„Jagdszene:Kunst“ kann erst später im Gemünder Kunstforum gezeigt werden. Der Wiederaufbau nach der Flut ist noch nicht abgeschlossen.
WiederaufbauErste Ausstellung nach der Flut im Gemünder Kunstforum wird verschoben
Am Anfang steht der Schock. Es folgt die Arbeit. Die Überlegungen, wie es weitergeht. Ein bisschen Naivität ist dabei. Und schließlich wird’s ein Geduldsspiel. Diese Phasen nach der Flut kennen so viele in den betroffenen Orten, auch die Verantwortlichen des Fördervereins Maler der Eifel. Mit dem Wiederaufbau des Kunstforums Eifel in der Alten Schule an der Dreiborner Straße befinden sie sich gerade in der letzten Phase: Die Arbeiten brauchen einfach Zeit. Vom Plan, mit „Jagdszene:Kunst“ am 23. April die erste Ausstellung nach der Flut zu eröffnen, haben sie sich gerade schweren Herzens verabschieden müssen.
Kuratorin Eva-Maria Hermanns und Geschäftsführer Rainer Martens erinnern sich sehr lebendig an die Flutnacht und den Morgen des 15. Juli 2021. In ihren Wohnorten in Kerperscheid und Tondorf sind sie sicher, erleben die Katastrophe nicht unmittelbar. Und da das Erdgeschoss des Kunstforums erhöht liegt, sind sie zuversichtlich, dass die Sache glimpflich ausgeht.
Auch im erhöhten Erdgeschoss stand das Wasser einen Meter hoch
Bis sich am Morgen die Meldungen häufen, dass in den Tälern gar nichts glimpflich verlaufen ist. Bis sie sich mittags in Gemünd treffen und das Ausmaß der Schäden sehen. Rund einen Meter hoch hat das Wasser auch im erhöhten Erdgeschoss der Alten Schule gestanden. Die Bilder in der zwei Wochen zuvor eröffneten Ausstellung haben zwar wenig bis gar keinen Schaden genommen – doch alles andere ist kaputt und verschlammt. Tagelang sind der Verein und viele Helfer mit Auf- und Ausräumen beschäftigt.
„Nein! Keine Sekunde!“ Die Antwort von Hermanns und Martens kommt wie aus einem Mund und wie aus der Pistole geschossen. Daran, das Handtuch zu werfen und das Forum aufzugeben, das sich in den vergangenen Jahren bei den Künstlern und Kunstliebhabern in der Region und weit darüber hinaus einen guten Ruf erarbeitet hat, verschwenden sie keinen Gedanken. Im Gegenteil: Schnell wird der Blick nach vorne gerichtet – und die Prise Naivität ist im Spiel. „Eine Woche nach der Flut dachten wir, im Frühjahr 2022 wiedereröffnen zu können“, sagt Martens.
Verein lobt die Zusammenarbeit mit der Stadt Schleiden
Doch so schnell geht’s nicht. Der Keller war komplett vollgelaufen, Elektronik und Heizung sind zerstört. Handwerker sind Mangelware, Material ebenso. Unvorhergesehenes kommt hinzu, etwa, dass einige Dinge in der Abluft- und Brandschutztechnik nicht mehr auf dem aktuellen Stand sind und erneuert werden müssen.
„Es braucht eben alles seine Zeit“, sagt Martens. Der Verein ist in der Alten Schule Mieter und hat keinen Einfluss auf die Arbeiten. Doch von Kritik an der Stadt als Besitzerin, zuständig für den Wiederaufbau, sind Hermanns und Martens weit entfernt. „Wir arbeiten mit der Stadt wunderbar zusammen“, sagt Hermanns. Unter anderem sei dem Verein die Miete samt Nebenkosten gleich nach der Flut erlassen worden. Und sie ordnet die Prioritäten: „Die Stadt musste sich doch zuerst um wichtige Dinge wie die Kindergärten kümmern.“
Ein Termin für die erste Ausstellung in Gemünd steht noch nicht fest
Anfang des Jahres ist die Hoffnung groß, dass die Arbeiten sich dem Ende entgegenneigen. Also starten Hermanns und Co. in die Vorbereitung der Ausstellung. „Die Reaktion der Künstler war überragend“, sagt die Kuratorin. Rund 120 Bewerbungen gehen ein. Das Aussortieren und Reduzieren auf rund 50 Künstler sei eine Qual gewesen – wie immer. „Wir wollen zeigen, dass wir noch da sind“, sagt sie. Daher seien die Künstler aus der Region zuerst berücksichtigt worden. Und die, die nach der Flut etwa mit Spenden geholfen haben.
Auch wenn Stellwände und Vitrinen bereitstehen, gleicht das Kunstforum eher noch einer Baustelle. In dieser Woche hat der Vorstand beschlossen, die Ausstellung zu verschieben. Zwei Punkte haben den Ausschlag gegeben: Die im Keller gelegenen Toiletten des Brauhauses im benachbarten Teil der Alten Schule sind noch nicht fertig saniert, daher nutzen die Gäste die Sanitäranlagen im Kunstforum. Vor dem Hintergrund sei eine Ausstellung in den Räumen, die nicht dauerhaft beaufsichtigt sind, nicht möglich. Zudem wird im Kabinett-Raum in der ersten Etage noch gearbeitet, so dass ein beträchtlicher Teil der Ausstellungsfläche nicht zur Verfügung stehen würde.
Wann das Kunstforum mit der „Jagdszene:Kunst“ an den Start geht, steht noch nicht fest – auf Experimente mag sich der Verein nicht einlassen. Da die Zusagen an die Künstler bestehen bleiben und die nur aufs Startsignal warten, benötige man, so Hermanns, nur maximal drei Wochen Vorbereitungszeit bis zur Eröffnung. Bürgermeister Ingo Pfennings macht Hoffnung, dass zumindest die Arbeiten in den Räumen des Kunstforums recht zeitnah abgeschlossen werden. Dann ist noch die abschließende Messung, dass keine Schadstoffe in der Luft sind, durchzuführen. Auch er freut sich auf die Ausstellung und die Rückkehr des Kunstforums: „Es ist schön, wenn auch das kulturelle Leben Schritt für Schritt zurückkehrt.“
Die Pläne
- Zwei Konzerte sind im Kunstforum geplant – die können laut Rainer Martens auch unabhängig vom Stand der Arbeiten stattfinden. Am Samstag, 13. Mai, 18 Uhr, ist bei freiem Eintritt ein Benefizkonzert für Oxfam mit dem Komponisten und Pianisten Roland Vossebrecker vorgesehen. Am Freitag, 16. Juni, 18 Uhr, möchte das Duo Tangoyim eine musikalische Reise durch Osteuropa, zur versunkenen Welt des jüdischen Shtetl und ins Amerika der 20er Jahre unternehmen, Eintritt 15 Euro.
- Kunst im Fluss wird auch dieses Jahr gezeigt. Vom 18. Juni bis 31. Oktober werden an den Ufern von Urft und Olef in Schleiden und Gemünd rund 40 großformatige Arbeiten zu sehen sein. Passend zum Wiederaufbau steht die Schau unter dem Titel (Re)Construction. (rha)