Mit leuchtenden TraktorenLichterzug zieht durch Schleidener Flutgebiet
Schleiden – Ohrenbetäubendes Hupen, dazu das Dröhnen und Knattern der Dieselmotoren, bildete den akustischen Überbau zu dem Lichterspektakel, mit dem Samstagabend ein Konvoi aus 25 geschmückten und beleuchteten Traktoren und Lkw durch die Flutgebiete im Schleidener Tal unterwegs war. „Einen Funken Hoffnung schenken“ war das Motto der Initiatoren, um in der Adventszeit etwas Freude zu bringen. Entlang der gesamte Strecke säumten Menschen den Fahrbahnrand, um das Spektakel zu verfolgen.
Der Zug bunt beleuchteter Traktoren am zweiten Adventswochenende in Euskirchen und Bad Münstereifel hatte auch die Menschen im Schleidener Tal beeindruckt – und den Wunsch geweckt, eine solche Aktion doch auch in der ebenfalls von der Flutkatastrophe so hart getroffenen Stadt Schleiden durchzuführen.
So kam es, dass bis Dienstagabend bei Frank Jansen und Miriam Rotheut der Plan heranreifte, eine ähnliche Aktion durchzuführen. Doch diesen Plan umzusetzen erwies sich als nicht einfach. Denn ein wenig bei den Lkw-Fahrern herumtelefonieren und schauen, was passiert, das geht bei einer solchen Veranstaltung auf öffentlichen Straßen natürlich nicht. Wird es eine Demo? Ein Umzug? Wer ist wo für welche Genehmigung zuständig?
So kam am Mittwochmorgen Bürgermeister Ingo Pfennings mit ins Spiel, der schließlich die richtige Idee hatte: Wer kennt sich aus mit der Genehmigung für einen Zug aus mehreren Fahrzeugen, der auf öffentlichen Straßen unterwegs sein soll? Natürlich der Karnevalsverein.
„Ich habe am Mittwochnachmittag davon erfahren“, sagte ein zufrieden grinsender Norbert Niebes, Vorsitzender der KG blau-weiß Schleiden, am Samstagabend am Parkplatz Walberhof, wo sich der Lichterkonvoi formierte. Binnen weniger Tage gelang es, die Formalitäten zu erledigen: Am Freitagnachmittag lagen alle Genehmigungen vor. „Das war eine krasse Leistung aller Akteure“, sagte Pfennings, als der Kraftakt im Zusammenspiel mit den Organisatoren, dem Straßenverkehrsamt des Kreises, der Polizei und dem städtischen Ordnungsamt gestemmt war. Offiziell angemeldet wurde der Zug vom Karnevalsverein, der auch für die Versicherung zuständig war.
Rotheut tat am Walberhof währenddessen das, was sie in den Tagen nach der Flut am Schleidener Driesch getan hatte: Sie ordnete mit Niebes die herankommenden Fahrzeuge und wies ihnen ihren Platz zu. „Die Trillerpfeife, die ich damals benutzt habe, liegt immer noch in meinem Badezimmer“, erzählte sie. Das Hilfsmittel sei nach zwei Tagen notwendig geworden, als sie keine Stimme mehr gehabt habe.
Zwar wohnt Rotheut in der Nähe von Gerolstein, kennt das Stadtgebiet aber durch ihre Tätigkeit als Fahrlehrerin bei der Schleidener Fahrschule Wäbs wie ihre Westentasche. Die Tatsache, dass ihr Mann Daniel Wolf Berufskraftfahrer bei einem Bonner Unternehmen ist, führt zu einer Kombination, die unmittelbar nach der Katastrophe im Juli einen unschätzbaren Wert hatte. Dass sie im Schleidener Tal helfen muss, stand für Rotheut sofort fest. Also nutzte sie ihre Kenntnisse und Kontakte und baute die Truppe der Fahrzeuge mit auf, die für den Abtransport der gewaltigen Menge Flutmüll sorgten. „Am ersten Samstag nach der Flut waren wir noch recht dezent unterwegs“, berichtet sie über ihre Koordinierungsaufgabe: „Am Sonntag waren es mehr als 30 Lkw, am Montag 69. In Spitzenzeiten waren 127 Lkw im Einsatz.“
Nun also die Hauruck-Aktion, den Lichterzug im Schleidener Tal auf die Beine zu stellen. Dass bei der Kürze der Zeit nicht immer alles reibungslos klappt, musste Rotheut daheim erfahren: Ihr Mann habe am Dienstag jede Menge Lichterketten für seinen Lkw bestellt – doch die Lieferung sei am Samstagmorgen noch nicht eingetroffen. Also habe er sich aufgemacht und die Vorräte in den Baumärkten aufgekauft, damit das 18 Meter lange Gespann hübsch illuminiert werden konnte.
Auf 25 Fahrzeuge war der Zug begrenzt. Angeführt wurde er vom alten John-Deere-Traktor von Jürgen Hörnchen, der mit seinen 25 km/h die Pace für den Konvoi vorgab. Wie er waren alle Teilnehmer des Zuges in den Tagen nach der Flut im Schleidener Tal im Einsatz gewesen. Laut Rotheut kamen sie nicht nur aus der Region, sondern auch aus Siegburg, Bonn, Wuppertal oder Dinslaken. Für die Fahrer, so Bürgermeister Ingo Pfennings, sei dies auch eine Gelegenheit gewesen, sich ein wenig für ihren Hilfseinsatz feiern zu lassen. Als Versorgungsfahrzeug für Treibstoffengpässe hatte sich außerdem ein Tankwagen von Lütz mit eingereiht.
„Ich war zwei Wochen vor Ort“, sagte Sebastian Kirch. Mit seinem Harvester hatte er den Schutt vor den Brücken weggeräumt, um das aufgestaute Wasser abfließen zu lassen. Voller Stolz war er mit dem Lkw seiner Fahrschule unterwegs, auf dem er gerade seinen Lkw-Führerschein absolviert hatte. Dafür hatte er auch seinen Harvester stehen lassen. „Der steht ab der nächsten Woche geschmückt bei Kerperscheid“, kündigte er an.
„Das ist eine schöne Aktion“, sagte Sarah Poth. Mit ihrem Mann Christian ist sie in der Schleidener Feuerwehr tätig. „Bis zum Wasser haben wir in Gemünd gewohnt“, erzählte sie. Jetzt habe sie gedacht, da müsse sie hin. Sie wartete am Schleidener Driesch, wo sich viele Menschen versammelt hatten.
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Vom Walberhof, wo der Konvoi startete, ging es über Dreiborn und Harperscheid nach Schleiden. An vielen Stellen standen Zuschauer, um die Fahrer mit Applaus zu bedenken. Von Oberhausen ging es nach Olef, wo der Weihnachtsmarkt passiert wurde. Am Feuerwehrhaus in Gemünd standen die Einsatzfahrzeuge Spalier und empfingen die Fahrzeuge mit lautem Hupen. „Wir brauchen ein Highlight“, sagte Sabine Wilhelm. „Bei uns ist der Keller weg, das Auto weg“, zählte ihr Mann Dieter auf, in Gemünd besser als „Charlie“ bekannt. „Nur das Fell ist ganz geblieben“, ergänzte Sabine. So eine Aktion müsse unterstützt werden.
„Am schönsten waren die Traktoren“, befand Bernd Weikopf, nachdem die Kolonne Gemünd passiert hatte. Er habe das Gefühl, dass man noch lange an die Flut denken werde. „Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Lichterzug im nächsten Jahr wieder gemacht wird“, sagte er.