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Neue Funktion für altes GeläutGlockenstuhl in Schleiden-Harperscheid wieder aufgebaut

Lesezeit 3 Minuten

Klangprobe der besonderen Art: Dieter Hörnchen schlägt die Glocke auf dem Harperscheider Friedhof an.

Schleiden-Harperscheid – Sie klingen hell und klar, ein Ton, der den Harperscheidern bestens vertraut sein dürfte. Seit Sonntag sind die beiden Glocken der entweihten Harperscheider Kirche wieder offiziell in Dienst, auch wenn sie in Zukunft eigentlich nur für Beerdigungen das passende Geleit geben sollen. Während eines Freiluftgottesdienstes auf dem evangelischen Friedhof wurde der neue Glockenstuhl eingeweiht.

Dabei ist der neue der alte, nur an einem anderen Ort. Mit einem neuen Fundament und einem Dach versehen, steht der Glockenstuhl nicht mehr im Turm der Kirche, sondern am Eingang des evangelischen Friedhofs. Hier hängen die beiden Glocken genau so in dem hölzernen Rahmengestell wie seit der Einweihung der Kirche im Jahr 1861.

Eine gute Idee

Zusammengebaut hatte den Glockenstuhl Dieter Hörnchen. In seiner Scheune waren die 28 Einzelteile aufbewahrt worden. „Eigentlich sollte das die Firma machen, die ihn abgebaut hatte, aber als die nicht kamen, habe ich mich selbst daran gemacht“, erzählte er. Stück für Stück, wie bei einem Puzzle, habe er die einzelnen Teile aneinandergesetzt, bis am Ende tatsächlich das Glockenstuhl-Puzzle vollendet war.

Die Idee zur Weiternutzung des Glockengestühls habe Presbyterin Gaby Leufgen gehabt, berichtete Pfarrer Erik Schumacher. „Dann hätten die Harperscheider noch etwas von ihrer alten evangelischen Kirche im Dorf“, so sei der Gedanke gewesen. Eine Idee, die gut ankam: Rund 65 Personen waren bei dem Gottesdienst dabei, wie Presbyterin Doris Kupp berichtete. „Viele waren froh, sich wiederzusehen, und es waren nicht nur junge Leute mit dabei“, berichtete sie. In der Kirche in Hellenthal sehe sie „schon mal welche aus Harperscheid“, aber gerade die älteren Gemeindemitglieder würden den Weg nicht auf sich nehmen.

Auch andere Gegenstände wieder im Einsatz

„Das sind oft Leute, die noch den Wiederaufbau nach dem Krieg mitgemacht haben“, sagte Walter Nehlich, Prädikant der Evangelischen Kirche. Auch einige Gegenstände aus der Harperscheider Kirche, die in Schleiden aufbewahrt worden waren, kamen in dem Gottesdienst wieder zum Einsatz. „Das waren die Altarbibel, der Bibelaufsatz, das Kreuz und das Altartuch“, zählte Kupp auf.

Und auch die Glocken waren in dem Gottesdienst zu hören. Dem 14-jährigen Julian Groß kam die Ehre zu, an den Seilen zu ziehen, mit denen die Klöppel gegen das Metall geschlagen wurden. Denn schwingen dürfen die Glocken nicht. Die Läuteordnung der Evangelischen Kirche verbietet, dass Glocken aus entweihten Kirchen schwingen dürfen, sie müssen angeschlagen werden. „Wir hätten auch ein viel stärkeres Fundament bauen müssen, wenn die Glocken schwingen würden“, ergänzte Schumacher. Die Glocken würden nur bei Beerdigungen geläutet, betonte Kupp.

Freiluftgottesdienst kam gut an

Und bei Gottesdiensten. Denn der Freiluftgottesdienst sei so gut bei den Beteiligten angekommen, dass er nun regelmäßig auf dem Friedhof in Harperscheid stattfinden solle, teilte Schumacher mit. „Gottesdienste an anderen Orten als in den Kirchen sind die Zukunft“, sagte er. Die Evangelische Kirche wolle näher bei den Gläubigen sein und dorthin gehen, wo die Menschen sind.

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„Insofern war der Gottesdienst hier programmatisch“, fuhr Schumacher fort. Denn in Zeiten immer geringer werdenden Ressourcen sei es eine Herausforderung, näher bei dem Leuten sein zu wollen. „Es wird immer schwieriger, die Kirche im Dorf zu lassen“, ergänzte Nehlich.