Echtes AbenteuerE-Autofahrer der ersten Stunde berichten in Gemünd über ihre Erlebnisse

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Die drei Fahrzeuge stehen nebeneinander. Zwei Besucher schauen in das Innere des Dreiradwagens, dessen Verdeck hochgehoben worden ist.

Neben den Dreirädern gab es auch erste Markenmodelle mit E-Antrieb, etwa den Skoda Favorit und den Elektro-Golf II (Baujahr 1985).

Eine Fahrt aus der Eifel nach Dortmund war den 1990er-Jahren mit dem Elektroauto eine Tagesreise, berichten Teilnehmer in Gemünd.

Ein Veteranentreffen der besonderen Art fand in der Jugendherberge in Gemünd statt. Denn mit den Mitgliedern des „Vera e.V.“ trafen sich die Elektromobilisten der Anfangsjahre, als eine Reise mit einem Vollelektrofahrzeug noch ein wirkliches Abenteuer darstellte.

Seit mehr als 20 Jahren bietet „Vera“ den überzeugten Elektrofahrern ein Forum. Die Mitglieder treffen sich regelmäßig, um sich über neue Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten.

Erste E-Autos: anderthalb Stunden fahren, anderthalb Stunden laden

„Wir waren in den 1990er-Jahren auf einer Urlaubsreise in Hamm, als ich zum ersten Mal einen Elektrokabinenroller, einen CityEL, gesehen habe“, berichtete Stephan Nagel aus Alsdorf über seinen ersten Kontakt mit der E-Mobilität im Individualverkehr. Eine Probefahrt überzeugte ihn sofort, der Kauf war beschlossene Sache. Doch einfach war der Einstieg ins elektrische Autofahren nicht.

Man musste den Wagen mögen, sonst klappte das nicht.
Stephan Nagel über seine Erlebnisse mit einem Elektrokabinenroller

„Die ersten Fahrten waren abenteuerlich“, erinnerte der langjährige Vorsitzende des Vereins sich an die ersten Jahre. Denn mit 50 Kilometern war die Reichweite der kleinen Dreiräder durchaus überschaubar. „Man konnte anderthalb Stunden fahren, um dann anderthalb Stunden zu laden“, sagte er. Mit zehn Kabinenrollern hätten sich damals die Enthusiasten um fünf Uhr morgens auf den Weg gemacht, um mit mehrfachem Nachladen nach Dortmund zu fahren – eine Tagesreise.

„Man musste den Wagen mögen, sonst klappte das nicht“, berichtete Nagel. Viel Eigenarbeit und Schrauberei sei notwendig gewesen, um das Vehikel fahrbereit zu halten.

Im Ruhrgebiet kamen Aachener Elektrofahrer auf eine tolle Idee

Aus dem Ruhrgebiet kam auch die Inspiration zur Gründung des Vereins. Denn dort hatten die Aachener Elektrofahrer, die seit 1999 regelmäßig zu einem Stammtisch zusammenkamen, eine Veranstaltung besucht und die Idee gehabt, sich zusammenzuschließen. Schnell sei ihnen klar geworden, dass die Organisation eines Treffens mit einem Verein im Rücken viel unkomplizierter war, so Nagel. 2001 war es soweit: „Vera“ wurde aus der Taufe gehoben.

Bereits 2001 machten sich die Elektromobilisten auf ihre erste Tour durch die Euregio, die seit 2002 im Zweijahresrhythmus wiederholt wird. 2003 und 2004 ging es sogar auf große Deutschlandtour, 2006 nach Dänemark.

Mehrere Männer stehen zwischen den Wagen, einige sind mit der Technik in einem Auro zugange.

Immer wieder mussten die E-Pioniere an ihren Autos schrauben.

Mehrere Wagen werden präsentiert.

Die Elektromobile auf großer Deutschlandfahrt.

Mit dabei waren auch zwei „normale Pkw“ mit E-Antrieb: ein Skoda Favorit und ein Elektro-Golf II, Baujahr 1985. „Das weiß kaum einer, aber Volkswagen hat damals eine kleine Serie von 80 Stück gebaut. Und davon war das einer“, berichtete Nagel.

Auch Hans-Jürgen Eckert war schon zur Jahrtausendwende dem Charme des dreirädrigen Elektromobils verfallen. „Ich war der Erste, der in Schleiden so ein Auto hatte“, erinnert er sich. Damals sei es immer wieder notwendig gewesen, sich gegenseitig zu helfen. So sei er in Kontakt zu den Elektro-Pionieren aus Aachen gekommen. „Ich bin dann zu einem Treffen im Wasserturm in Aachen gefahren“, sagte er.

Jahrtausendwende: Mit E-Auto von Schleiden nach Hellenthal zur Arbeit  

Mit seinem Auto sei er oft auf Unverständnis gestoßen. Dabei sei es die billigste Art gewesen, zur Arbeit nach Hellenthal zu fahren. Die gerümpften Nasen der Kollegen und Nachbarn seien ihm egal gewesen. „Ich habe immer gesagt: Du fährst mit einem Stinker und ich nicht.“

Dabei sei es ihm nicht mal so sehr um Umweltschutz gegangen: „Es macht einfach Spaß, mit so einem Fahrzeug zu fahren.“ Die Entwicklung der Autos sei rasant gewesen. Heute fahre er einen VW ID3 mit 400 Kilometern Reichweite.

Zur Begrüßung waren Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings und die Europaabgeordnete Sabine Verheyen zu dem Treffen in Gemünd gekommen. Sie habe den Verein kennengelernt, als sie noch Oberbürgermeisterin von Aachen gewesen sei, sagte sie. „Sie waren Vorreiter und ein großes Vorbild“, lobte sie den Enthusiasmus der Vereinsmitglieder. Sie sei von den kleinen Fahrzeugen fasziniert gewesen. Die neue Technik und bessere Ladeinfrastruktur hätten viel verändert.

In Schleiden seien die Elektrofahrer genau richtig, denn im Stadtgebiet werde Strom für 60.000 Haushalte produziert, obwohl es dort nur 6000 Haushalte gebe, sagte Pfennings.

„Sie rennen mit Ihrem Thema bei uns offene Türen ein“, betonte er. Doch beim Wechsel von fossilen Brennstoffen zu Strom dürfe der ländliche Raum mit seinen strukturellen Schwächen nicht vergessen werden. Hier seien zwei Autos pro Familie die Normalität und drei nicht untypisch. In Schleiden habe der Rat nun den Auftrag vergeben, Schnellladesäulen zu errichten.


Der Verein „Elektromobilfreunde in der Region Aachen “

2001 wurde der Verein der Elektromobilfreunde in der Region Aachen, kurz „Vera“, gegründet. Zunächst war es eher eine Selbsthilfegruppe für die Wartung und Instandsetzung der Elektrokabinenroller. Mittlerweile ist der Verein auf mehr als 40 Mitglieder angewachsen.

Die Zeiten, als die Fahrten mit Elektromobilen durch die Eifel noch echte Abenteuer waren, sind mittlerweile vorbei, da die meisten Mitglieder auf moderne E-Autos mit großen Reichweiten umgestiegen sind. So machten sich die Vereinsmitglieder bei ihrem Treffen auch auf eine Tour nach Marienthal an der Ahr und zum Kriminalhaus nach Hillesheim.

Nach ihrer Rückkehr in Gemünd erwartete sie ein interessanter Vortrag über moderne Batterietechnik, den Prof. Dr. Dirk Uwe Sauer von der RWTH Aachen hielt. Am zweiten Tag des Treffens folgte ein Ausflug in den Tagebau Hambach. Weitere Informationen über den Verein gibt es online