Junge Leute zeigen digitale Fotos in einer Ausstellung, die bis Ende März an verschiedenen Orten in Euskirchen zu sehen ist.
AusstellungDie Kunstwerke junger Leute aus Euskirchen schlummern auf ihren Smartphones
Zwei Kopfhörer hängen im Baum. Im Hintergrund färbt die Sonne den abendlichen Himmel rot. Die Gedanken tauchen sofort ein in die atmosphärische Stimmung, die Olivia Pedde mit ihrem Smartphone festgehalten hat. „Die Idee für das Foto kam mir ganz spontan, als ich mit einer Freundin unterwegs war“, erinnert sich die 14-Jährige an den Moment der Aufnahme. Die Schülerin gehört zu 134 jungen Menschen aus Euskirchen, die im Rahmen des Projekts „Youth & Arts: Freestyle NRW“ insgesamt 863 digitale Fotos eingereicht hatten.
„Auf deren Smartphones schlummern unzählige Kunstwerke, von denen jedes seine eigene Sprache spricht“, sagte Yao Houphouet, der Vorsitzende des Vereins Ensible, der für die Umsetzung des Projektes mitverantwortlich ist, während der Auftaktveranstaltung „Freestyle Euskirchen“ im Wohnraum der Alten Tuchfabrik.
120 dieser Kunstwerke, die von einer Fachjury ausgewählt wurden, haben es auf Leinwände geschafft, die an verschiedenen Ausstellungsorten in Euskirchen bewundert werden können. „Durch das Projekt werden Brücken auf unterschiedlichste Arten gebaut“, freute sich Houphouet: „Die Jugendlichen bekommen auf diese Weise die Möglichkeit, ihre Stadt mitzugestalten, und wir Erwachsenen erhalten einen Einblick in die Welt der jungen Menschen. Gleichzeitig können die Bilder auch ein Tor von alter zu neuer Heimat sein.“
Ausgestellte Kunstwerke zeigen Blickwinkel einer heranwachsenden Generation
„Die ausgestellten Kunstwerke zeigen auf lebhafte Weise die Blickwinkel einer Generation, die Lust hat sich zu beteiligen, aktiv zu sein und unsere Stadt mitzugestalten“, sagte Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt.
Emilie Bings ist eine von den gut 200 Besuchern der Vernissage im Wohnraum und hat selbst Fotos für das Projekt eingereicht. „Manche Bilder hatte ich schon, andere habe ich erst gemacht“, verrät die Zehnjährige ihre Vorgehensweise. Neben einem Foto vom Gardasee hat es ein zweites ihrer Bilder auf die Leinwand geschafft. „Hier habe ich aus dem Auto meines Opas heraus die Regentropfen auf dem Glasdach fotografiert“, erläuterte die Schülerin der Marienschule.
Max (10 Jahre) und Louis (11 Jahre) haben ihre eigenen Schatten ganz spontan von einer Brücke aus aufgenommen. „Ich fotografiere, wenn ich Sachen schön finde“, beschrieb Julian Reutter über seinen Umgang mit der Kamera: „Ich finde es cool, dass mein Foto vom Meer aus Norwegen nun in der Stadt zu sehen ist.“
Joelle Nöthgen feierte ihren 17. Geburtstag, während die Gäste der Vernissage auch ihre Kunstwerke bewundern. Neben einem Erdmännchen aus einem Tierpark in Holland beeindruckte sie die Jury mit einem Blick auf den Tagebau Garzweiler. „Ich interessiere mich für industrielle Detailaufnahmen“, schilderte die Schülerin der Gesamtschule Euskirchen ihre Leidenschaft für die Fotografie.
