Zwölf Familienpaten sind für die Caritas Schleiden im Einsatz. Der Bedarf für das ehrenamtliche Engagement ist aber deutlich größer.
„Darf ich Oma zu dir sagen?“Familienpaten aus Schleiden unterstützen ehrenamtlich
Als Anita Sauer 2014 Familienpatin bei der Caritas Schleiden wurde, hat sie nicht erwartet, dass sie damit auch ihre eigene Familie erweitern würde. Vor neun Jahren begann sie damit, eine Mutter und ihre Tochter zu unterstützen.
Damals sei die Kleine ein Jahr alt gewesen, und sie habe sie oft im Kinderwagen geschoben, erinnert sich die 74-Jährige. Die Zeit verging, das Mädchen wurde größer, doch Sauer blieb Familienpatin. Bis heute. „Die Kleine ist jetzt zehn Jahre alt, geht zur Schule und kommt einmal die Woche mittags zum Essen.“
Angebot der Caritas Schleiden soll Familien unterstützen
Sauer ist eine von zwölf Familienpatinnen und Familienpaten der Caritas Schleiden. Das Angebot gehört zu den Frühen Hilfen der Caritas und soll Familien unterstützen. Schließlich hat nicht jeder Oma und Opa um die Ecke wohnen, Freunde, die gerne mal mit dem Kind einen Ausflug machen, oder Geschwister, die zum Babysitten infrage kommen.
„Es braucht ein Dorf“ – diesen Satz hören viele frisch gebackene Eltern. Zu Recht. Kind, Job, Haushalt und Selbstfürsorge in 24 Stunden zu packen und dabei auch noch genug zu schlafen ist eine Mammutaufgabe. Unterstützung ist da gerne gesehen.
Gerade habe sie eine Anfrage von einer Alleinerziehenden auf dem Tisch, berichtet Marion Engels. Sie ist mit Bettina Sauer für die Familienpaten bei der Caritas Eifel zuständig. Die Frau sei alleinerziehend und suche jemanden, der einmal in der Woche ihr Kind nachmittags betreut, zur Entlastung. „Das ist so ein typischer Fall“, sagt Engels. Viele der Menschen, die die Familienpaten in Anspruch nehmen, seien alleinerziehend. Aber nicht alle.
Vera Schröder ist seit ein paar Wochen die Patin von einem Jungen in einer flutbetroffenen Familie mit bald vier Kindern. Die 57-Jährige betreibt selbstständig eine Wildnisschule und hält sich gerne im Freien auf. Deshalb war sie bisher mit dem Achtjährigen auch nur draußen unterwegs. „Ich versuche herauszufinden, was seine Interessen sind. Wo sind Stärken, die man unterstützen kann.“
Nicht immer läuft es in den Familien so ab, wie man es selbst machen würde
Und so war sie mit dem Jungen schon Bogenschießen, sie haben Stockbrot gemacht und im Wald Tierspuren betrachtet. Es sei ihr wichtig, für ihr Patenkind einen Ausgleich zum Alltag zu schaffen. Und sie will eine Bezugsperson für dieses Kind werden. „Dann weiß er, wenn es mal nicht so läuft, er hat noch eine Ansprechpartnerin“, sagt sie. Ansprechpartner sind die Familienpaten allerdings nicht nur für die Kinder.
Anita Sauer telefoniert regelmäßig mit der Mutter ihres Patenkindes und trifft sich mit ihr allein. „Dass man mal einen Kaffee trinkt, Gespräche führt und einfach mal zuhört.“ Auch das gehöre zur Unterstützung der Familien, sagt Engels. Doch das Engagement habe auch Grenzen. Haushaltsführung sei da so ein Stichwort.
Nicht immer laufe es in anderen Familien so ab, wie man es selbst machen würde. Das müsse man akzeptieren und damit umgehen können. Seit elf Jahren gibt es das Angebot bereits bei der Caritas Eifel. Und es deckt ein großes Gebiet ab. Der Altkreis Schleiden, Monschau, Simmerath und Roetgen gehören zu den Einsatzgebieten der Paten.
