Die Schließung in Schleiden kommt sechs Wochen früher als geplant und trifft Patienten unvorbereitet.
KreiskrankenhausUnfallchirurgie in Schleiden ist nun komplett geschlossen
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Für Ende März war die Schließung der Unfallchirurgie in Schleiden geplant, vollzogen wurde sie nun Mitte Februar.
Copyright: Stephan Everling
Eine böse Überraschung erlebte Gertrud Hensch, als sie am Freitag von einem Termin im Krankenhaus Schleiden zurückkehrte: Daheim in Voißel erwartete sie eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter aus dem Sekretariat von Chefarzt Björn Scultetus, sie möge doch bitte zurückrufen. Daraufhin eröffnete man ihr, dass die Abteilung für Unfallchirurgie mit sofortiger Wirkung geschlossen sei – geplant war dies für Ende März – und ihre für den 6. März geplante Operation abgesagt werden müsse.
Dieses Datum für die Entfernung einer Platte aus dem Handgelenk, die ihr infolge eines Fahrradunfalls eingesetzt worden war, hatte Hensch Ende Januar bei einem Termin mit Scultetus vereinbart, am Freitag war das Anästhesie-Gespräch. Für Schleiden hat sie sich entschieden, da sie und ihre Familie sich dort stets gut aufgehoben und behandelt fühlten.
Patientin empfindet das Vorgehen des Krankenhauses als unprofessionell
Und da es sich um einen planbaren Eingriff handelt, schätzt sie eben dies: Dass im Vorfeld alles Notwendige mit dem Arbeitgeber und in der Familie abgeklärt werden kann. Als „nicht dramatisch, aber auch nicht schön“ bezeichnet sie die Absage. Doch was dann folgte, beschreibt sie schlicht als unprofessionell – und denkt dabei weniger an sich, sondern an Patienten, deren Eingriff womöglich nötiger sei als ihrer oder die vielleicht alt seien und denen die Organisation eines neuen Termins an einem neuen Ort deutlich schwerer falle als ihr.
Meiner Meinung nach ist es ein Trauerspiel, wie hier mit den Menschen umgegangen wird.
Mit unprofessionell meint sie zum einen die Kommunikation: Am Freitag sei die Schließung der Unfallchirurgie in der Anästhesie augenscheinlich nicht bekannt gewesen. Und am Montag sei ihr aus dem Sekretariat der Kreiskrankenhaus-Geschäftsführung auch erst durch einen Rückruf mitgeteilt worden, dass Scultetus mit sofortiger Wirkung ausgeschieden sei. „Meiner Meinung nach ist es ein Trauerspiel, wie hier mit den Menschen umgegangen wird. Kann es denn sein, dass Ärzte, Angestellte und Patienten zum Spielball eines gewinnorientierten Systems in der Krankenversorgung werden?“, fragt sich Hensch.
Den Patienten drohen nun lange Wartezeiten
Ihre E-Mail, in der sie Geschäftsführer Martin Milde den Sachverhalt schildert, beantwortete der mit Bedauern und dem Verweis auf die Unfallchirurgie in Mechernich, die nun die Versorgung der Patienten übernehmen werde.
Mit unprofessionell meint Gertrud Hensch auch, dass man in der Mechernicher Unfallchirurgie nicht auf die unbürokratische Übernahme der Patienten aus Schleiden eingestellt gewesen sei. Ihr Anruf dort am Mittwochmorgen erwies sich jedenfalls alles andere als erfreulich: Selbstverständlich habe sie darauf verweisen, dass sie in Schleiden bereits einen Termin gehabt habe.
Doch aus Mechernich habe sie zu hören bekommen, dass sie dort frühestens in zwei Monaten operiert werden könne – und dass sie doch mal woanders, beispielsweise in Euskirchen, nachfragen solle. Das jedoch ist nicht in Henschs Sinne, da sie davon ausgeht, dass sie dann das Prozedere mit Vorstellen, Röntgen und Anästhesiegespräch erneut durchlaufen muss und die bisherigen „zwei mal zwei Stunden im Krankenhaus für die Katz' waren“.