Für die Siegerin gab es eine professionelle Digitalkamera
Elisabeth Galliat hat bereits mehrmals erfolgreich an dem Projekt teilgenommen. In diesem Jahr wurde sie für eines ihrer Werke als Siegerin mit einer professionellen Digitalkamera belohnt. Um das Gewinnerfoto mit einem Hüpfball in der Luft perfekt hinzubekommen, benötige die 15-Jährige mehrere Versuche und die Hilfe ihrer Schwester Clara. „Mal war der Hüpfball nicht perfekt im Bild, mal das Gesicht auf der einen Seite nicht zu erkennen.“ Auch beim zweiten Foto ist die Kreativität der Marienschülerin nicht zu leugnen. „Ich habe zwei Bücher aufgestellt, das Handy reingelegt und von oben meine Hand reingehalten“, erklärte die junge Fotografin.
Auch Clara Galliat hatte mit einem Foto Erfolg. „Mein Vater, mein kleiner Bruder Jonathan und ich haben im Urlaub bei Ebbe eine Sandburg gebaut und durch Gräben versucht, sie vor der Flut zu schützen“, berichtete die Zehnjährige. „Meine Kinder sind viel draußen und fotografieren total gerne“, zeigte sich Mutter Simone Galliat stolz in Anbetracht der Erfolge: „Ich wünsche mir, dass sie ihre Kreativität, ihre Spontanität, ihre Neugier und ihre Lust, Dinge auszuprobieren, beibehalten.“
Neu in diesem Jahr ist bei „Youth & Arts: Freestyle NRW“, das in Euskirchen bereits im dritten Jahr stattfindet, die Herangehensweise mittels Künstlicher Intelligenz (KI). „Zunächst haben wir uns überlegt, was uns in unserer Welt stört“, beschrieb Hannah die Annäherung an das Thema.
„Wie gehen wir miteinander um, mit der Umwelt oder auch mit Geld?“, zählte die 15-Jährige die ersten Fragestellungen auf. „Anschließend haben wir nach Formulierungen gesucht, mit denen die Künstliche Intelligenz digitale Bilder für eine Welt mit Frieden generieren sollte“, so die Schülerin der Kaplan-Kellermann-Schule.
Euskirchener Schüler erstellten Animationsfilme
Am Ende konnten die Projektteilnehmenden der Kaplan-Kellermann-Schule eine solide Auswahl einer besseren Welt bei der Vernissage präsentieren. Atmosphärisch stimmungsvolle Bilder in einer grünen, schönen Umgebung. In puncto Kreativität der Künstlichen Intelligenz waren sich Hannah und Alexandru vom Projektteam einig: Es gibt noch Verbesserungspotenzial. Bei den Bildern sei im Hintergrund fast immer ein Hügel oder ein Berg mit Schnee zu sehen.
Künstliche Intelligenz spielte auch bei einer weiteren Premiere eine Rolle. Die vier weiterführenden Schulen in Euskirchen hatten Animationsfilme erstellt, die sich mit den Themen Dystopie und Utopie auseinandersetzen. Sie wurden im Rahmen der Vernissage präsentiert. Emma Drehsen war bei der Erstellung des Teils „Nichts hören“ beteiligt. „Ich fand es sehr spannend zu überlegen, wie man die Welt besser machen kann“, erklärte die Zwölfjährige: „Außerdem ist es toll, dass die Filmreihe nicht nur hier, sondern auch online zu sehen ist und damit viele Menschen erreicht.“
„Es freut mich für Euskirchen sehr, wie viel Kreativität und Initiative in den jungen Menschen unserer Stadt steckt“, lautet ein Fazit von Euskirchens Bürgermeister Reichelt.
Wer sich von der gestalterischen Vielfalt, den eindrucksvollen Motiven, den liebevoll ausgewählten Details und dem Umgang mit Belichtung, Schärfe und Unschärfe ein Bild machen möchte, hat vom 29. Februar bis 30. März Gelegenheit dazu. Die Exponate werden im Rathaus, der Stadtbibliothek, in Boutiquen und anderen Geschäften der Innenstadt ausgestellt. Zudem werden alle 863 Fotografien und der Film auf der Website des Projekts zu finden sein.