ZUE berichtet. Dabei hatten sie auch auf viele positive Entwicklungen in der Einrichtung hingewiesen. Meurer, Dezernatsleiter bei der Bezirksregierung, betonte, wie wichtig die ZUE Vogelsang sei. „Die Flüchtlingslage und die Aufnahmekapazitäten sind in Nordrhein-Westfalen sehr angespannt.“ Um auf die große Nachfrage nach Unterbringungsmöglichkeiten zu reagieren, war die Aufnahmekapazität der Einrichtung in Vogelsang nach Aussagen von Vanessa Malburg jüngst noch einmal aufgestockt worden.
Die Einrichtungsleiterin zählte das umfassende schulische Angebot für geflüchtete Menschen auf, das von sozialer Betreuung und Deutschunterricht über Musik, Kunst und Sport bis hin zu Erdkunde und Mathematik reicht. Daneben gebe es ein Frauen- und ein Kulturcafé, eine Kita und einen Spielplatz, einen Sportraum und einen Bereich für handwerkliche Aktivitäten. Die Verweildauer der Menschen liege maximal bei sechs Monaten für Familien und 24 Monaten für Alleinreisende.
Leiterin spricht von gutem Miteinander in der Einrichtung
Um den Menschen bei der Eingewöhnung zu helfen, gebe es eine Verfahrensberatung und ein Beschwerdemanagement. „Wir haben ein sehr gutes Miteinander und unterstützen Menschen auch, wenn sie in Vereinen aktiv werden wollen“, betonte Malburg. Wie überall dort, wo viele Menschen zusammenkämen, gebe es natürlich auch Probleme: „Es gibt auch schon mal Auseinandersetzungen.“ In den Fällen helfe, wenn nötig, die Polizei.
„Seit Mai 2022 haben wir auch einen Ehrenamtskoordinator, der in Kooperation mit Organisationen und Vereinen verschiedene zusätzliche Angebote geschaffen hat“, sagte Malburg. Zum Programm hätten unter anderem ein Puppentheater, ein Trommelworkshop, Fußballtraining und Taekwondo sowie ein Laternenlauf zu St. Martin gehört. Um mit der Sprachenvielfalt klar zu kommen, so erklärte Malburg auf Nachfrage, könne man auf Dolmetscher zurückgreifen. „Viele unserer Fachkräfte haben aber auch einen Migrationshintergrund und sprechen mehrere Sprachen“, so die Leiterin.
Schleidener Bürgermeister mit Lob und harter Kritik
„Ich muss nun viel Lob mit harter Kritik verbinden“, begann Bürgermeister Pfennings seinen Vortrag. Einerseits sei die ZUE eine gute Einrichtung, die wertvolle Arbeit leiste und in der Region akzeptiert sei: „Andererseits ist bei der Feuerwehr die Belastungsgrenze erreicht.“ 2021 habe es schon 17 Fehlalarme gegeben. Im Januar 2022 habe man erstmals über das Problem gesprochen. Danach habe es einen Gipfel mit allen Beteiligten gegeben. „Es hat aber leider nicht funktioniert. Die Fehlalarme werden mehr“, stellte Pfennings fest. 2022 seien es schon 25 gewesen.
„Anfang Februar hatten wir schon den fünften Fehlalarm in diesem Jahr. Wir bekommen so die Bereitschaftsdienste nicht mehr abgedeckt“, warnte der Bürgermeister. Der Sicherheitsdienst tue wohl nicht das, was vereinbart worden sei. „Wir haben eine Pufferzeit festgelegt, in der die Mitarbeiter nach einer Alarmauslösung feststellen sollen, ob wirklich ein Feuer ausgebrochen ist“, so der Bürgermeister. Wenn nicht, soll umgehend die Leitstelle informiert werden. Diese Pufferzeit werde aber wohl nicht genutzt.
Feueralarm läuft sofort in der Rettungsleitstelle auf
Bei allen Brandmeldeanlagen größerer Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser oder auch der ZUE werde bei einer Alarmauslösung automatisch die Leitstelle des Kreises informiert: „Die Leitstelle löst dann Folgealarme aus“, so Pfennings. Bei größeren Einrichtungen würden gleich mehrere Löschgruppen angefordert. „Für Vogelsang sind das Dreiborn, Herhahn und Gemünd“, sagte Wolfgang Fuchs, der Leiter der Feuerwehr der Stadt Schleiden, auf Nachfrage.