Chirurgische Station in Schleiden ist bereits seit September geschlossen
Dass es wohl unrealistisch gewesen wäre, den gleichen Termin in Mechernich zu ergattern, weiß Hensch. Ein paar Wochen Verzögerung wären für sie in Ordnung gewesen. „Aber mindestens zwei Monate und ein Verweis an andere Kliniken enttäuschen mich schon sehr“, so Hensch.
Sein Bedauern drückt Milde auch im Gespräch mit dieser Redaktion aus – und sagt, dass all dies auf Außenstehende irritierend wirke. Nach der Schließung der chirurgischen Station in Schleiden Anfang September habe Scultetus als einziger verbliebener Arzt dort Sprechstunden angeboten und „vereinzelt ambulante OPs“ durchgeführt. Von einem bis zwei Eingriffen pro Woche spricht Milde: „Für einen Unfallchirurgen ist das weder tagesfüllend noch befriedigend.“
Zudem sei klar gewesen, dass auch dies Ende März eingestellt werde. Bereits seit einiger Zeit sei man, so Milde, mit Scultetus über die Modalitäten seines Ausscheidens im Gespräch gewesen. Und ein Gespräch in der vergangenen Woche habe ergeben, dass das Ausscheiden zum Ende der Woche „beiderseitiger Wunsch“ sei.
Mitarbeiter seien durch die damit einhergehende Schließung laut Milde nicht betroffen, sie seien nun alle in anderen Positionen tätig. Wie viele Patienten in den sechs Wochen nicht mehr in Schleiden operiert werden können, vermochte Milde nicht zu sagen – jedoch, dass es sich um einzelne Fälle handele und keineswegs um einen vollen OP-Plan.
Ob diese nun doch zeitnah Termine in Mechernich erhalten, ist offen. Allerdings hat Milde zugesagt, in der Unfallchirurgie darauf hinzuweisen, dass man „etwas wohlwollender“ in den Terminkalender schauen solle, wenn sich die Patienten aus Schleiden melden.
Was am Standort Schleiden angeboten wird
Ein vermeintliches Kuriosum findet sich auf der Internetseite des NRW-Gesundheitsministeriums. Bei den Zuteilungen der Leistungsgruppen ist dort für den Standort Schleiden des Kreiskrankenhauses zu lesen: „1.1 Allgemeine Innere Medizin. 9.1 Allgemeine Chirurgie.“ Jedoch ist das, was man sich landläufig unter „allgemein“ vorstellt, längst nicht mehr am Schleidener Hähnchen zu finden.
Geschäftsführer Martin Milde klärt auf: Hand-, Fuß- und plastische Chirurgie werden weiterhin in Schleiden angeboten. Und für die gebe es keine eigene Leistungsgruppe, sie fallen in die Gruppe der Allgemeinen Chirurgie. Gleiches gilt für die Schmerztherapie, die ebenfalls weiterhin in Schleiden angeboten wird und leistungsgruppentechnisch zur Allgemeinen Inneren gehört. Dass man für Schleiden eine Ausnahmegenehmigung mit diesen Teilbereichen erhalten habe, sei bereits im Zuge der Verhandlungen über die Zukunft des Standorts vereinbart worden, so Milde.
Angeboten werden in Schleiden weiterhin Radiologie und Dialyse. Der dortige Vivant-Pflegedienst wurde vergrößert, eine Hausarztpraxis ist Anfang Februar aus der Innenstadt ans Hähnchen umgezogen. Eine Logopädie-Praxis hat ebenso ihren Betrieb aufgenommen wie eine Praxis für Psychotherapie. In diesem Bereich wird eine weitere Anfang April starten, so dass dann laut Milde drei an dem Standort vertreten sind.
Die Zulassung für die ambulante Physiotherapie habe man, so Milde weiter, inzwischen erhalten. Diese werde nun in Schleiden mit den Kräften von „Thera Fit“, dem Therapiezentrum des Kreiskrankenhauses, in den kommenden Wochen eingerichtet und aufgebaut.