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Gedenken an jüdische OpferArbeitskreis möchte eine Straße in Gemünd umbenennen

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf einige Gräber des jüdischen Friedhofs. 

Der jüdische Friedhof erinnert an die einst große jüdische Gemeinde, die in Gemünd existiert hat.

Um an die jüdischen Opfer in der NS-Zeit zu erinnern, will ein Arbeitskreis eine Straße umbenennen. Die Politik will die Anwohner fragen.

Die Erinnerungskultur an die jüdischen Opfer in der Zeit des Nationalsozialismus in Gemünd könnte besser sein. Zu dem Ergebnis kommt ein Arbeitskreis um den Autor und früheren Journalisten Franz Albert Heinen.

Im Bildungs- und Sozialausschuss im Rathaus in Schleiden schlug Heinen vor, das zu ändern und die Erinnerungstafel aus dem Jahr 1975, die auf den ehemaligen Synagogenstandort und auf die in der Zeit der NS-Diktatur in Gemünd ermordeten Juden hinweist, mit einem Zusatzschild zu versehen und die Straße „Am Kreuzberg“ in „An der Synagoge“ umzubenennen. Während Politik und Verwaltung das Zusatzschild befürworteten, sollen bei der Umbenennung erst einmal die Anwohner gehört werden.

Text in Gemünd sorgte von Beginn an für Diskussionen

Bislang steht an der Straße „Am Kreuzberg“ in Gemünd eine Erinnerungstafel, die auf den Standort der Synagoge und auf die in der Zeit der NS-Diktatur in Gemünd ermordeten Juden hinweist. Laut Heinen war der Text damals mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein abgestimmt gewesen. „Der Text ist maximal weichgespült und sorgte von Beginn an für Diskussionen. Man muss bedenken, dass damals noch Täter lebten, die sich an der Zerstörung der Synagoge beteiligt hatten“, sagte Heinen. „Es gab keinen Hinweis, dass die Gemünder Juden im Holocaust ermordet worden waren.“ Die Diskussion sei mit der Zeit eingeschlafen.

Bei der Erinnerungsveranstaltung zur Reichspogromnacht im vergangenen Jahr hatte Bürgermeister Ingo Pfennings dann erklärt, dass ihm die Formulierungen zu nichtssagend seien und er sich daher gut ein Ergänzungsschild vorstellen könne: „Ich hatte schon Schwierigkeiten vorzulesen, dass die Juden ihr Leben verloren haben.“

An der Zerstörung der Synagoge waren Nazis aus dem Ort beteiligt

„Heute ist es üblich, eine Tafel daneben zu stellen“, erläuterte Heinen. In den von dem Arbeitskreis ausgearbeiteten neuen Formulierungen wird unter anderem darauf hingewiesen, dass die Juden ermordet wurden und auch Bewohner der Stadt bei den Übergriffen mitgemacht haben. An der Zerstörung der Synagoge und der jüdischen Geschäfte seien auch ortsansässige Nationalsozialisten beteiligt gewesen. „Heute steht uns deutlich vor Augen, welcher menschliche, kulturelle und religiöse Reichtum durch den Holocaust vernichtet wurde, der spürbar fehlt“, heißt es weiter in dem Textvorschlag.

Blick auf die Gedenktafel mit der Inschrift von 1979.

Die Gedenktafel steht schräg gegenüber der Stelle, an der früher die Synagoge gestanden hat.

„Am Ende gibt es einen Schlenker in die Gegenwart. Was nutzt es uns, wenn wir Bescheid wissen, aber nicht die richtigen Schlüsse daraus ziehen“, so Heinen. Dort heißt es: „Die Erinnerung an das Schicksal der Gemünder jüdischen Männer, Frauen und Kinder soll uns ermutigen, die richtigen Schlüsse für unser Handeln zu ziehen.“ Das Schild, so Heinen, sei auch schon zweimal umgestellt worden.

Schon 1975 wurde ein Antrag zur Umbenennung der Straße gestellt

Die Politik signalisierte Zustimmung für das Schild und den Textvorschlag. Manfred Müller schlug vor, über den Entwurf noch einmal in den Fraktionen zu sprechen und ihn dann im nächsten Stadtrat abzusegnen, was letztlich auch beschlossen wurde.

Dann schlug Heinen vor, die Straße „Am Kreuzberg“ in „An der Synagoge“ umzubenennen: „Wir haben uns Akten über die Erinnerungskultur angesehen und festgestellt, dass 1975 ein Gemünder schon einmal beantragt hatte, dass die Straße ,An der Synagoge' heißen soll.“ Die Stadt habe darauf verwiesen, dass die Straße erst zwei Jahre zuvor im Rahmen der kommunalen Neugliederung von Mühlenstraße in „Am Kreuzberg“ umbenannt worden war und dass ohnehin noch Änderungen wegen geplanter Straßenbaumaßnahmen vorgesehen seien. „Das ist jetzt 49 Jahre her, aber passiert ist seitdem nichts.“

Gemünd hatte sich zu einem jüdischen Zentrum entwickelt

Nicht weit entfernt von der Synagoge liegt der jüdische Friedhof, der seit 1845 genutzt wurde, wie dort auf einer Tafel zu lesen. Mehr als 50 Grabsteine erinnern an die jüdische Geschichte. Die letzte Beisetzung fand im Kriegsjahr 1942 statt. Gemünd hatte sich Ende des 19. Jahrhunderts zu einem jüdischen Zentrum entwickelt. Die Synagoge war nach langer Planungszeit 1874 eingeweiht worden.

„Obwohl in mindestens vier Orten im Schleidener Stadtgebiet Juden gelebt haben, gibt es in der Stadt keine Synagogenstraße oder Ähnliches. Das ist in vielen anderen Kommunen anders“, führte Heinen aus. „Der Arbeitskreis meint, so eine Straße stünde Schleiden gut zu Gesicht. Es wären auch nur rund ein Dutzend Anwohner betroffen.“

Jan Griskewitz (FDP) sprach von einer schönen Idee, die man mit den Anwohnern besprechen sollte. „Die Umbenennung einer Straße ist keine Kleinigkeit. Das ist für die Anwohner ein massiver Eingriff“, betonte Manfred Müller (CDU). Nur wenn die einverstanden seien, solle das Projekt angegangen werden. Auch Ellen Lehner (SPD) unterstrich, dass die „Anwohner mit ins Boot geholt werden müssen“. Außerdem bemängelte sie, dass der jüdische Friedhof in Schleiden etwas in Vergessenheit geraten und heruntergekommen sei.

Am Ende sprach sich der Ausschuss dafür aus, dass erst einmal die Meinung der Grundstückseigentümer abgefragt werden soll. Danach soll das Thema noch einmal beraten werden.