In den Anschlussbedingungen für Brandmeldeanlagen in der Stadt Schleiden ist laut Pfennings aber geregelt, dass die direkte Alarmierung der Leitstelle unterbrochen werden kann: „Bei schweren Mängeln, etwa häufigen Fehlalarmen, kann die Betriebserlaubnis widerrufen und die Anlage von der Übertragungseinrichtung getrennt werden.“ Dann werde der Alarm bei einer Brandmeldung nicht mehr automatisch an den Kreis weitergeleitet. „In den Fällen muss der Sicherheitsdienst dann die Lage prüfen und Kontakt mit der Leitstelle aufnehmen.“
Bezirksregierung will mutwilligen Fehlalarmen vorbeugen
„Verwaltung und Wehrleitung tauschen sich seit Monaten zu dem Thema eng aus. Wenn die Feuerwehrleute gewusst hätten, dass das Thema ZUE auf der Tagesordnung steht, wären bestimmt 20 gekommen“, so der Bürgermeister.
Um die Zahl der Fehlalarme zu reduzieren, seien jetzt sogenannte E-Cover bestellt worden, erklärte Malburg: „Die Bestellung hatte sich verzögert.“ Die kleinen Geräte werden auf den Handruckmeldern angebracht und geben einen schrillen Alarmton ab, wenn jemand die Brandmelder betätigen will. „Wir hoffen, dass so die mutwilligen Alarmierungen reduziert werden“, sagte Malburg. Außerdem sei eine Einweisung des Sicherheitspersonals in die Brandmeldeanlage geplant. Sie selbst habe schon an solch einer Einweisung teilgenommen.
„Von der Bestellung haben wir schon vor einem Jahr gehört“, hielt der Bürgermeister dagegen. Man müsse jetzt die Zahl der Fehlalarme vermindern: „Wir müssen ein Zeichen setzen.“ Manfred Müller (CDU) monierte: „Die Wehrleute werden immer wieder unnötig aus dem Schlaf gerissen.“
Schleidener Feuerwehrchef: „Das ist ein unhaltbarer Zustand“
Auch Wehrleiter Fuchs ist sauer:„Das ist ein unhaltbarer Zustand. Es besteht dringender Handlungsbedarf.“ Bei Alarmierungen aus der ZUE würden immer weniger Wehrleute kommen. Die Gespräche mit der Bezirksregierung liefen schon seit einem Jahr. „Wir erstatten immer Anzeige, wenn ein Fehlalarm ausgelöst ist.“ Geändert habe sich aber nichts.
Fuchs erinnerte auch daran, dass bei einem Einsatz im ZUE Wehrleute sogar verbal bedroht worden seien: „Da haben wir uns dann zurückgezogen und auf die Polizei gewartet.“ In der letzten Zeit habe es aber keine Vorfälle dieser Art gegeben: „Wir arbeiten seitdem immer eng mit der Polizei zusammen.“
Im Januar 2021 brannte ein Gebäude der Vogelsang-Unterkunft aus
„Ich verstehe, dass die Fehlalarme ein Riesenproblem sind. Wir müssen zusammen nach einer Lösung suchen“, räumte Meurer ein. Im Ernstfall sei es aber auch wichtig, wenn die Feuerwehr schnell vor Ort sei. So wie bei dem Feuer im Januar 2021, als eine Unterkunft durch ein Feuer zerstört worden war.
„Menschen, die so etwas machen, haben ja auch einen Grund dafür. Auch dieser Aspekt muss berücksichtigt werden“, meinte Carsten Düppengießer-Funken (FDP). „Wir führen sehr viele Gespräche. Der menschliche Aspekt wird intensiv behandelt“, entgegnete Malburg. Man führe sehr viele Gespräche.
Pfennings erklärte, eine andere Möglichkeit sei, den Sicherheitsdienst aufzustocken und Brandschutzwachen aufzustellen. Die zusätzlichen Kosten seien voraussichtlich geringer als die durch die Fehlalarme.
Mehr Plätze geschaffen
Wegen des großen Zustroms von Flüchtlingen ist die Aufnahmekapazität der ZUE Vogelsang aktuell von 380 auf 420 Plätze angehoben worden, wie Einrichtungsleiterin Vanessa Malburg im Bildungsausschuss erklärte. Dafür habe man zusätzliches Personal – auch für die Betreuung – eingestellt und neue Zimmer eingerichtet. Für die Unterbringung der Menschen stünden 14 Häuser zur Verfügung. Eines ist vor zwei Jahren abgebrannt. (wki)