Schleiden: Zwölf Familienpaten sind aktuell engagiert
Zwölf Männer und Frauen engagierten sich in dem Dienst aktuell, berichtet Engels. Aber es dürfen gerne mehr sein (siehe „Familienpaten gesucht“). Die Vermittlung zwischen Paten und Familien übernehmen Engles und Bettina Sauer bei der Caritas. Dabei werde auch auf örtliche Nähe geachtet.
Eine Patin ohne Auto aus Kall und eine Familie aus Losheim zusammenzubringen – „das funktioniert nicht!“ Pate werden kann im Prinzip jeder. Das Wichtigste ist, dass man Zeit hat und Kinder mag. „Für uns ist es immer wichtig, wenn sich Menschen melden, die für uns ehrenamtlich tätig werden wollen, dass wir sie zu Hause besuchen“, sagt Engels. Dabei gehe es darum, sich einen Eindruck von den Menschen zu machen. Und man muss ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen.
Das erste Treffen zwischen Pate und Familie organisiert die Caritas, meistens bei der Familie zu Hause. „Da bin ich dann auch dabei“, sagt Engels. Und nach dem Treffen können dann sowohl Paten als auch die Familie entscheiden, ob sie sich das Miteinander vorstellen können. „Eigentlich suchen sich die Kinder ja uns aus“, sagt Schröder.
Der Junge aus der flutbetroffenen Familie ist nicht ihr erstes Patenkind. Eine Weile habe sie einen alleinerziehenden Vater mit Kindern unterstützt. Aber die Familie sei dann irgendwann weggezogen. Sie ist dankbar für dieses Ehrenamt. „Es sind so viele kleine Dinge, die das so bereichern“, berichtet sie. Ein Lächeln oder auch ein Seufzer von ihrem Patenkind könne reichen, und sie merke gleich: Das war heute gut.
Solche Geschichten hört Engels natürlich gern. „Es soll im Idealfall eine Win-win-Situation für alle Beteiligten sein“, berichtet sie. Doch nicht immer läuft alles reibungslos. Deshalb können die Paten sich immer an sie wenden. Einmal im Quartal wird ein Austauschtreffen für alle Patinnen und Paten angeboten. „Da war einmal eine schwierige Situation“, erinnert sich Anita Sauer. „Da dachte ich, das geht nicht mehr.“ Aber nach einem Gespräch mit Engels habe sie dann letztlich doch weiter gemacht.
Zum Glück, möchte man heute sagen. Vor zwei Jahren sei ihr Patenkind zu ihr gekommen und habe sie gefragt: „Darf ich Oma zu dir sagen?“ Für Anita Sauer ein ganz besonderer Moment. Seitdem hat sie eine Enkelin mehr.
Weitere Familienpaten gesucht
13 Familien suchen nach Angaben von Marion Engels aktuell nach einem Familienpaten. Deshalb freue sie sich sehr, wenn sich noch mehr Ehrenamtler bei ihr melden würden. Aktuell gebe es mehr Frauen, die sich engagierten. Aber auch Männer seien herzlich willkommen.
So gebe es einen Paten, der eine Alleinerziehende mit fünf Kindern unterstütze. Einmal in der Woche unternehme er etwas mit dem mittleren Kind, wie ein Opa oder Patenonkel. Für die Treffen können die Paten auch die Villa Kunterbunt nutzen. Das ist ein fertig eingerichtetes Apartment der Caritas Schleiden mit Spielzimmer und Küche.
Hier könne man sich auch mit mehreren Paten und Patenkindern zusammen treffen und zum Beispiel Pizza backen, sagt Engels. Familienpaten sind ehrenamtlich aktiv, erhalten aber Kilometergeld vom Caritasverband. Bevor man Pate wird, muss man an der Schulung „Prävention sexualisierter Gewalt“ teilnehmen. Das schaffe Sicherheit für beide Seiten, sagt Engels. Außerdem gebe es noch weitere Schulungsangebote für die Patinnen und Paten. (jre)