Anderthalb Jahre nach der Flut ist die Gemünder Kirche saniert. Alte Dokumente werden noch restauriert, das Pfarrheim ist nicht zu retten.
Nach der FlutDie Gemünder Kirche wird wieder eröffnet, das Pfarrheim aber abgerissen
Wieder kehrt ein Stück Normalität nach Gemünd zurück. Nachdem bereits die Weihnachtsmesse in der Pfarrkirche St. Nikolaus gefeiert wurde, wird das Gotteshaus am Samstag, 4. Februar, in einer Festmesse von Weihbischof Karl Borsch wiedereröffnet. Fast genau anderthalb Jahre sind seit dem verheerenden Hochwasser ins Land gegangen, nun sind die Renovierungs- und Sanierungsarbeiten abgeschlossen.
Spuren der Katastrophe sind nur noch blass an der Außenmauer der neugotischen Kirche zu entdecken. Hier zeigt eine Marke den Höchststand des Wassers in der Nacht zum 15. Juli 2021 an. „2,20 Meter hoch stand das Wasser in der Kirche“, sagt Karl-Wilhelm Jansen. Als stellvertretender Vorsitzender des Kirchenvorstandes hat er sich hauptverantwortlich für die Wiederherstellung des Gebäudes eingesetzt.
„Idioten“ haben St.-Nikolaus-Figur nach der Flut vom Sockel geworfen
Im Inneren der Kirche strahlt alles im neuen Glanz. Oder fast alles, denn komplett ist die Inneneinrichtung noch nicht. Einige Kleinigkeiten dauern einfach noch. So sind die Postamente für die Figuren an den Säulen beiderseits des Altars noch leer, weil die noch restauriert werden müssen. „Die kommen im Juni“, kündigt Pfarrer Philipp Cuck an. Eigentlich haben die Figuren vom Wasser wenig abbekommen, sagt Jansen: „Doch dann sind irgendwelche Idioten hier reingekommen und haben die runtergeworfen, so dass beim St. Nikolaus die Hand abgebrochen ist.“
An den Wänden fehlt noch der Kreuzweg. Die zwei Beichtstühle, die in den Seitenschiffen standen, werden durch einen ersetzt. „Ich habe mir im Archiv des Bistums in Aachen einen ausgesucht“, so der Pfarrer.
Die Messgewänder aus der Gemünder Kirche mussten verbrannt werden
Bis in 2,50 Meter Höhe musste der Putz von den Wänden abgeschlagen und in mehreren Schichten wieder aufgetragen werden – niemand hatte damit gerechnet, dass der Putz mehrere Zentimeter dick ist. Die Bänke, die von der Flut durchs Kirchenschiff getrieben wurden, sind abgeschliffen, lackiert und mit neuen Kissen versehen worden. Komplett erneuert ist die Inneneinrichtung der Sakristei. Besondere Schwierigkeiten bei den Aufräumarbeiten bereiteten drei Tresore, in denen die Sakralgefäße aufbewahrt werden. In alle war Wasser eingedrungen, einer war nicht mehr zu öffnen. „Der musste aufgeschweißt werden“, so Jansen.
Die meisten der Sakralgefäße sind bereits durch einen Goldschmied gereinigt und aufbereitet worden. Einzig die Monstranz aus dem 17. Jahrhundert zeigt noch die Spuren der Flutnacht. Nicht mehr zu retten waren die Messgewänder, die in der Sakristei aufbewahrt wurden. „Die mussten alle verbrannt werden“, berichtet Cuck. Die neuen warten im Schrank der Sakristei auf ihre Verwendung.
Noch nicht komplett instandgesetzt ist die Orgel. Sie kann benutzt werden, doch die Elektronik muss noch ausgetauscht werden. Alleine die Sanierung des Instruments kostet laut Jansen rund 100.000 Euro.
Der Schaden alleine an der Kirche beläuft sich auf 900.000 Euro
Insgesamt belaufe sich der Schaden an der Kirche auf rund 900.000 Euro. Neben den Bauarbeiten seien eine neue Heizung, neue Mikros und Lautsprecher notwendig gewesen. „Das Bistum hat uns großzügig unterstützt“, zeigt sich Cuck dankbar. Neben einer finanziellen Unterstützung sei es ungemein hilfreich gewesen, dessen Logistik nutzen zu können.
