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LandgerichtMillionen-Prozess um Euskirchener Stiftung: Ex-Geschäftsführer bestreitet Vorwürfe

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Dem ehemaligen Geschäftsführer werden von einem Justizbeamten die Handfesseln abgenommen.

Wurde in Handfesseln in den Saal geführt: der ehemalige Geschäftsführer der Stiftung Marien-Hospital.

6,6 Millionen Euro Schaden sollen der Stiftung Marien-Hospital in Euskirchen entstanden sein. Drei Männer stehen vor Gericht.

Mit heftiger Kritik der Verteidigung an den Ermittlungen begann am Dienstag der Prozess gegen zwei frühere leitende Mitarbeiter der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen und einen Bauunternehmer. Vor der 18. Großen Strafkammer des Landgerichts Bonn geht es um Untreue, Beihilfe zur Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr sowie um Steuerhinterziehung, jeweils im besonders schweren Fall. Dadurch soll der Stiftung laut Anklage ein Schaden in Höhe von rund 6,6 Millionen Euro entstanden sein. Das Verfahren gegen zwei weitere Angeklagte wurde im Vorfeld abgetrennt.

Ein Luftbild des Krankenhauses.

Der Stiftung Marien-Hospital betreibt unter anderem das Euskirchener Krankenhaus.

Einer der Angeklagten war bis Juni 2023 Geschäftsführer der Stiftung. Er sitzt seit Dezember 2023 in Untersuchungshaft und wurde in Handfesseln in den Gerichtssaal geführt. Ein Justizbediensteter nahm ihm die Fesseln ab, bevor der Vorsitzende Richter Thomas Poell den Prozess eröffnete, für den insgesamt 19 Verhandlungstage geplant sind. Über seinen Anwalt Dr. Alexander Paradissis bestritt der frühere Geschäftsführer die Vorwürfe, ließ sich aber vorerst nicht weiter ein.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem vor, Arbeiten auf seinem privaten Wohngrundstück auf Kosten der Stiftung abgerechnet zu haben. Die Arbeiten habe der angeklagte Bauunternehmer mit seiner Firma ausgeführt und der Stiftung in Richtung gestellt. Als dies einem weiteren damaligen Mitarbeiter, der ebenfalls angeklagt ist, aufgefallen sei, habe er das Gespräch mit dem Geschäftsführer gesucht.

Mitarbeiter und Bauunternehmer sollen Stiftung um Millionen betrogen haben

Der habe ihn daraufhin über mögliche Schmiergelder eingeweiht und mit ins Boot geholt, indem er ihm unter anderem zugesagt habe, „ihn bei seiner weiteren beruflichen Entwicklung zu fördern“, so Staatsanwalt Pascal Regh. In der Folge hätten die beiden ehemaligen Mitarbeiter der Stiftung in mehreren Fällen Rechnungen des Bauunternehmers abgezeichnet und die Zahlungen veranlasst.

So laut Anklage etwa 287.000 Euro für im Jahr 2018 ausgeführte Erdarbeiten auf dem Privatgrundstück des damaligen Geschäftsführers. Zu einem späteren Zeitpunkt, so Staatsanwalt Regh, sei der Geschäftsführer mit dem Ausblick auf ein benachbartes Grundstück, das ebenfalls der Stiftung gehörte, unzufrieden gewesen.

Wir haben hier eine Anklage gehört, die beeindruckend klingen mag, aber auf falschen Prämissen beruht.
Dr. Alexander Paradissis, Verteidiger

Er habe daher die Baufirma beauftragt, auf dem Areal eine Blumenwiese anzulegen. Dafür habe die Stiftung auf Veranlassung der damaligen Mitarbeiter knapp 34.000 Euro überwiesen. „Der Auftrag wurde ausschließlich aus privatem Interesse erteilt“, sagte Staatsanwalt Regh. Der Bauunternehmer habe dabei die Absicht gehabt, weitere lukrative Aufträge der Stiftung zu erhalten.

Das Grundprinzip habe darin bestanden, so die Anklage, dass die beiden Stiftungsmitarbeiter und der Bauunternehmer die bei der Firma unrechtmäßig eingegangenen Beträge unter sich aufgeteilt hätten.

Um deutlich größere Summen als im Fall der Blumenwiese ging es laut Anklage, als die Stiftung eine Tagesklinik in Mechernich baute. Dabei habe der Bauunternehmer im Juli 2022 vorgetäuscht, mehr als 10.000 Tonnen Erdaushub auf seinem Betriebsgelände gelagert und eine andere Firma beauftragt zu haben, wegen des Verdachts auf Kampfmittel Separierungsarbeiten vorzunehmen.

Ex-Geschäftsführer bestreitet vor dem Bonner Landgericht die Vorwürfe

Auch die daraus resultierenden Rechnungen hätten die beiden ehemaligen Stiftungsmitarbeiter freigegeben, der Stiftung sei laut Anklage alleine dadurch ein Schaden in Höhe von mehr als fünf Millionen Euro entstanden. Der Verteidiger des Bauunternehmers widersprach in diesem Punkt der Anklage. Man habe tatsächlich Kampfmittel in dem Aushub gefunden.

Der neben dem Ex-Geschäftsführer angeklagte ehemalige Stiftungsmitarbeiter wollte sich im Prozess noch nicht äußern. Es war im Januar aus der Untersuchungshaft entlassen worden, nachdem er einen Teil der Vorwürfe eingeräumt hatte, so die Staatsanwaltschaft damals. Er habe eine Kaution in Höhe eines fünfstelligen Euro-Betrags hinterlegt und einen Teil der Tatbeute zurückgezahlt, hieß es weiter.

Der Auftrag wurde ausschließlich aus privatem Interesse erteilt.
Pascal Regh, Staatsanwalt

Dr. Alexander Paradissis, Verteidiger des Ex-Geschäftsführers, sagte am ersten Prozesstag vor dem Landgericht in Bonn: „Wir haben hier eine Anklage gehört, die beeindruckend klingen mag, aber auf falschen Prämissen beruht.“

Er warf der Staatsanwaltschaft vor, ihre Vorwürfe gegen seinen Mandanten nicht belegen zu können. Die Anklage fuße zu großen Teilen auf Behauptungen, die von einem privaten Ermittler stammten, die sich die Anklagebehörde „ungeprüft zu eigen gemacht“ habe. Der Ermittler aber sei von der Stiftung beauftragt worden, also dem angeblichen Opfer. Aus Reihen der Verteidigung wurde angekündigt, dass sie auch Staatsanwalt Pascal Regh als Zeuge aufrufen wolle. Auch ein oder mehrere Mitglieder des Stiftungsverwaltungsrates sollen gehört werden.

Dr. Johannes Zimmermann, Verteidiger des Bauunternehmers, sagte: „Die Staatsanwaltschaft schießt weit über das Ziel hinaus.“ Sein Mandant habe Fehler gemacht – unter anderem der Stiftung zwei überhöhte Rechnungen ausgestellt.

Er habe sich dabei aber nicht persönlich bereichert, sondern sichergehen wollen, dass ihm die Leistungen auf dem Privatgrundstück des ehemaligen Geschäftsführers vergütet werden. Auch Vorwürfe der Steuerhinterziehung räumte er in Teilen ein. Sie werden Inhalt der weiteren Verhandlungstage sein.