Vor 40 Jahren wurde der Grünen-Ortsverband Schleiden gegründet. Einige Urgesteine der Partei erinnern sich, wie das war.
Vor 40 JahrenWie die Eifeler auf die Gründung der Grünen in der Region reagierten
Aus der politischen Landschaft sind die Grünen heute nicht mehr wegzudenken. Doch vor ein paar Jahrzehnten steckte die Partei noch in den Kinderschuhen. Entsprechend herrschte eine herzliche Wiedersehensatmosphäre, als sich im Atrium des Vogelsang-Kinos die Ortsverbände von Bündnis 90/Die Grünen aus Kall und Schleiden zum Gründungsjubiläum trafen: 40 Jahre ist es mittlerweile her, dass auch im Schleidener Tal grüne Ideen ankamen.
Daran erinnerten sich die Gründungsväter und -mütter, unter anderem Gisela Neveling, die 1983 überhaupt erst den Anstoß dazu gab, Ortsvereine zu gründen. „Ich war damals die Erste überhaupt in Schleiden, die bei den Grünen war“, berichtete sie. Sie sei dann zum Kreisverband nach Euskirchen gefahren, wo sie die Anregung erhielt, Mitstreiter zu suchen und einen Ortsverband zu gründen.
Die Gründung wurde mit Aushängen und ohne Internet organisiert
„Das war nicht leicht, es gab noch kein Internet“, betonte sie. Also habe sie Aushänge gemacht, etwa beim „Bösen Wolf“, dem späteren Rewe in Gemünd, oder im „Grünen Laden“ in Kall. Sie schrieb Leserbriefe an die Zeitung. Nahm Kontakt zu Amnesty International und der Friedensbewegung auf. Sechs Wochen nach der Bundestagswahl, bei der die Grünen mit 5,6 Prozent erstmals ins Parlament einzogen, fand das erste Treffen von Interessierten in der Gemünder Reithalle statt.
Mit der Bildung mehrerer Arbeitsgruppen sei die Gründung vorbereitet worden. Frauen, Erneuerbare Energien, Umwelt und Frieden seien die Themen gewesen. Am 19. August 1983 wurde in der Tenne, später Hotel Friedrichs, der Ortsverband Schleiden gegründet. „Ein gemeinsamer Ortsverband mit Kall, der ursprünglich geplant war, konnte nicht gegründet werden, weil keine Einigung über den Vereinssitz zustande kam“, so Neveling. Den ersten Vorstand bildeten Neveling, Raimund Worm und Markus Sager. In Hellenthal habe es zu der Zeit nur ein Parteimitglied gegeben, so dass dort noch kein Ortsverband gegründet worden sei.
Die Schleidener Grünen zogen 1984 erstmals in den Stadtrat ein
Bei der Kommunalwahl 1984 errang der neu gegründete Ortsverband sofort zwei Sitze im Schleidener Stadtrat. Die ersten Grünen-Ratsvertreter: Eduard Arbach und Gisela Neveling.
„Es war schwer, damals ein Grüner zu sein“, sagte Andreas Wolter. Heute ist er stellvertretender Bürgermeister in Köln. Mit 19 Jahren war er 1983 Mitglied des frisch gegründeten Ortsverbands geworden. Seine Gründe für den Beitritt: der NATO-Doppelbeschluss und die damals geplante Autobahn über seinen Heimatort Olef.
Es sei ein sehr ablehnendes Klima gewesen. Handwerker, die bei den Grünen Mitglied wurden, hätten keine Aufträge der CDU-geführten Stadt mehr bekommen, berichtete er. „Wir haben uns bemüht, durch Fachpolitik Teil der Stadtgesellschaft zu werden“, erinnerte er sich. 1999 trat er gegen Christoph Lorbach als Bürgermeisterkandidat an und vereinte knapp 25 Prozent der Stimmen auf sich. „Fast wäre ich in die Stichwahl gekommen“, sagte er.
Urgestein Andreas Wolter ist heute Kölns stellvertretender Bürgermeister
Bei der Bank, bei der er eine Ausbildung gemacht habe, sei sein Engagement für die Grünen nicht gerne gesehen worden. Nach der Lehre wurde er nicht übernommen und ging nach Köln. „Hier konnte ich ja nichts werden,“ scherzte Wolter. Auch Oliver Krischer, aktuell Umwelt- und Verkehrsminister in Düsseldorf, kenne Schleiden gut, da er hier zur Schule gegangen sei. „Der war Mitglied im Nierfelder Junggesellenverein ,Die Schluckspechte'“, verriet Wolter.
Als Ehrengast war Alois Sommer eingeladen: 1984, als die ersten Grünen in den Rat einzogen, wurde er Bürgermeister. „Ich habe sie immer ernst genommen und respektiert“, sagte er. Der Wille zur Änderung sei ein verbindendes Element gewesen. Er habe zwar nicht immer mit ihnen gestimmt, doch ihnen auch Ratschläge gegeben und mit ihnen einiges angepackt. So sei der Plan der Verwaltung, die städtische Bücherei abzuschaffen mit einer Dringlichkeitssitzung über alle Parteigrenzen hinweg verhindert worden.
Verena Schäffer, Fraktionschefin im Landtag, die Landtagsabgeordneten Antje Grothus und Martin Metz waren genauso in Vogelsang wie Naturschutz-Urgestein Volker Hoffmann und der Schleidener Windkraftpionier Eduard Arbach. Für die Musik sorgten Susanne Riemer und Willi Geschwind.