„Ich bin sehr dankbar, besonders Karl-Wilhelm Jansen und Küster Thomas Wergen, die sich sehr eingesetzt haben“, sagt der Pfarrer. Jansen sei Tag und Nacht in der Kirche gewesen. St. Nikolaus habe für die Gemünder eine große Bedeutung. Grundsätzlich gelte in der Eifel: Die Kirche steht im Dorf. Cuck: „Viele gehen nicht in eine andere Kirche.“
Das Pfarrheim ist nicht zu retten und wird abgerissen
Seit der Flut haben die Trauergottesdienste vor allem in Schleiden und Herhahn stattgefunden, manche seien nach Steinfeld in den Gottesdienst gegangen. „Ich bin froh, dass die Neueröffnung noch in meiner Amtszeit geschieht“, betont der Pfarrer, der im Herbst in Ruhestand geht.
Schlimmer als in der Kirche sieht es im benachbarten Pfarrheim aus. Das Ziegelgebäude wurde von den schlammigen Wassermassen komplett überschwemmt. Noch immer klebt der Dreck an den Wänden und an der Decke. Nun soll es abgerissen werden. „In den Wänden steckt eine Dämmung, die nass ist“, erklärt Jansen. Und wenn die saniert sei, dann sei das Gebäude energetisch immer noch nicht auf neuestem Stand. Es ist ein Neubau geplant, der kleiner sein soll als das aktuelle Gebäude. Rund 220 Quadratmeter seien ausreichend, etwa 150 Quadratmeter weniger als bisher: „Es gab einige Räume, die haben wir kaum genutzt.“
Die Festmesse mit Weihbischof Borsch zur Wiedereröffnung der Gemünder Pfarrkirche am Samstag, 4. Februar, 18 Uhr, wird musikalisch gestaltet vom Gesangsensemble Cantemus und die „Church Singers“ unter der Leitung von Heinz Ströder. Im Anschluss an die Messe wird der Blasiussegen erteilt.
Alte Dokumente wurden aus dem Schlamm gerettet
Schwer getroffen wurde die Kirchengemeinde nicht nur durch die Überschwemmung von Kirche und Pfarrhaus, sondern auch durch die Kontamination zahlreicher Dokumente. Diese waren im Keller des Pfarrheims eingelagert, nachdem das Pfarrhaus nach dem Weggang von Pfarrer Rolf Knips verkauft worden war, so der stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende Karl-Wilhelm Jansen. Um die Dokumente zu sichern, wurde professionelle Hilfe in Person von Julia Haberstock vom Archiv des Bistums Aachen angefordert. Mit einem Transporter fuhr sie nach der Flut nach Gemünd – und war geschockt. „Das sah aus wie ein Kriegsgebiet“, erinnert sie sich. Das gleiche Bild bot sich ihr auch im Pfarrheim.
Die Feuerwehr habe den Keller bis auf 30 Zentimeter leergepumpt. „Das Wasser reichte genau bis zum Rand der Gummistiefel“, so Haberstock. Im Keller sei es sehr dunkel gewesen, und sie habe nur wenig Zeit zur Verfügung gehabt, um aus dem Schlamm die Papiere herauszuziehen, die erhaltenswürdig waren. Drei Schränke mussten aufgebrochen werden, weil sie nicht mehr zu öffnen waren. Jedes Stück Papier musste gesichtet werden. „Das war mein spannendster Arbeitstag“, sagt sie. Es sei darum gegangen, so viele der alten Dokumente der Kirchengeschichte wie möglich zu retten. In Plastikfolie wurden die herausgesuchten Papiere eingepackt und zunächst nach Aachen gebracht.
„Das waren insgesamt fünf Europaletten voller Dokumente“, so Haberstock. Darunter befanden sich unter anderem das Totenbuch, Sterbebücher, Dokumente über Kommunionen und Firmungen, aber auch Bauunterlagen, Urkunden und Bücher. Vor allem aber konnte auch die Pfarrchronik so gesichert werden. Im Landesarchiv Bonn wurden die Dokumente gefriergetrocknet, erläutert die Archivarin. „Das hält die Zeit an“, erklärt sie. Dort wurden sie Ende 2022 wieder schonend aufgetaut und getrocknet. Allerdings seien die Dokumente noch schlammig und müssen nun von Restauratoren gereinigt werden. Wo die Sachen schließlich hinkommen werden, sei noch nicht klar. (sev)