Prozess im Amtsgericht GemündIm Wolfgartener Dorfstreit flogen nun auch Eier
Schleiden-Wolfgarten – Nicht immer ist es ein erfreuliches Ereignis, wenn sich alte Bekannte wiedersehen. Noch weniger, wenn der Ort des Treffens das Amtsgericht ist und die Beteiligten seit Jahren in einen Nachbarschaftsstreit verstrickt sind, der schon mehrfach die Gerichte in verschiedenen Instanzen beschäftigte. Nun ging es wieder um eine Auseinandersetzung, die sich auf der Dorfstraße in Wolfgarten abgespielt haben soll.
Wegen versuchter Körperverletzung und Beleidigung wurde ein angeklagter Wolfgartener zu vier Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.
Der Angeklagte hatte die Polizei gerufen
Über das, was sich am Abend des 20. Mai 2021 abgespielt hat, gab es sich widersprechende Aussagen. Ursprünglich hatte der nun Angeklagte die Polizei gerufen. Der als Zeuge geladene Nachbar sei auf seinem Grundstück gewesen, so seine Anzeige bei der Polizei, und sich geweigert, dieses zu verlassen.
Es habe eine Rangelei mit mehreren Faustschlägen gegeben, so dass die Frau des Angeklagten aus dem Haus rohe Eier geholt habe, um mit gezielten Würfen den Eindringling zu vertreiben. Bei dem Gerangel habe der Angeklagte dem Nachbarn eine Jacke abgenommen und einbehalten.
Höchst unterschiedliche Versionen der Ereignisse
Daraufhin sei die Polizei zu dem Nachbarn gefahren und habe ihn mit den Vorwürfen konfrontiert. Doch der erzählte eine ganz andere Geschichte, die er so auch als Zeuge vor Gericht aussagte. Er sei mehrfach an diesem Tag an dem Haus vorbeigegangen – und jedes Mal habe ihn der Angeklagte aus dem Fenster Beleidigungen zugerufen.
Als er mit seinem Mountainbike aus dem Wald gekommen sei, habe das Ehepaar ihn auf der Straße abgepasst, beschimpft und mit Eiern beworfen. Die Jacke habe über dem Lenker gehangen, der Angeklagte habe sie einfach genommen. Eine körperliche Auseinandersetzung habe es nicht gegeben.Dies war die Version, die die Staatsanwaltschaft zur Anklage gebracht hatte.
Das Verfahren gegen die Ehefrau ist eingestellt
Ein Verfahren gegen die Ehefrau war zwischenzeitlich eingestellt worden. Was dazu führte, dass sich der ursprüngliche Anzeigenerstatter auf der Anklagebank wiederfand, kam in dem Verfahren nicht zur Sprache. Der Angeklagte wollte sich nicht zur Sache einlassen, auch seine Ehefrau nicht.
Auch die Polizistin, die die Anzeige gegen den nun Angeklagten aufgenommen hatte, gab darüber keine Auskunft. Der Mann sei sehr provokant und verbal aggressiv gewesen, seine Frau habe immer wieder versucht, ihn zu beschwichtigen. So habe er sich geweigert, die Jacke zurückzugeben: Er brauche sie als Beweismittel.
Überreste der Eier auf Straße und Grundstück
Erst als ein Durchsuchungsbeschluss angedroht worden sei, habe er sie herausgegeben. Auf Verlangen des Ehepaares seien Verletzungen bei ihnen dokumentiert worden.
Die Überreste der Eier habe sie auf der Straße und auf dem Grundstück gesehen, sagte die Polizistin. Auffälliges an der Kleidung des Ehepaares habe sie nicht bemerkt.
Staatsanwältin: „Diktatur des Angeklagten im Dorf“
Vier Monate Gefängnis ohne Bewährung forderte Oberstaatsanwältin Katja Schlenkermann-Pitts für den Angeklagten. Die Aussage des Zeugen sei glaubhaft und ohne Belastungstendenz gewesen. Es sei immer wieder dasselbe, was seit Jahren passiere.
„Es spricht dafür, dass es eine Diktatur des Angeklagten im Dorf gibt“, sagte sie. Der Angeklagte habe seine eigenen Regeln, mache, was er wolle, und achte nicht die Rechte anderer.
Gemünder Richterin verurteilt Mann zu Haftstrafe
Verteidiger Hagen Seipel widersprach dem. Der Zeuge sei wenig detailreich gewesen, habe auf wesentliche Fragen keine Antwort geben können, so dass er die ganze Aussage in Zweifel ziehen müsse. Wenn sich der Angriff so zugetragen habe, warum lägen dann vor dem Haus Überreste von Eiern? „Es gibt deutlich mehr Hinweise, dass es sich so abgespielt hat, wie mein Mandant es zur Anzeige gebracht hat, als dass es sich so zugetragen hat, wie es hier geschildert wurde“, sagte er.
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Richterin Claudia Giesen folgte der Argumentation der Staatsanwaltschaft. Die Aussage des Zeugen sei differenziert und zurückhaltend gewesen, die Angaben seien durch die Polizei bestätigt worden. Zur Verteidigung der Rechtsordnung sei eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung notwendig.