Geschichte zum Anfassen möchte die Marienschule Euskirchen haben. Teile der Berliner Mauer sollen im Erinnerungsgarten des Gymnasiums stehen.
SpendenaktionMarienschule Euskirchen will Segmente der Berliner Mauer kaufen

Zwei Teile der Mauer sollen in die Marienschule: Michael Mombaur (l.) hat sie sich in der Halle von Jens Peter Clausen ausgesucht.
Copyright: Privat/Michael Mombaur
Michael Mombaur erinnert sich noch ganz genau an den Abend, als die Mauer fiel: „Ich habe meine Eltern nie so euphorisch vor dem Fernseher sitzen sehen.“ Die damit eingeläutete Wende sei eine „unglaublich positive Zeit gewesen, in der alle die Erwartungshaltung hatten, dass jetzt alles besser wird im Land“, so der Schulleiter der Marienschule. Ganz so kam es dann bekanntlich doch nicht.
Michael Mombaur ist ein Verfechter der Erinnerungskultur. In vielfältigen Aktionen, Fahrten, Lesungen und Konzerten wird an der Marienschule vor allem der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. In Zeiten wie diesen, wo der Rechtsruck täglich spürbar ist und der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckelt, kam die Idee auf, den Blick auf die deutsch-deutsche Geschichte zu richten: Mit einem Stück echter Berliner Mauer, die daran erinnert, „dass Mauern überwunden und Kommunikationsblasen aufgebrochen werden können. Wir dürfen nicht nur übereinander, sondern müssen miteinander sprechen.“
Auch 2025 sind noch Teile der Berliner Mauer erhältlich
Doch wie kommt man 2025 an ein originales Stück der Betonbegrenzung, die Ost- von Westberlin abtrennte? Mit Unterstützung der Stiftung Berliner Mauer bekam Mombaur Kontakt zu dem Unternehmer Jens Peter Clausen. Er hatte in den 1990er-Jahren einige Stücke der Mauer erworben und veräußert sie nun für Zwecke der Erinnerungskultur. Mombaur reiste zu ihm und suchte sich zwei Segmente aus, die im Erinnerungsgarten des Gymnasiums aufgestellt werden sollen.

Im Erinnerungsgarten der Marienschule sitzen Michael Mombaur (v.l.), Leander Dehner, Denis Rolf und Florian Bethe.
Copyright: Heike Nickel
Auf den je 3,50 mal 2,50 Meter großen Bauteilen sind Fragmente der typischen Graffiti-Bilder und Spontisprüche zu sehen, die die Mauer seinerzeit auf der Westseite zierten. Als eine Art „Geschichte zum Anfassen“ sollen die Betonsegmente die Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands lebendig werden lassen, „mit dem Ziel, dieses Symbol der Trennung und der Unmenschlichkeit zu verkehren in eine Mahnung, die Hand zu reichen und den friedvollen Austausch zu suchen“, heißt es auf der Homepage der Schule.
Mauer soll in Euskirchen der Würdigung freiheitlicher Grundwerte dienen
Zu einem Pressetermin kam auch Florian Bethe in das Gymnasium. Der Vorstand der gleichnamigen Stiftung erklärte, dass unter anderem Projekte zur Erinnerungskultur gefördert werden. So konnten bereits rund 2000 Schulklassen mit Unterstützung der Bethe-Stiftung Fahrten zu KZ-Gedenkstätten unternehmen.
„Mein Vater ist sehr begeistert von dem, was an dieser Schule hier passiert“, sagte Florian Bethe, der dem Projekt „Berliner Mauer“ eine hohe Symbolkraft bescheinigte. Wie immer verdoppelt die Bethe-Stiftung jede Spende, so dass die Marienschule darauf hoffen darf, die benötigte Summe zusammenzubekommen. Auch Schülersprecher Leander Dehner zeigte sich begeistert von der Idee: „Mein Vater ist im Osten aufgewachsen, er hat viel erzählt vom Leben in der DDR. Aber ich gehöre zu einer der ersten Generationen, die ein geteiltes Deutschland nicht mehr erlebt haben.“
Schulleiter Mombaur ist sicher, dass die Mauerstücke im Erinnerungsgarten – didaktisch und pädagogisch aufbereitet – die Bedeutung von Respekt, Toleranz und dem Zulassen von Meinungsvielfalt verdeutlichen. Letztlich gehe es um die Würdigung freiheitlicher Grundwerte.
Wenn alles gutgeht und ausreichend Spendengelder zusammenkommen, dann wird es im September eine Einweihungsfeier geben. „Darüber hinaus können wir uns begleitende Veranstaltungen und Projekte vorstellen, wie zum Beispiel Konzerte, Zeitzeugenberichte und Kunstinstallationen“, so Mombaur.
Bethe-Stiftung verdoppelt Spenden
Das Gesamtprojekt, so schätzt Schulleiter Mombaur, kostet rund 8000 bis 10.000 Euro, allerdings hat die Spedition Berners bereits zugesagt, die Mauersegmente kostenfrei zu transportieren. Die Firma Arns will sich ebenfalls kostenfrei um die Aufstellung kümmern. Neben den beiden Mauerteilen (6000 Euro) werden Ausgaben für eine Einweihungsfeier und eine begleitende Ausstellung entstehen.
Das Geld will die Euskirchener Marienschule mit einer Spendenaktion zusammenbekommen. Mit im Boot ist die Bethe-Stiftung, die alle Spendenbeträge bis zu einer Gesamtsumme von 3000 Euro verdoppeln wird.
Wer sich daran beteiligen möchte, dieses „wichtige symbolische und vor allem auch pädagogische Zeichen für Demokratie, Vielfalt, Völkerverständigung und Austausch zu setzen“, so Mombaur, findet weitere Infos auf der Homepage der Marienschule Euskirchen. Die Spendenaktion läuft für drei Monate.